Auf der Hauptversammlung in Hamburg geht es ums Überleben der Baumarktkette. Vorstand und Großaktionäre streiten um Strategie und Einfluss.

Hamburg. Wenigstens ein kleiner Erfolg. Praktiker-Chef Kay Hafner sitzt in seinem Hamburger Büro und berichtet begeistert von dem Sanierungstarifvertrag, den das Management gerade mit der Gewerkschaft Ver.di in Grundzügen ausgehandelt hat. Durch den Verzicht auf Weihnachtsgeld und die Kürzung vermögenswirksamer Leistungen sollen die Personalkosten bei der wirtschaftlich trudelnden Baumarktkette um 17,3 Millionen Euro jährlich verringert werden. "Diese Einigung ist ein wichtiger Meilenstein zur Zukunftssicherung des Unternehmens", sagt der 55-Jährige dem Abendblatt.

Erfolge kann Hafner derzeit gut gebrauchen. Seit Monaten schon gibt die Baumarktkette nämlich ein desaströses Bild in der Öffentlichkeit ab. Der laufende Umzug der Zentrale vom saarländischen Kirkel zu der erfolgreicheren Hamburger Tochter Max Bahr hat zu einer massiven Verunsicherung der rund 20 000 Mitarbeiter geführt. Eine halbe Milliarde Euro Verlust hat der Konzern 2011 eingefahren. Zwei Vorstandschef wurden in den vergangenen zwölf Monaten verschlissen, und die Großaktionäre planen den Aufstand.

Die größte Bewährungsprobe steht dem Vorstandschef morgen bevor. Dann werden die Anteilseigner zur Hauptversammlung im Hamburger Curio-Haus an der Rothenbaumchaussee zusammenkommen. 60 Millionen Euro sollen die Altaktionäre zuschießen, um den Konzern vor dem Ende zu bewahren und die groß anlegte Umstellung von Praktiker-Märkten auf das Konzept von Max Bahr abzusichern. "Unser Finanzierungskonzept ist alternativlos", sagt Hafner.

+++ Max Bahr soll Mutterkonzern Praktiker retten +++

+++ Umzug der Praktiker-Zentrale nach Hamburg geht voran +++

Wahrscheinlich ist, dass es in dem altehrwürdigen Saal unter den mächtigen Kronleuchtern zu heftigen Debatten und zu einem Eklat kommen wird. Vielen der Anteilseigner passt es nämlich nicht, wie Hafner das Unternehmen wieder auf Kurs bringen will.

Die größte Gegenspielerin des Konzernchefs ist Isabella de Krassny. Die streitbare Österreicherin vertritt die beiden größten Investoren, den zypriotischen Fonds Maseltov und die Wiener Privatbank Semper Constantia, die zusammen 15 Prozent an Praktiker halten. Schon seit Anfang des Jahres schießt die 53-Jährige immer wieder mit kritischen Äußerungen in Richtung Vorstand und Aufsichtsrat.

Vor einigen Wochen reichte sie einen Antrag zur Hauptversammlung ein, in dem sie gleich die Abwahl von Aufsichtsratschef Kersten von Schenck und fünf weiterer Kontrolleure verlangte. Der "strategischen Repositionierung" Praktikers müsse auch ein "glaubhafter Neustart im Aufsichtsrat folgen", so die Betriebswirtin.

Auf die Tagesordnung der Hauptversammlung hat es de Krassny mit ihrem Antrag zwar nicht geschafft. Weil sie ihre Forderung nur per E-Mail einreichte, schmetterte die Konzernführung das Papier wegen Formfehlern ab. Als die erzürnten Großaktionäre deswegen vor Gericht zogen, mussten sie ebenfalls eine Schlappe einstecken.

Doch die Semper-Constantia-Managerin ließ nicht locker und warb parallel vor Investoren im Hamburger Übersee-Club für ein alternatives Sanierungskonzept namens "Spark". Ähnlich wie die Konzernführung will sie die Hamburger Tochter Max Bahr zur neuen Kernmarke von Praktiker ausbauen. Aber anders als von Hafner vorgesehen, sollen nicht 125, sondern nur rund 60 bis 80 große Praktiker-Märkte auf die edlere und serviceorientiertere Marke umgestellt werden. So soll die gesamte Kette schneller wieder in die Gewinnzone kommen. Als neuen Vorstandschef und Nachfolger Hafners brachte die Österreicherin zudem den ehemaligen Obi-Deutschland-Chef Andreas Sandmann ins Gespräch.

Seit Wochen nun mühen sich die Praktiker-Kontolleure, eine Einigung mit der Großaktionärin zu erzielen. "Der Aufsichtsrat hat seine Gesprächsbereitschaft mit Frau de Krassny signalisiert", sagt Hafner. "In der Sache liegen wir nur in Nuancen auseinander."

Aus Hafners Sicht geht die Sanierung des Unternehmens derzeit gut voran. "Die ersten sieben Praktiker-Märkte werden wir voraussichtlich im September oder Oktober auf Max Bahr umstellen können", sagt der Vorstandschef. Starten werde man mit einem Markt in Lüneburg. "Mit Max Bahr werden wir einen deutlich größeren Kundenkreis als mit Praktiker ansprechen können", ist Hafner überzeugt. "Durch den besseren Service und das größere Sortiment kaufen auch anspruchsvolle und professionelle Handwerker in den Märkten ein."

Insgesamt wird der Umbau von Praktiker mehr als 200 Millionen Euro verschlingen. Neben der Kapitalerhöhung von 60 Millionen Euro soll das Geld von mehreren Banken und vom neuen Investor Anchorage Capital Europe kommen. Der US-Hedgefonds wird allein 85 Millionen Euro bereitstellen. Doch das Engagement der Amerikaner ist ein weiterer Punkt, der den Argwohn vieler Altaktionäre weckt. Im Gegenzug für das Darlehen soll Anchorage nämlich die Option auf 15 Prozent des Grundkapitals von Praktiker bekommen - und Max Bahr als Sicherheit.

"Anchorage geht es nur darum, sich mit Max Bahr günstig das Tafelsilber des Konzerns einzuverleiben", mutmaßt etwa der saarländische Verleger und Aktionär Manfred Klein. Er will nicht nur gegen das neue Finanzierungskonzept stimmen, sondern auch die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat vertagen lassen.

"Anchorage ist ein langfristig orientierter Investor, dem es um die Weiterentwicklung von Praktiker geht", verteidigt hingegen Vorstandschef Hafner den Deal. "Eine andere Möglichkeit, den Umbau zu finanzieren, sehe ich zurzeit nicht." Spätestens 2014 soll Praktiker nach seinen Plänen wieder Gewinne schreiben.