Traditionsname bleibt auch nach der Übernahme erhalten: Jobgarantien für die 1500 Beschäftigten lehnt Star Capital Partners allerdings ab.

Hamburg. Es ist ein historischer Einschnitt für Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss. Nach fast 135 Jahren kommt das Unternehmen in britische Hände. Der Finanzinvestor Star Capital Partners und ThyssenKrupp, der Mutterkonzern der Werft, haben den angekündigten Kaufvertrag unterzeichnet. Damit werden die Engländer den zivilen Bereich mit knapp 1500 Beschäftigten übernehmen. Dazu gehören der Neubau, die Reparatur und der Maschinenbau von Blohm + Voss.

+++ Hintergrund: Das ist Blohm + Voss +++
+++ ThyssenKrupp setzt auf militärischen Schiffbau +++

Einen Kaufpreis nannte der Chef der ThyssenKrupp Werftenholding TKMS, Hans Christoph Atzpodien, nicht. Die Summe dürfte, je nach Rechenmodell, im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich liegen. Dem Geschäft müssen noch der Aufsichtsrat des Stahlkonzerns, die Fusionskontrolle und die Bundesregierung zustimmen, weil eine Veräußerung von Rüstungsbetrieben - Blohm + Voss baut derzeit vier Fregatten für die Deutsche Marine - nach dem Außenwirtschaftsgesetz geprüft werden muss. "Wir sehen dabei aber keine unüberwindlichen Hindernisse", sagte Atzpodien.

Die Briten, die vor allem in die Bereiche Telekommunikation, Gesundheit, Verkehr und Abfallwirtschaft investiert haben, können bislang keine Erfahrung im Schiffbau vorweisen. In Deutschland sind sie unter anderem an Altenheimen beteiligt. Das bisherige Hamburger Management von Blohm + Voss unter Führung von Herbert Aly soll nach dem Willen der Engländer die Werft weiter leiten, die dringend neue Aufträge braucht. Für Blohm + Voss gebe es derzeit "sehr reelle Chancen" für einen Megayachtauftrag, sagte gestern TKMS-Chef Atzpodien. Zudem liege eine Absichtserklärung für eine größere Reparatur im Windkraftbereich vor.

"Mit dem neuen Eigentümer ist eine wichtige Weichenstellung zur Sicherung der Arbeitsplätze und der Zukunft des Schiffbaus bei Blohm + Voss erfolgt", sagte Atzpodien. Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) wertete den Verkauf ebenfalls als "positives Signal für den maritimen Standort Hamburg". Neben den Arbeitsplätzen werde das Know-how der Fachkräfte erhalten. Allerdings gibt es keine verbindliche Beschäftigungszusage. "Wir haben niemandem irgendwelche Garantien gegeben", sagte der Chef von Star Capital Partners, Tony Mallin. Er betonte zugleich, sein Unternehmen habe Arbeitsplätze gesichert, die sonst verloren gegangen wären.

"Die 1500 Arbeitsplätze müssen erhalten bleiben, und die Tarifverträge dürfen nicht infrage gestellt werden", forderte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Meinhard Geiken. "Wir haben die Entscheidung mitgetragen", äußerte sich Manfred Csambal, Betriebsratschef von Blohm + Voss Repair.

Der englische Finanzinvestor war der letzte verbliebene Bewerber für Blohm + Voss. Der Verkauf an die Schiffbauholding Abu Dhabi Mar war im Sommer gescheitert. Vergangene Woche hatte auch der Bremer Werftenchef Friedrich Lürßen sein Übernahmeangebot zurückgezogen. Er sah keine Erfolgschancen mehr, weil sowohl das Management als auch die Betriebsräte seine Offerte abgelehnt hatten.

Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Übernahme

Die Entscheidung ist gefallen. Hamburgs Traditionswerft Blohm + Voss wird an den britischen Finanzinvestor Star Capital Partners verkauft. Nach dem positiven Votum im Aufsichtsrat der ThyssenKrupp Werftenholding TKMS wurde nun auch der Kaufvertrag unterzeichnet. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen für die Zukunft des im Jahr 1877 von Hermann Blohm und Ernst Voss gegründeten Schiffbauunternehmens.

Wie sehen die Pläne der Briten aus?

Der Finanzinvestor wird bis zum Jahr 2018 die vier Fregatten für die Deutsche Marine in Hamburg fertig bauen lassen. Im Neubau soll das alte Management, das übernommen wird, aber vor allem Aufträge für Megayachten hereinholen. Derzeit stehen die Chancen für einen Auftrag durch einen russischen Interessenten nicht schlecht. So sei bereits ein Konstruktionsauftrag eingegangen. Insgesamt will Star Capital Partners "um die Wachstumschancen für die Zukunft zu sichern, eine signifikante Summe bereitstellen", wie das Unternehmen gestern mitteilte. Chancen sehen die Briten aber auch in der Reparatur und im lukrativen Maschinenbau von Blohm + Voss. So gibt es etwa eine Absichtserklärung für einen Reparaturauftrag im Offshore-Bereich. Allerdings wollen Finanzinvestoren die von ihnen übernommenen Unternehmen zumeist nach einigen Jahren mit Gewinn weiterverkaufen. "Dies macht uns Sorgen", sagte der Sprecher der IG Metall Küste, Heiko Messerschmidt. Er geht davon aus, dass Blohm + Voss nun drei bis fünf Jahre Zeit bleiben, um sich für die Zukunft zu wappnen.

Wie sicher sind die Jobs?

Hätte ThyssenKrupp nicht verkaufen können, wären in jedem Fall Arbeitsplätze in Hamburg weggefallen. Denn der Stahlkonzern will künftig keine Yachten mehr bauen. Hans Christoph Atzpodien, der Chef der Werftenholding TKMS, hatte zuletzt davon gesprochen, dass bis zu 240 Jobs zur Disposition stehen könnten. Die Briten wollen jetzt alle 1500 Mitarbeiter im zivilen Schiffbau übernehmen. Sie haben sich auch bereit erklärt, die "Steinwerder Erklärung" zu unterschreiben, die die Standortsicherung, die Tarife und den Umgang mit den Mitarbeitern festschreibt. "Das bedeutet für uns eine Perspektive, weil die Produktion auch künftig fortgesetzt werden soll. Es ist aber keine einklagbare Beschäftigungssicherung", sagt Manfred Csambal, der Betriebsratsvorsitzende von Blohm + Voss Repair. "Wir haben niemanden irgendwelche Garantien gegeben", bestätigte gestern auch Tony Mallin, der Chef von Star Capital Partners. Er sehe aber auch Chancen, in Hamburg künftig Arbeitsplätze zu schaffen.

Kann die Übernahme von Blohm + Voss noch scheitern?

Das scheint derzeit kaum mehr möglich. Zustimmen muss zwar neben dem Aufsichtsrat des Stahlkonzerns und der Fusionskontrolle laut ThyssenKrupp auch noch die Bundesregierung. TKMS-Chef Atzpodien sieht aber bei diesen Entscheidungen "keine unüberwindlichen Hindernisse". Der Beschluss bei ThyssenKrupp soll bis zur Hauptversammlung des Konzerns am 20. Januar fallen. Beim Bundeswirtschaftsministerium sei der Verkauf zwar bekannt, sagte eine Sprecherin gestern dem Abendblatt. Wie schnell aber jetzt entschieden werden könne, sei derzeit offen. Näheres wollte das Ministerium dazu gestern aber nicht mitteilen.

Welche Firmen von Blohm + Voss bleiben nach dem Verkauf bei ThyssenKrupp?

In Hamburg und Emden wird ThyssenKrupp die Blohm + Voss Naval mit 500 Mitarbeitern behalten. Das Unternehmen kümmert sich um das Engineering, die Steuerung und den Einkauf beim Bau von Fregatten und Korvetten. 40 Beschäftigte werden zudem in Hamburg für die Zentrale der Holding TKMS arbeiten. ThyssenKrupp wird sich künftig ausschließlich auf den Marineschiffbau konzentrieren. Dazu gehört der U-Boot-Bau mit 2200 Mitarbeitern bei HDW in Kiel und die schwedische Werft Kockums. Dort sind 1000 Mitarbeiter beschäftigt.

Wie soll künftig der Schiffbau in Hamburg geregelt werden?

ThyssenKrupp will sich die Chance offenhalten, von Blohm + Voss Naval hereingeholte Aufträge auch in Hamburg bauen zu lassen. "Unter dem neuen Eigentümer kann die Werft dann als Dienstleister für uns fertigen", sagte Atzpodien. Immer mehr Staaten, die Marineschiffe bestellen, legen aber Wert darauf, dass Neubauten im eigenen Land gefertigt werden. Dann würden Mitarbeiter von Blohm + Voss Naval den Bau im Ausland organisieren. Weil die Deutsche Marine kaum mehr bestellen wird, wird der Export im Marineschiffbau immer wichtiger.

Wer kann künftig den Namen von Blohm + Voss nutzen?

Das werden sowohl Star Capital Partners als auch ThyssenKrupp tun. So wird der Traditionsname weiter für alle Unternehmen stehen - nur, dass sie künftig zwei Gesellschaften gehören.

Was ist der Hintergrund für den Ausstieg von ThyssenKrupp?

Die Strategie des Konzerns geht dahin, sich vom traditionellem Schiffbau zu trennen. Hier haben Korea und China längst weltweit die Führung übernommen. Aus dem 2005 zusammengelegten Werftenverbund TKMS wurden bereits die Nobiskrug-Werft verkauft und der Standort Emden zum größten Teil an Siag Schaaf, einen Hersteller von Windkraftanlagen, abgegeben. Auch die griechische Hellenic Shipyards hat einen neuen Eigner und den zivilen Schiffbau von HDW, HDW Gaarden, übernahm der neue Eigner der Nobiskrug-Werft, die Schiffbauholding Abu Dhabi Mar. Mit der Einigung mit Star Capital Partners über Blohm + Voss "sind wir jetzt da, wo wir sein wollen", sagte TKMS-Chef Atzpodien.