Berlin. Daimler plant den größten Umbau der Firmengeschichte. Der Konzern will flexibler und schneller werden – mit Folgen für die Mitarbeiter.

Abgasaffäre in Deutschland und drohende Dieselfahrverbote, E-Auto-Quoten in China und boomendes Carsharing: Das klassische Geschäftsmodell deutscher Autohersteller ist unter Druck. Zusätzlich treibt ein charismatischer Investor aus den USA die Konzerne vor sich her. Elon Musk zeigt, dass sich reine Elektroautos mit großer Reichweite bauen und auch in großem Umfang verkaufen lassen. Die deutlich größeren deutschen Hersteller müssen reagieren. Daimler plant deshalb einen radikalen Umbau – mit weitreichenden Folgen auch für die Belegschaft.

Die Daimler AG wird nach den Plänen der Konzernspitze um Dieter Zetsche künftig eine Dachgesellschaft sein, der drei rechtlich selbstständige Aktiengesellschaften gehören: eine für Pkw (und Kleinbusse, „Vans“), eine für Lkw (und Busse) und eine für die Finanzdienstleistungen, im Kern die Daimler-Bank, die schon jetzt rechtlich selbstständig sind. Bisher hat der Konzern fünf Sparten. Zetsche sagte: „Wer dauerhaft wettbewerbsfähig und nachhaltig profitabel sein will, muss sich kontinuierlich weiterentwickeln und sich an schnell ändernde Umfelder anpassen können.“

Aktionäre und Aufsichtsrat müssen zustimmen

Der Umbau ist kompliziert, vor 2019 wird der Konzern nicht so weit sein. Dann müssen noch die Aktionäre auf einer Hauptversammlung darüber befinden. Zuvor muss sich der Vorstand endgültig entscheiden, auch der Aufsichtsrat muss zustimmen. Dass er ablehnt, gilt eher als unwahrscheinlich. Der Vorstand würde solche tief greifenden Umbaupläne nicht verkünden, hätte er sich nicht vorher rückversichert, ob sie auch machbar sind.

Fahrverbote und Skandale: Das müssen Dieselauto-Besitzer jetzt wissen

weitere Videos

    Daimler stehe heute vor einer besonderen Herausforderung, sagte Zetsche. „Einerseits sind wir so erfolgreich wie nie zuvor, andererseits verändert sich unser Geschäft wie nie zuvor.“ Das bezieht sich unter anderem auf die Elektromobilität. Zudem ist Daimler in seiner heutigen Form offenbar nicht flexibel und schnell genug.

    Keine betriebsbedingten Kündigungen bis 2029

    Mit der geplanten Holdingstruktur wird es auch einfacher, Partner an sich zu binden, die zum Beispiel dann Aktien der Mercedes-Benz Cars & Van AG bekommen. Bisher müssten sie direkt an Daimler beteiligt werden, was für manchen wegen der Größe nicht interessant ist.

    Ausdrücklich ist der Umbau nicht als Sparprogramm oder für Stellenabbau vorgesehen. Man arbeite eng mit den Arbeitnehmervertretern zusammen, sagte Finanzvorstand Bodo Uebber. Entsprechend hat der Konzern bereits mit dem Betriebsrat vereinbart, bis 2029 nicht betriebsbedingt zu kündigen. „Der längste Zeitraum, den wir je bei Daimler abgeschlossen haben“, sagte Daimler-Gesamtbetriebsratschef Michael Brecht. Derzeit gilt die Regel für die 130.000 Mitarbeiter schon bis zum Jahr 2020.

    35 Milliarden Euro für die Standorte

    Mit der neuen Struktur soll auch die Mitbestimmung erweitert werden. Alle drei neuen Töchter werden ihren Sitz in Deutschland haben, einen Vorstand und einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat. Zudem stockt Daimler den Pensionsfonds um drei Milliarden Euro auf. Das hat direkt nichts mit dem Konzernumbau zu tun, ist aber Teil der Vereinbarung mit den Arbeitnehmern. Zudem wird der Konzern in den kommenden sieben Jahren rund 35 Milliarden Euro an den deutschen Standorten investieren.

    Bisher gibt es nur eine grobe Linie, die ausgearbeitet werden muss. So ist noch unklar, zu welchen Töchtern etwa das Motorenwerk in Berlin, die Sprinter-Fertigungen in Ludwigsfelde bei Berlin und in Düsseldorf gehören werden. Wobei es sehr wahrscheinlich ist, dass sie Cars & Vans zugeschlagen werden. Auch wo genau die drei Teilkonzerne ihren Sitz haben werden, steht bisher nicht fest.