Milliardenprojekte werden an der Elbe entwickelt. Handelskammer sieht alternative Energien als Jobmotor.

Hamburg

Die Region Hamburg entwickelt sich immer mehr zu einer Hochburg für die boomende Windbranche. Nach Unternehmen wie Repower oder Nordex im benachbarten Norderstedt hat nun auch der Siemens-Konzern seine Europazentrale für das Windgeschäft in der Hansestadt angesiedelt. 70 neue Arbeitsplätze sollen entstehen, wie Kai-Eberhard Lueg, Kaufmännischer Vorstand bei Siemens Windpower, gestern sagte. Ein Teil der Stellen wird dabei aus Bremen und aus der weltweiten Zentrale in Dänemark an die Elbe verlagert. Schon heute arbeiten für Siemens insgesamt rund 1800 Beschäftigte in der Hansestadt.

Aus Sicht der Handelskammer besteht jetzt die Chance, Hamburg zu einer der führenden Metropolen für die Ökobranche insgesamt in Deutschland auszubauen. "Wir sind auf einem guten Weg, ein Spitzencluster für erneuerbare Energien zu schaffen", sagte Präses Frank Horch. Die Politik müsse dafür aber auch die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Nach Schätzung der Handelskammer hängen derzeit mindestens 2000 Arbeitsplätze in Hamburg von Firmen ab, die sich mit alternativen Energien befassen.

Siemens will von der Hansestadt aus unter anderem das wachstumsstarke Geschäft mit Windparks auf hoher See vorantreiben. Gerade erst hat sich der Konzern einen Milliardenauftrag für die Lieferung von 175 Anlagen in Großbritannien sichern können. Dort entsteht in der Themse-Mündung östlich von London der weltgrößte Windpark im Meer, der bis zu 750 000 Haushalte mit umweltfreundlicher Energie versorgen soll.

Der Konzern möchte aber nicht nur seine Position auf dem europäischen Windmarkt ausbauen, sondern auch neue Märkte in der Türkei und Nordafrika erschließen. Diese Länder zählen ebenfalls zum erweiterten Aufgabenbereich der neuen Europa-Zentrale. "In Ländern wie Ägypten oder Marokko gibt es enorme Wachstumsmöglichkeiten für uns", sagte Lueg. Hamburg als neuer Standort verfüge über ideale logistische Voraussetzungen für die künftige Expansion. Außerdem sei man hier nahe an einer Vielzahl großer Kunden. "Diese Vorzüge haben letztlich den Ausschlag für die Hansestadt im Vergleich mit zehn anderen Konkurrenten gegeben."

Derzeit ist Siemens nach eigenen Angaben der sechstgrößte Windanlagenbauer weltweit, bis 2012 will man unter die Top 3 der Branche vorstoßen. Trotz Wirtschaftskrise seien die Aussichten für weiteres Wachstum auch in diesem Jahr gut, so Lueg. Die Auftragseingänge lägen im zweistelligen Prozentbereich über dem Vorjahr. Die Umsätze für das Windgeschäft weist der Konzern nicht gesondert aus. In der Sparte erneuerbaren Energien wurden 2008 rund 19 Milliarden Euro erlöst - ein Viertel des Konzernumsatzes. Neben Siemens erweisen sich auch die anderen großen Windanlagenbauer in Deutschland als erstaunlich krisenfest. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz der Branche insgesamt um fast zwölf Prozent auf 8,5 Milliarden Euro. 82 Prozent brachte dabei allein das Exportgeschäft ein. Für 2009 hält der Chef des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers, ein erneutes Umsatzplus von elf Prozent für möglich.

"Wir rechen damit, dass das größte Wachstum in diesem Jahr trotz Finanzkrise aus den USA kommt", sagte eine Sprecherin des Hamburger Windanlagenbauers Repower dem Abendblatt. US-Präsident Barack Obama hatte angekündigt, die Versorgung der Vereinigten Staaten mit erneuerbaren Energien in nur drei Jahren zu verdoppeln. Repower hat zwar aus Vorsichtsgründen seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr 2009/2010 leicht nach unten korrigiert, geht aber immer noch von einem Umsatzplus von 30 bis 35 Prozent aus.

Auch der Nordex-Konzern aus Norderstedt hat nach einem Rekordjahr 2008 weiteres Wachstum im Visier. Die Erlöse sollen von 1,1 auf rund 1,2 Milliarden Euro steigen. Dieses Ziel sei bereits zu 90 Prozent durch festfinanzierte Aufträge abgesichert, sagte Vorstandschef Thomas Richterich vor einigen Tagen. Im vergangenen Jahr hatte Nordex einen Umsatzsprung von 52 Prozent geschafft und einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 63 Millionen Euro erwirtschaftet.