Berlin. Bei Heizung, Strom und Mobilität lässt sich derzeit viel Geld sparen. Klimafreundliche Alternativen verlieren dabei an Attraktivität.

Was für ein Niedergang: Der britisch-niederländische Ölgigant Shell musste am Donnerstag bekannt geben, dass der Gewinn 2015 um rund 90 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro gesunken ist. Der norwegische Konzern Statoil verbuchte sogar einen Verlust von fast vier Milliarden. Fast alle Ölkonzerne melden derzeit ähnliche Zahlen für 2015. Auch die Staatskonzerne der Förderländer sind angesichts des Ölpreis-Crashs von 100 Dollar im Sommer 2014 auf nunmehr rund 30 Dollar pro Fass in einer ähnlichen bedrängten Lage.

Doch wenn die Ölindustrie in die Röhre guckt, freuen sich die deutschen Verbraucher. Denn sie haben mehr Geld in der Tasche. Die niedrigen Ölpreise wirbeln zahlreiche Branchen durcheinander, denn nicht nur Öl, sondern auch Gas und viele andere Rohstoffe sind billiger geworden.

Anbieterwechsel können hohe Einsparungen bringen

Allein für Energieimporte musste Deutschland 2014 rund 75 Milliarden Euro ins Ausland überweisen, das sind fast 1000 Euro pro Einwohner. Diese Rechnung sinkt nun. Das kommt über die Produktpreise zum Teil auch bei den Verbrauchern an. Besonders sparen können sie dort, wo viel Energie von ihnen verbraucht und direkt bezahlt wird.

An erster Stelle steht dabei die Energieversorgung des eigenen Haushalts. Wer wie ein Viertel der Deutschen eine Ölheizung hat, ist derzeit bei einem Heizölpreis von rund 42 Cent pro Liter fein raus: Noch im Sommer 2014 musste doppelt soviel bezahlt werden. Für gut 1200 Euro pro Jahr kann nun der Warmwasser- und Wärmebedarf eines größeren Hauses gedeckt werden. Generell ist Heizöl im Sommer etwas billiger als im Winter, aber bei den derzeitigen Preisen kann man nicht mehr viel falsch machen. Auch Mieter in einem mit Öl beheizten Haus werden sich bei den nächsten Abrechnungen über starke Einsparungen freuen können.

Manche Sanierungen rechnen sich erst nach 20 Jahren

Um viele Tausend Euro geht es, wenn sich Hausbesitzer mit der Frage beschäftigen, ob sie eine neue Heizungsanlage einbauen oder gar in eine Wärmesanierung und Dämmung des Hauses investieren? Modellrechnungen gehen bislang davon aus, dass sich die meiste Sanierungen ohnehin frühestens nach knapp zehn Jahren rechnen. Das galt allerdings für die alten Öl- und Gaspreise. Laut mehreren Experten haben sich die Amortisationszeiten nun verdoppelt, auf teils über 20 Jahre. „Für den rationalen Verbraucher ändert sich damit die Kalkulation sehr stark, und die Investition ist weniger attraktiv“, sagt Markus Glasl, Experte des Ludwig-Fröhler-Instituts in München.

Laut den Statistiken der Förderbank KfW wurden jedoch 2015 noch ähnlich viele Förderkredite für Effizienzmaßnahmen in Gebäuden vergeben. Offenbar rechnen viele Investoren langfristig mit doch wieder steigenden Energiepreisen. In jedem Fall gilt: Die Kalkulation einer bevorstehenden Wärmesanierung sollte nochmals mit den stark gesunkenen Energiepreisen durchgerechnet werden.

Harte Zeiten für die Holzpelletheizung

Für klimaschonende Investitionen wie die Holzpelletheizung haben nun harte Zeiten begonnen. Der langjährige Preisvorteil bei den laufenden Kosten, den man sich mit höheren Investitionen in die Anlage teuer erkaufte, hat sich nun ins Gegenteil verkehrt. Derzeit ist es mehr als ein Viertel billiger, mit Öl zu heizen. Moderne Ölheizungen erleben einen unverhofften Boom, die Verkaufszahlen liegen derzeit um rund ein Drittel höher als vor einem Jahr.

Auch bei der Mobilität untergräbt der niedrige Ölpreis die grünen Alternativen. Zwar kommen die sinkenden Preise wegen des enorm hohen Steueranteils an den Treibstoffpreisen nicht eins zu eins an. Aber immerhin: Während Diesel im Jahresschnitt 2014 noch 1,35 Euro kostete, werden jetzt häufig weniger als ein Euro fällig. Strom ist unterdessen nicht billiger geworden.

E-Autos: Anschaffung teurer, Reichweite begrenzt

Das halbiert in vielen Fällen den Preisvorteil beim Treibstoff, wie Beispielrechnungen zeigen. „Der Vorteil bei den laufenden Kosten hat sich stark zuungunsten der E-Mobilität reduziert“, sagt Helmut Becker, Experte des Münchner Wirtschaftsinstituts IWK. In der Anschaffung seien E-Autos ohnehin teurer, zudem sei die Reichweite begrenzt. „Die Ölpreise werden langfristig auch wieder steigen, aber im Augenblick ist es für Verbraucher, die auf die Kosten und den Komfort gucken, einfach keine interessante Alternative.“

Spritfressende Autos verkaufen sich wieder blendend

Die Verkaufszahlen von Elektroautos brechen bereits ein, wie aus den neuen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts hervorgeht. Im Vergleich zum Vorjahresmonat verkauften sich dagegen im Januar Spritschleudern blendend. Sportwagenverkäufe legten um 38 Prozent zu, SUVs um 22 Prozent und Geländewagen um 15 Prozent. Der Elektroautoverkauf ging dagegen um mehr als ein Viertel auf knapp 500 Stück zurück.

Die Bundesregierung wird durch die gesunkenen Energiepreise vermutlich Schwierigkeiten bekommen, ihr Klimaziel einzuhalten. Bis 2020 sollen im Vergleich zu 1990 die Emissionen um 40 Prozent sinken. Das ist aber nur bei deutlichen Einsparungen vor allem im Wärmemarkt und in der Mobilität möglich, die der niedrige Ölpreis nun deutlich unwahrscheinlicher macht.

Neue Konkurrenten mischen den Markt auf

Die Preise für Gasverträge sind bislang kaum gesunken, obwohl Erdgas im Großhandel fast so stark abgerutscht ist wie Erdöl. Das liegt auch an den langfristigen Bezugsverträgen der Gaslieferanten. Doch neue Konkurrenten mischen derzeit den Markt auf. Eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox hat ergeben, dass Verbraucher inzwischen über 600 Euro pro Jahr sparen können, wenn sie vom örtlichen Grundversorger zum günstigsten Tarif wechseln. Sie zahlen dann für einen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr nur noch 856 Euro. 2014 lag die Differenz nur bei 450 Euro. Ein Wechsel macht sich derzeit besonders bezahlt.