Brüssel. EU-Politiker stimmen über das Aus von künstlichen Grenzen im Onlinehandel ab. Verbraucher sollen von einheitlichen Preisen profitieren.

Das Schnäppchen-Angebot des Elektronikhändlers in Österreich klang auf der Webseite verlockend: Rund hundert Euro weniger als bei der Fachmarktkette in Deutschland sollte die neue Digitalkamera kosten. Doch als eine Kundin aus Hamburg im Internet das Bestellformular des Händlers aufrufen will, ist die Freude vorbei: Jeder Versuch bricht ab, die Bestellung ist unmöglich, nach fünf Anläufen gibt die potenzielle Käuferin verärgert auf. Was sie nicht weiß: Das Scheitern ist gewollt. Der österreichische Händler blockt gezielt Bestellversuche aus ausgewählten Nachbarländern, die an der IP-Adresse zu erkennen sind.

Geoblocking nennt sich das Verfahren, bei dem Händler im Internet künstliche Grenzen hochziehen, die mit dem EU-Binnenmarkt eigentlich gefallen sein sollten. Kunden werden dadurch bislang gehindert, Preisunterschiede der Online-Anbieter von Land zu Land innerhalb Europas auszunutzen – bei Flügen oder Pauschalreisen genauso wie bei Smartphones.

Mal gelangen Interessenten erst gar nicht auf die Webseite des Anbieters im Nachbarland, mal scheitert die Bestellung, weil Kreditkarten aus dem Ausland nicht akzeptiert werden. Doch mit dieser Form der Diskriminierung soll jetzt Schluss sein. Die EU hat sich entschlossen, innereuropäische Hindernisse beim E-Commerce beiseitezuräumen.

Ungleichbehandlung bei Zahlungsmethode wird verboten

Am Dienstag soll das EU-Parlament eine europaweite Verordnung beschließen, auf die sich die Abgeordneten mit der Kommission und dem Rat der 28 Mitgliedstaaten verständigt hatten. Händler und Dienstleister sollen Kunden aus anderen Mitgliedstaaten den Zugang zu ihren Online-Portalen künftig nicht mehr verwehren dürfen oder sie automatisch auf andere, teurere Seiten weiterleiten. Sie dürfen Bestellungen nicht blocken oder künstliche Hürden bei der Bezahlung aufbauen.

Verbraucher sollen vor allem in drei Fällen bessergestellt werden: Kunden haben Anspruch darauf, ein Produkt aus dem EU-Ausland zu den dort verlangten Konditionen bestellen zu können. Unterschiedliche Preise für in- und ausländische Käufer sind nur in begründeten Fällen zulässig. Auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung bei der Zahlungsmethode wird verboten. Allerdings ist der Verkäufer auch künftig nicht verpflichtet, die Ware nach Hause zu liefern, im Zweifel muss die Lieferung selbst organisiert werden.

Streamingdienste und Online-Spiele ausgenommen

Elektronische Dienstleistungen müssen ohne Einschränkungen europaweit verkauft werden: Wer aus Polen beispielsweise eine Firewall bei einem günstigeren Anbieter in Spanien buchen will, kann das künftig problemlos tun und zahlt dann nicht mehr als ein spanischer Kunde. Außerdem muss der Verkauf von Dienstleistungen, die an einem bestimmten Ort erbracht werden, diskriminierungsfrei ablaufen. Wenn eine Familie etwa eine Reise nach Frankreich buchen will, hat sie Anspruch auf denselben Preis, der in Frankreich selbst verlangt wird.

Bislang kommt es häufig vor, dass Kunden auf eine Webseite in Deutschland umgeleitet werden, bei der die Reise deutlich mehr kostet. Es sind allerdings auch einige Ausnahmen vorgesehen. Dienstleistungen, bei denen es im Kern um den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Inhalten und deren Nutzung geht – etwa Streamingdienste, E-Books, Online-Spiele und Software –, werden vorerst von der Verordnung ausgenommen. Die Folge: Wer etwa einen Videostreamingdienst wie Netflix abonniert hat, hat bei Reisen ins EU-Ausland weiter keinen Zugang zu dem Angebot.