Berlin. Experten sehen Diesel als Auslaufmodell und warnen Kunden sogar vor dem Kauf neuer Modelle. Auch bei Benzinern müssen Kunden achtgeben.

Die Nachrichten im Abgasskandal überschlagen sich. Was Dieselfahrer und Autokäufer in dieser Situation wissen müssen.

• Sollte man noch einen Diesel kaufen?

„Nein“, sagt Ferdinand Dudenhöffer. Der Autoexperte warnt vor dem „Risiko des Wertverfalls“. Die Dieselära neige sich dem Ende zu. „Mehr solcher Urteile werden kommen – und dann die entsprechenden Fahrverbote.“ Selbst der modernste Diesel sei „eine Mogelpackung, denn auch die neuen Euro-6-Modelle erfüllen zu 90 Prozent nur auf dem Prüfstand die Stickoxidnormen“. Der ADAC glaubt noch an den Diesel. Kaufinteressierte sollten sich vergewissern, dass ein Neuwagen auch im realen Betrieb niedrige Stickoxidemissionen (NOx) aufweist. „Das ist bei Einhaltung der ab September für neue Modelle vorgeschriebenen neuen Euro-6d-TEMP-Norm oder der ab 2020 gültigen Euro-6d-Norm der Fall“, sagt ein ADAC-Sprecher.

Verbraucherschützer sehen das anders. Einen Dieselkauf könne man „derzeit nicht mit ruhigem Gewissen empfehlen“, meint Gregor Kolbe von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) – weil es mehr offene Fragen als Antworten gebe: Die tatsächliche Höhe der Schadstoffemissionen auf der Straße; die konkrete Ausgestaltung von Fahrverboten vor Ort, also welche Fahrzeuge davon betroffen sind oder nicht; die Wirksamkeit von diskutierten Nachrüstmöglichkeiten; die künftige Entwicklung des Fahrzeugrestwertes – alles hänge in der Schwebe.

• Warum stehen Benziner derzeit nicht in der Kritik?

Weil sie keine NOx-Schleudern sind. Stickoxide werden überwiegend von Dieselmotoren ausgestoßen – und da insbesondere von Diesel-Pkw. Benziner geben weniger Stickstoffe ab. Dafür produzieren sie ein anderes Problem: gesundheitsschädliche Feinstäube. Tipp: Beim Kauf darauf achten, dass der neue Benziner einen Partikelfilter hat.

• Was heißt das Urteil von Stuttgart für Dieselfahrer – und für die Automobilindustrie?

Dieselfahrer haben den Schwarzen Peter gezogen“, sagt Dudenhöffer. Wer jenseits der NOx-Grenzwerte unterwegs sei, werde bald „nicht mehr in Umweltzonen einfahren dürfen, die Zufahrtsbeschränkungen verhängt haben“, glaubt Verbraucherschützer Kolbe. Die Industrie müsse „eine Nachrüstung anbieten, die tatsächlich zu geringeren Emissionen führt und nicht nur placebohaft wirkt“.

• Wie stelle ich fest, ob ich einen „Schummel-Diesel“ fahre?

Durch einen Blick ins Internet. Auf einer Webseite können VW-Halter überprüfen, ob ihr Fahrzeug betroffen ist. Unter info.volkswagen.de prüft ein System anhand der Fahrgestellnummer bzw. der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) den Status. Auch Audi, Skoda und Seat haben Webseiten eingerichtet. Daimler will betroffene Kunden in den nächsten Wochen anschreiben.

• Wenn mein Auto durch den Skandal an Wert verliert: Kann ich meinen Hersteller verklagen?

Grundsätzlich haben Kunden das Recht auf die kostenlose Umrüstung des Fahrzeugs zur Einhaltung der versprochenen Abgasgrenzwerte. „Wenn dieses Recht nicht gewährleistet werden kann oder die Hersteller keine Garantie auf die Nachrüstung geben wollen, können die Halter eine Rückabwicklung des Kaufes einklagen“, sagt Verbraucherschützer Kolbe. Er glaubt: „Die Kartellvorwürfe dürften die Argumentation der Käufer stärken, da nun von Vorsatz seitens der Hersteller auszugehen ist.“

• Drohen den Besitzern von „Schummel-Dieseln“ Kosten?

Die Nachrüstung der Fahrzeuge ist kostenlos für die betroffenen Halter. Doch: Langfristige Kosten, etwa ein übermäßiger Wertverlust, sind nicht abgedeckt und verbleiben als Restrisiko beim Verbraucher. Im schlimmsten Fall, schwant Dudenhöffer, tauge ein Schummel-Diesel trotz Umrüstung nur noch „für den Export nach Russland oder Afrika“.