Für Deutschland erwarten die Hamburger Forscher dagegen Wachstum von 2,5 Prozent. Auch die Haushaltseinkommen dürften wachsen.

Hamburg. Die Hamburger Konjunkturforscher treten derzeit als Optimisten auf. Der Aufschwung in Deutschland fällt nach ihrer Einschätzung in diesem Jahr nicht nur kräftig aus, sondern steht - getragen vom Export und der Binnenkonjunktur - zudem auf robusten Füßen. "Wir sind zuversichtlich, dass sich die Entwicklung 2011 fortsetzt und in der zweiten Jahreshälfte die deutsche Wirtschaft bereits wieder ihr Niveau wie vor der Krise erreichen wird", so präsentierten die Ökonomen des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) gestern ihre aktuelle Prognose.

Danach erwarten die Volkswirte für 2010 ein Wachstum von 3,7 Prozent. Im nächsten Jahr sollen es 2,5 Prozent sein. Insbesondere der private Konsum werde deutlich zulegen, die Binnennachfrage kräftig sein und der Export steigen, wenngleich geringer als im Vorjahr. Die Einkommen der Haushalte dürften angesichts der Lohnverbesserungen und auslaufenden Kurzarbeit wachsen, während sich der Preisanstieg moderat bei 1,6 Prozent bewege, nach 1,1 Prozent im laufenden Jahr.

Ähnlich positiv sieht das HWWI auch die Entwicklung für Hamburg. Der Hafen wachse schon jetzt durch den anziehenden Handel mit China kräftig. Lediglich in diesem Jahr liege die Hansestadt etwas unter dem durchschnittlichen Wachstum des Bundes, da Hamburgs Wirtschaft im Vorjahr auch nicht so kräftig eingebrochen war wie die Industrie im Süden, sagte der HWWI-Konjunkturchef Michael Bräuninger.

Dass sich die Realität nicht immer nach den Zukunftsprognosen richtet, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. So hat kaum ein Wirtschaftsforscher die Finanzmarktkrise vorhergesagt, auch das HWWI hatte vor einem Jahr nur 1,5 Prozent Wachstum für 2010 prognostiziert. Die Hamburger Forscher präsentieren ihre Prognose deshalb auch bewusst mit einem Fragezeichen. So gebe es für den Aufschwung noch erhebliche Risiken "von außen". Die Ursachen dafür liegen in der Schuldenkrise mehrerer europäischer Staaten und in der Finanzmarktkrise, die bei Weitem noch nicht ausgestanden sei. Für all diese Probleme seien noch keine nachhaltigen Lösungsansätze gefunden. Insofern sei eine Verschärfung der Krisen nicht auszuschließen.

"Kommt es zu einer Staatsinsolvenz im Euro-Raum, wären eine weitere Bankenkrise und weltweite Rezession die Folge", mahnt Bräuninger. Der Ausstieg eines Defizitlandes aus dem Euro-Raum oder eine Aufspaltung würde eine solche Insolvenz nur befördern und müsse abgewendet werden. "Die Rettung der angeschlagenen Länder ist nötig, auch wenn dies ein schwieriger Balanceakt ist", so Bräuninger. Auch die Märkte müssten beruhigt werden.

Den politischen Streit um die Ausgabe gemeinsamer Anleihen aller Euro-Staaten kann der Wirtschaftsforscher unterdessen kaum nachvollziehen. "Ob EU-Garantien für Staaten wie Griechenland oder Irland übernommen werden oder die Staaten über gemeinsame Anleihen für deren Schulden garantieren, ist sehr ähnlich, auch wenn es in der Diskussion als etwas Verschiedenes dargestellt wird." Es sei auch keineswegs ausgemacht, dass solche Eurobonds höher verzinst werden müssen. Für Bräuninger steht fest: "Zwar ist nicht bezifferbar, was die Rettung der Südländer kostet. Doch jede Alternative wird teurer." Deutschland habe stark vom Euro profitiert, ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone wäre ein starker Rückschlag auch für den Export.

Gefahren gehen zudem von der expansiven Geldpolitik der Notenbanken aus. "Eine Inflationsgefahr sehe ich für die nächsten zwei Jahre nicht. Aber es wächst die Gefahr neuer Blasenbildungen auf den Aktien- und Rohstoffmärkten", meint Bräuninger. Dennoch ist der Volkswirt überzeugt, dass die Europäische Zentralbank frühestens Ende 2011 die Leitzinsen erhöhen wird.

Die Probleme auf dem Arbeitsmarkt würden wiederum kleiner. Die Erwerbstätigkeit werde auf ein neues Hoch klettern, die Arbeitslosigkeit unter drei Millionen fallen und die Reallöhne steigen, so Bräuninger: "Von einer Vollbeschäftigung sind wir aber dennoch weit entfernt."