145,7 Millionen Tonnen Seegüter gingen 2014 über die Kaikante. Immer weniger Schiffe bringen immer mehr Ladung. Kritik an der Bundesregierung

Hamburg. Normalerweise präsentiert der Hamburger Hafen das Ergebnis des abgelaufenen Jahres Ende Februar. Doch die Zahlen für 2014 sind insgesamt so gut, dass Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Montag nichts dagegen hatte, schon sechs Tage vor der Bürgerschaftswahl Bilanz ziehen zu dürfen. Denn der Hafenumschlag hat im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis erreicht. Insgesamt wurden 145,7 Millionen Tonnen Seegüter in Hamburg umgeschlagen, dass ist ein Plus von 4,8 Prozent, wie der Verein Hamburg Hafen Marketing am Montag berichtete. Der Gesamtumschlag ist damit stärker gestiegen als in den Konkurrenzhäfen in Nordwesteuropa. „Angesichts der weltwirtschaftlichen Lage müssen viele Dinge zusammenpassen, um ein solches Spitzenergebnis zu erzielen. Das zeigt, dass wir hier die richtigen Weichenstellungen vorgenommen haben“, sagte Horch.

Grundlage für das gute Ergebnis war im vergangenen Jahr der Handel mit China. Der Containerumschlag mit dem wichtigsten Hamburger Handelspartner stieg um 9,8 Prozent. Nicht ganz ein Drittel aller in Hamburg verladenen Transportboxen waren im vergangenen Jahr dem Fernhandel mit China zuzuordnen. Insgesamt stieg der Containerumschlag in der Hansestadt im Vergleich zu 2013 um 5,1 Prozent auf 9,7 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU). Damit verfehlte der Hafen aber die angepeilte Zielmarke von zehn Millionen TEU. Und auch hinter dem Rekordjahr 2007, als insgesamt 9,8 Millionen Boxen über die Kaikante gingen, blieb er zurück.

Mit verantwortlich dafür dürfte der Mengenrückgang bei Hamburgs zweitwichtigstem Handelspartner Russland sein. Die Zahl der Container von und nach Russland sank im Vorjahresvergleich um 7,8 Prozent auf insgesamt 660.000 Boxen. „Das ist aus unserer Sicht aber weniger auf die im Zuge der Ukraine-Krise verhängten Sanktionen zurückzuführen als auf die allgemeine wirtschaftliche Lage“, sagte Ingo Egloff, einer von zwei Geschäftsführern des Hafenmarketings. Als Beispiel nannte er die Schwäche des Rubel. So habe Russland eine Reihe von Krankenhausprojekten ausgeschrieben, es gebe aber kaum deutsche Beteiligung, weil die Verträge in Rubel abgerechnet würden. In der Automobilindustrie sei Russland zudem bemüht, sich von Importen aus dem Westen abzukoppeln. Insgesamt sei der Mengenrückgang ohnehin auf den Export nach Russland beschränkt, so Egloff: „Der Import beladener Container aus Russland ist sogar um 11,4 Prozent gestiegen.“

Mit einem Plus von 8,4 Prozent ist auch der Weitertransport von im Hafen ankommenden Containern ins Hinterland stark angewachsen. Horch und Egloff wiesen in diesem Zusammenhang auf den notwendigen Ausbau der Verkehrsträger rund um Hamburg hin. „Der Seehafenhinterlandverkehr wächst nach einer Studie des Bundes bis 2030 um 54 Prozent. Das muss die Bundesregierung bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigen“ sagte Egloff. Insbesondere die angemeldeten Schienenprojekte dürften nicht unter den Tisch fallen.

Hart ging Egloff auch mit der Weigerung der Bundesregierung ins Gericht, die Oberelbe für den Binnenschiffsverkehr auszubauen. „Das Bundesverkehrsministerium hat immer nur den Rhein im Blick. „Es ist nicht hinnehmbar, dass die Oberelbe von Berlin stets ausgeblendet wird.“ Hamburg sei schließlich Deutschlands drittgrößter Binnenschiffshafen. Allerdings werden weniger als zwei Prozent der im Hamburger Hafen ankommenden Ladung per Binnenschiff ins Hinterland weitertransportiert. Größter Verkehrsträger ist mit 60 Prozent der Lkw.

Insgesamt haben immer weniger Schiffe immer mehr Ladung nach Hamburg transportiert. Die Zahl der Schiffsanläufe sank um sieben Prozent. Kleinere Schiffe mit einem Ladungsvermögen unter 10.000 Standardcontainern kommen immer seltener die Elbe hinauf. Hingegen stiegen die Besuche von außergewöhnlich großen Schiffen jenseits der Marke von 13.300 TEU um satte 112 Prozent. Zuletzt entsandte die Reederei China Shipping ihre größten Schiffe mit einer Kapazität von 19.000 TEU, die „Globe“ und die „Pacific Ocean“ in die Hansestadt. Allerdings konnten beide Schiffe nur mit Zeitverzögerung auslaufen, weil starker Wind ihre Revierfahrt auf der Elbe behinderte. „Es ist ein großer Vertrauensbeweis, dass China Shipping die größten Containerschiffe der Welt nach Hamburg schickt“, sagte Wirtschaftssenator Horch. Die Probleme zeigten aber auch, dass die Elbvertiefung benötigt wird.

Doch die lässt weiter auf sich warten. Nicht zuletzt deshalb, aber auch wegen der unsicheren Lage in Russland und der Abkühlung der Konjunktur in China, ist die Prognose des Hafenmarketings für 2015 zurückhaltend: Bis zum Ende des Jahres ist das Erreichen der zehn Millionen TEU möglich, sagte Co-Geschäftsführer Axel Mattern.