Eurowings wird Ziele in Amerika, dem Indischen Ozean und Afrika anfliegen. Germanwings soll weitgehend verschwinden

Hamburg. Inmitten der Pilotenstreiks gegen Änderungen an der bisherigen Vorruhestandsregelung hat der Lufthansa-Vorstand ein neues Konfliktfeld geschaffen: Der Kranich-Konzern setzt beim Ausbau seines Billigangebots komplett auf die Marke Eurowings, die bereits bestehende Tochtergesellschaft erhält größere Flugzeuge und soll künftig kostengünstige Direktflüge sowohl innerhalb Europas als auch auf der Langstrecke anbieten. Das Personal von Eurowings unterliegt aber nicht dem Konzerntarifvertrag.

Mit dieser Strategie will Lufthansa-Chef Carsten Spohr europäischen Billigfliegern wie Ryanair oder EasyJet die Stirn bieten. Die günstigere Kostenstruktur soll durch geringere Personalkosten bei Piloten und Kabinen-Crew sowie für Wartung und Flugbetrieb erreicht werden. Die Vorgabe ist, dass die Tochter bis zu 40 Prozent günstiger fliegt als die Lufthansa. Dazu wird die erst 2013 neu aufgestellte Billigmarke Germanwings im kommenden Jahr weitgehend verschwinden.

Der Auftritt zum Kunden werde im dritten Quartal 2015 auf Eurowings umgestellt, kündigte Spohr an. Germanwings hat im vergangenem Jahr die Lufthansa-Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München übernommen und wird laut Spohr 2015 erstmals schwarze Zahlen schreiben. „Germanwings war ein Erfolg, aber wir müssen aus Kostengründen auf Eurowings wechseln“, erklärte der Lufthansa-Chef. Diese Marke sei auch auf anderen europäischen Märkten besser einsetzbar – bereits im kommenden Jahr soll eine zusätzliche Eurowings-Basis außerhalb Deutschlands eingerichtet werden.

Die neue Gesellschaft mit ihrer Zentrale in Köln sei als Plattform konzipiert, auf der mehrere Fluggesellschaften ihre Leistungen anbieten, sagte Spohr. Sie wird selbst über 23 eigene Airbus-Jets verfügen, die bis Ende 2017 die kleineren Flugzeuge des Typs Bombardier CRJ900 in der jetzigen Flotte ablösen. Dazu kommen 58 Germanwings-Flugzeuge und sieben Airbus A330 für die Langstrecke, die von der deutsch-türkischen Lufthansa-Beteiligung SunExpress Deutschland in der neuen weiß-rot-blauen Eurowings-Bemalung betrieben werden.

Schon im nächsten Jahr werde Eurowings die Kapazität auf einigen Hamburg-Strecken durch den Austausch der bisherigen Bombardier-Jets durch Airbus-Maschinen praktisch verdoppeln, sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. „Um diese Sitzplatzkapazität auch füllen zu können, wird man sie zu sehr attraktiven Preisen anbieten müssen“, so Schellenberg. Der Einsatz größerer Flugzeuge werde ebenso dem Hamburg-Tourismus zu-gute kommen.

Auf den neuen Langstreckenrouten sollen von Köln/Bonn aus zunächst drei Airbus A330 mit jeweils 310 Sitzen fliegen. Die Flotte soll in den kommenden Jahren auf bis zu sieben Flugzeuge ausgeweitet werden. Nach Angaben der Lufthansa werden die ersten interkontinentalen Ziele unter anderem in Florida, dem Indischen Ozean und im südlichen Afrika liegen. Offenbar versuche Spohr, auf diese Weise den Golfstaaten-Airlines wie Emirates zumindest auf deren touristischen Routen nach Asien Konkurrenz zu machen, sagte Schellenberg. Das Langstreckenangebot sieht er als eine Rückkehr der Lufthansa zum Ferienflug-Geschäft, nachdem die frühere Beteiligung Condor im Jahr 2009 komplett an den Reisekonzern Thomas Cook abgegeben worden war.

Die Basis Köln sei eine gute Wahl, weil der Flughafen mit der Bahn aus allen Teilen Deutschlands recht gut erreichbar sei, so Schellenberg: „Die Frage ist aber, ob Zubringerflüge mit Eurowings etwa aus Hamburg aktiv angeboten werden – und gegebenenfalls zu welchem Preis.“

In den zurückliegenden Jahren hatten sowohl Billigflieger wie Ryanair und EasyJet als auch die Langstrecken-Airlines aus der Golfregion dem Lufthansa-Konzern immer härter zugesetzt. „Spohrs Analyse, dass die Lufthansa sich ändern muss, ist völlig zutreffend“, so Schellenberg. „Wenn die Lufthansa Lücken im Luftverkehrsmarkt lässt, füllen andere sie aus.“ Spohrs Chance, die Belegschaft von der neuen Strategie letztlich überzeugen zu können, liege darin, dass er selbst ein langjähriger Lufthanseat und ausgebildeter Pilot ist.

Die europäischen Konkurrenten IAG (British Airways und Iberia) und Air France gehen ähnliche Wege. Am Mittwoch segneten die Piloten der Air France im Anschluss an einen zweiwöchigen Streik den vom Unternehmen geplanten Ausbau einer Billigsparte in Frankreich unter dem Dach der Tochter Transavia ab. Rund 53 Prozent der Piloten hätten der Einigung zugestimmt, erklärte die Fluggesellschaft. Der Streik hatte den Lufthansa-Rivalen rund 500 Millionen Euro gekostet.