Firmenchef Schnabel nennt die aktuelle Flaute “nicht ungewöhnlich“. Sohn Stephan als Nachfolger an der Spitze?

Hamburg. Für Dieter Schnabel gehört die Wirtschaftskrise zum "ganz normalen Geschäftsleben" dazu. "Wir haben zehn Jahre hinter uns, in denen es nur bergauf ging - das war ungewöhnlich, die jetzige Flaute ist es nicht." Krisen habe es schon so viele gegeben. "Und die jeweils aktuelle ist für die Menschen immer die schlimmste", sagt er mit einem Augenzwinkern.

Schnabel arbeitet seit 42 Jahren bei der Helm AG, dem größten unabhängigen Chemikalienhändler der Welt mit Sitz in der Hamburger City Süd. Seit 25 Jahren leitet er das Unternehmen, das ihm zusammen mit seinem Vater zu 100 Prozent gehört. Für 2008 hat die Helm AG alle Rekorde brechen können: Der weltweite Umsatz stieg um 18 Prozent auf 9,1 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern legte um 54 Prozent auf 145 Millionen Euro zu und die Zahl der Mitarbeiter erhöhte sich um knapp 40 auf 1324. Doch Schnabel weiß auch, dass er die Höchstwerte bei Umsatz und Gewinn 2009 nicht wird wiederholen können. Bei den Arbeitsplätzen will er dennoch keinesfalls sparen. Im Gegenteil.

"Wir haben so viel zu tun, da brauche ich jeden Mitarbeiter", antwortet Schnabel auf die Frage, ob er wie andere Firmen Kurzarbeit einführen wolle. Ohnehin hält er wenig von Sparprogrammen in schwierigen Zeiten. Die Reiseetats sollen bei der Helm AG jedenfalls nicht zusammengestrichen werden. "Denn der aktuelle Kampf um reduzierte Aufträge wird nicht hinter dem Schreibtisch gewonnen", sagt Schnabel.

Selbstverständlich spürt auch die Helm AG die Krise. Die Preise für Methanol, Vitamin C oder den Süßstoff Saccharin, mit denen das Handelshaus unter anderem sein Geld verdient, sind wegen der gesunkenen Nachfrage dramatisch gefallen. Kunden bezahlen ihre Rechnungen nicht pünktlich. Und die massiven Probleme der Autohersteller ziehen auch die Chemieindustrie nach unten. Schließlich steckt in fast jedem Teil eines Pkw Chemie.

Mit Blick auf diese Entwicklungen rechnet Schnabel 2009 denn auch mit einem Rückgang des Konzernumsatzes auf rund fünf Milliarden Euro und mit einem Gewinn vor Steuern zwischen 50 und 75 Millionen Euro. Doch gerade in der Krise müsse ein Unternehmen "Gas geben", sagt Schnabel. Im Verkauf wolle die Helm AG deshalb "noch mehr tun". Und bis zum Ende des laufenden Jahres, davon ist Schnabel überzeugt, werde die Zahl der Mitarbeiter sogar steigen. "Wir suchen gute Leute."

Auch selbst denkt der 62-jährige nicht ans Aufhören. Dennoch bereitet er langsam seine mögliche Nachfolge vor. Sohn Stephan (34), der acht Jahre lang für die Helm AG in Istanbul war, kehrt zum 1. Oktober nach Hamburg zurück, soll in einer Führungsposition direkt unter dem Vorstand arbeiten. Womöglich leitet der Sohn das Unternehmen in einigen Jahren dann von einem anderen Standort aus. Denn Dieter Schnabel ist in Hamburg auf der Suche nach einem Bauplatz für eine neue Zentrale. 40 Objekte habe er sich bereits angeschaut. "Zufriedengestellt hat uns nichts", sagt er. Als Übergangslösung hat er nun drei Stockwerke für seinen Pharmabereich in einem Gebäude gegenüber der heutigen Zentrale angemietet. "Aber noch haben wir die Suche nicht aufgegeben."