20.000 Gäste feiern am Sonnabend die Party indischen Ursprungs in Hamburg. Der Markt für Holi Festivals im Norden ist umkämpft, in ganz Europa hat sich die Idee kommerzialisiert.

Hamburg. 20.000 Menschen werden sich am Sonnabend vor der Imtech-Arena im Volkspark versammeln und eine farbenfrohe Party feiern. Mit dem HSV, der zeitgleich in Mainz gegen den ersten Abstieg aus der Fußball-Bundesliga kämpft, hat die Veranstaltung aber nichts zu tun. Auf der Parkplatzfläche vor dem Stadion findet das zweite Hamburger Holi Festival of Colours statt. Um Punkt 15 Uhr schmeißen die Besucher eine Pulvermischung aus Maismehl und Lebensmittelfarbe in die Luft. Dieser Vorgang wiederholt sich zu jeder Stunde, bis alle Gäste gleich bunt aussehen. Die Besucher tragen zumeist weiße Kleidung, auf großen Bühnen spielen DJ’s House- und Technomusik. Mit diesem einfachen Konzept haben die Macher des Holi Festivals of Colours, so heißt die Veranstaltung in Hamburg, den derzeit weltweit größten Partytrend nach Deutschland geholt.

Das Festival hat seinen Ursprung in Indien. Dort feiern die Menschen am Vollmondtag des Monats Phalguna, in Deutschland zeitgleich der März, den Frühlingsanfang. Alle Menschen, egal welcher Kaste, Geschlechts oder Alters, sollen an diesem Tag gleich sein. So die Idee. In Europa wird das traditionelle, religiöse Fest der Hindus seit 2012 kommerzialisiert. In Deutschland, auch in Hamburg und im norddeutschen Raum, hat sich Holi zu einem umkämpften Markt entwickelt. Das Geschäft mit dem bunten Pulver boomt.

„Im vergangenen Jahr sind viele neue Anbieter aufgetaucht, von denen einige schon wieder verschwunden sind. Wir sind unangefochtener Marktführer. Was die anderen machen, tangiert uns nicht“, sagt Maxim Derenko, Sprecher der Holi Conzept GmbH. Die Agentur veranstaltet das Holi Festival of Colours, das vor zwei Jahren in Berlin Premiere feierte. 300.000 Besucher zählte sein Team im vergangenen Jahr, als das Festival in Städten wie Berlin, Hamburg, Frankfurt, Köln oder London stattfand. Am Sonnabend startet die Tour 2014 im Volkspark. Die Veranstalter haben ihr Kartenkontingent sogar von 15.000 auf 20.000 erhöht.

Auch Stephan Dau hat sich dem bunten Pulver verschrieben. Er arbeitet für den englischen Anbieter Holi One und plant in diesem Jahr wie schon 2013 Holi Festivals in Lübeck und Bremen. In beiden Städten hat Dau jedoch Probleme, eine Location zu finden. In Lübeck sollte die Party eigentlich am 31. Mai auf dem Flughafen Blankensee starten, doch nach der Insolvenz des Flughafens musste Dau den Termin absagen. Auch in Bremen sucht der Veranstalter eine neue Fläche. Im vergangenen Jahr sagte die Stadt die Party auf der Galopprennbahn kurzfristig ab. Gäste, die bereits ein Ticket gekauft hatten, mussten lange auf die Rückerstattung des Eintrittspreises warten. Derzeit verhandelt Dau mit einem Bauern über eine Fläche in Bremen.

Vor zwei Jahren arbeitete Dau noch mit den Veranstaltern des Holi Festivals of Colours zusammen. Doch dann verkrachten sich die Eventmanager. Offiziell ging es um eine „unterschiedliche Auffassung“, so Dau. Inoffiziell um viel Geld. Dau wechselte zu Holi One und ist nun einer der größten Konkurrenten des Marktführers aus Berlin. Viele weitere Anbieter versuchen auf den Zug aufzuspringen. In Hamburg war es im vergangenen Jahr die Agentur FKP Scorpio, die im September kurzfristig ein Holi auf der Galopprennbahn in Horn organisierte.

Noch ist der Trend aus Indien ein Wachstumsmarkt, das Geschäft mit dem bunten Pulver lohnt sich. „In diesem Jahr wird es noch funktionieren“, sagt Christian Fischer, Veranstaltungsleiter von Holi Farbrausch. Diese Party der Justa Event GmbH findet in diesem Jahr unter anderem in Hannover und Uelzen statt. Zudem sucht Holi Farbrausch noch eine Fläche in Osnabrück. „Alle anderen Standorte im Norden sind abgedeckt“, sagt Fischer. Während Holi Gaudy das Festival in Kiel veranstaltet, heißen die Partys in Schwerin und Flensburg „Holi – Fest der Farben“. In Braunschweig und Rostock haben sich lokale Anbieter den Standort gesichert. Allgemein gilt: Wenn in einer Stadt ein Veranstalter ausrichtet, halten sich andere Anbieter raus. Denn mehr als ein Holi Festival lohnt sich in mittelgroßen Städten nicht.

Bei der indischen Gemeinde in Hamburg stößt der Hype auf Kritik

Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass Agenturen versuchen, anderen den Standort wegzunehmen. Zudem versuchen Anfänger im Eventmanagement, am lukrativen Geschäft Holi zu partizipieren. Christian Fischer spricht von einem Veranstalter mit gefälschtem Doktortitel, der ein Festival mit 50.000 Besuchern organisieren will, ohne Erfahrung auf diesem Gebiet zu haben. Viele Städte wissen von diesen Methoden und erteilen den Veranstaltern kurzfristig Absagen. Genehmigungen werden in der Regel erst zwei Wochen vor dem Termin erteilt. Die Tickets, die meist zwischen 15 und 30 Euro kosten, gehen jedoch schon Monate zuvor in den Verkauf.

Neben dem Erlös durch die Tickets gibt es eine weitere Geschäftsquelle: das Holi Pulver. Die kleinen Tüten mit den bunten Maismehlfarben kosten pro Stück zwei Euro und können nur auf den Festivals oder im Internet erworben werden. Ähnlich wie die Veranstalter gibt es auch hier immer mehr Anbieter, die den Markt überschwemmen. Marktführer ist die Hirams Trade GmbH, die das sogenannte Gulal Pulver in Deutschland nach kosmetischen Richtlinien produziert. Diese werden immer „strenger und spezifischer“, wie ein Sprecher des Unternehmens bestätigt. Die Veranstalter von Holi One lassen ihr Pulver dagegen in England produzieren. Es sei der einzige Anbieter, der allergenfreies Reismehl verwende.

Beim Hamburger Holi Festival hielten sich im vergangenen Jahr aber offenbar nur wenige Besucher an die Hinweise der Veranstalter, einen Mundschutz und eine Schutzbrille zu tragen. 263 Gäste mussten mit Augenspülungen behandelt werden. Bei anderen Veranstaltungen klagten Besucher über Farbrückstände in den Haaren. Die Partybetreiber geben auf ihren Webseiten allerdings auch an, dass Blondinen mit gefärbten Haaren größere Probleme haben, die Farben wieder aus den Haaren zu waschen. In der Regel sollte aber ein Waschdurchgang mit Shampoo reichen.

Während Veranstalter und Pulverproduzenten auf dem Markt der Holi Festivals einen Wettbewerb austragen, stößt der Hype bei der indischen Gemeinde in Hamburg auf Kritik. Die Kommerzialisierung der religiösen indischen Tradition nervt die Mitglieder der deutsch-indischen Gesellschaft. „Wir finden es schwierig, dass man sich unbesehen an Traditionen anderer Länder bedient, die ja für gläubige Hindus wichtig und von Bedeutung sind, um daraus für übersättigte Jugendliche im Westen einen neuen Trend zu machen“, sagt Renuka Jain, Sprecherin des Vereins. „Damit wird erneut ein sehr einseitiges Bild Indiens vermittelt. Alles ist lustig und bunt. Echtes Interesse an Indien wird so nicht erzeugt.“