Die Führungsspitze der Baumarktkette soll um Experten für Vertrieb und Einkauf ergänzt werden. Chef Kay Hafner weiter in der Kritik.

Hamburg. Ruhig wird es bei Praktiker so schnell wohl nicht. Nach der turbulenten Hauptversammlung in Hamburg steht die angeschlagene Baumarktkette nun vor einem weiteren Umbau an der Führungsspitze. Zusammen mit den kritischen Großaktionären Semper Constantia und Maseltov will der Aufsichtsrat nach zusätzlichen Vorständen suchen, die das bisherige Management-Team verstärken sollen. Nach Abendblatt-Informationen soll es sich dabei um Experten für die Bereiche Einkauf und Vertrieb handeln.

Offen ist zudem, wie lange der jetzige Interimsvorsitzende Kay Hafner noch im Amt bleiben wird. Offiziell wurde Hafner vom Aufsichtsrat nur bis zum 13. August an die Konzernspitze entsandt. Er hatte im Mai den Sanierer Thomas Fox ersetzt, der zuvor mit der Umsetzung seines Umbaukonzepts für Praktiker gescheitert war. Über eine Verlängerung von Hafners Mandat werde nun das Kontrollgremium entscheiden, hieß es aus Unternehmenskreisen. Die Vertreterin der beiden Praktiker-Großaktionäre, Isabella de Krassny, hält Hafner nach wie vor für den falschen Mann auf dem Chefposten und will ihn am liebsten durch den ehemaligen Deutschland-Chef von Obi, Andreas Sandmann, ersetzen. "Er ist vom Fach", so de Krassny. Auf der Hauptversammlung am Mittwoch waren weder die Aufsichtsräte noch die meisten Vorstände von den Aktionären für das Geschäftsjahr 2011 entlastet worden. Eine halbe Milliarde Euro Verlust hatte Praktiker in diesem Zeitraum verbucht.

+++ Kommentar: Frieden auf Zeit +++

+++ Kompromiss im Ringen um Praktiker-Zukunft +++

Der Einfluss de Krassnys auf die Besetzung der Praktiker-Spitzenämter ist nach der turbulenten Hauptversammlung deutlich gestiegen. Am Rande der Veranstaltung setzte sie den Rücktritt von zwei bisherigen Aufsichtsratsmitgliedern durch und bestückt das Kontrollgremium nun mit eigenen Kandidaten.

Mit diesem Deal hatte sich die Österreicherin nach stundenlanger, kontroverser Debatte ihre Zustimmung zu dem umstrittenen Finanzierungskonzept des jetzigen Vorstands abkaufen lassen. Es sieht eine Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro vor, die wiederum Voraussetzung ist für ein Darlehen des neuen Investors Anchorage Capital. 85 Millionen Euro wollen die Amerikaner in Praktiker stecken, verlangen dafür aber rund 16 Prozent Zinsen und die profitable Hamburger Tochter Max Bahr als Pfand. Wäre die Finanzierung nicht zustande gekommen, wäre das Unternehmen möglicherweise in die Insolvenz geschlittert.

Nach dem grünen Licht der Aktionäre will der Praktiker-Vorstand nun die genauen Details mit Anchorage festlegen. Daneben beginnt jetzt die eigentliche Sanierung der Kette. Bereits im August soll die Umstellung der ersten sieben Praktiker-Märkte auf die prestigeträchtigere Marke Max Bahr starten. Insgesamt werden rund 120 Filialen umgerüstet. Der Umzug der Zentrale vom Saarland nach Hamburg soll im September abgeschlossen sein.

An der Börse legte die Praktiker-Aktie gestern zunächst um rund zwölf Prozent zu, doch von den Kursgewinnen blieb kaum etwas übrig. "Es gibt keine Anzeichen, dass Praktiker jetzt in ruhigeres Fahrwasser kommt", sagte Commerzbank-Analyst Jürgen Elfers.