Unternehmen im Norden trotzen dem Krisengerede. Durchschnittseinkommen in der Branche liegt bei 46 000 Euro. Junge Leute werden gesucht.

Hamburg. Die Liste der Stellenangebote auf den Internetseiten mancher Unternehmen ist derzeit überraschend lang. Gesucht werden Entwicklungsingenieure, Konstrukteure, IT-Spezialisten, Logistiker, Controller, Schweißer, Metallbauer, Sekretärinnen oder auch Kaufleute. Der Gabelstaplerbauer Still hat allein 30 Stellen im Service ausgeschrieben, insbesondere für Techniker. Die Körber AG sucht 20 Ingenieure für ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Auch der Flugzeugbauer Airbus braucht noch zahlreiche Fachkräfte für seine Produktion sowie Entwicklungsingenieure im Finkenwerder Werk - und will damit in diesem Jahr allein 800 neue Stellen in Hamburg geschaffen haben.

Wer in der Metall- und Elektroindustrie einen Arbeitsplatz sucht, hat derzeit gute Chancen auf Erfolg. Trotz Euro-Krise zeigt sich die Lage in der Branche stabil. "Wir bauen nach wie vor Beschäftigung auf, bilden auf höchstem Niveau aus und investieren", fasste gestern der Vorstand des Arbeitgeberverbands Nordmetall, Thomas Lambusch, das Ergebnis einer Umfrage unter den 250 Mitgliedsunternehmen zusammen. "Jedes fünfte Unternehmen will neue Arbeitsplätze schaffen." Nur noch 7,4 Prozent planen Stellenstreichungen, während 72,2 Prozent ihren Personalstand stabil halten wollen.

"Die Metall- und Elektroindustrie ist wie ein Fels in der Brandung. Wenn die Schuldenkrise und Verunsicherung der Finanzmärkte nicht wären, ginge es noch mehr Firmen blendend", sagte Lambusch. Die Branche biete beste Einkommens- und Karriereperspektiven. Schon heute arbeiteten 3,6 Millionen Menschen bundesweit in der Metall- und Elektroindustrie, davon rund 110 000 im Norden. Der Durchschnittsverdienst liege bei 46 000 Euro. Mit einer Kampagne will der Verband jetzt mehr junge Leute und vor allem Frauen gewinnen, die mit einem Anteil von 20 Prozent in der Branche noch unterrepräsentiert seien.

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Trotz negativer Konjunkturprognosen melden die meisten Unternehmen im Norden - Hamburg, Schleswig-Holstein, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und dem Nordwesten Niedersachsens - gute Geschäfte. Die Auslastung der Betriebe liege bei 88,6 Prozent und damit über dem langjährigen Durchschnitt von rund 85 Prozent. 48 Prozent der befragten Firmen bezeichnen ihre Lage als "gut", weitere 30 Prozent als "saisonüblich". Damit liegt die Bewertung auf dem Niveau vom Frühjahr. Auch bei den Skeptikern hat sich nichts bewegt. 19 Prozent der Firmen bezeichnen ihre Lage als unbefriedigend, drei Prozent als schlecht. Der Auftragsbestand sei für 78 Prozent "okay".

Hauptmotor des Geschäfts ist der Export. 57 Prozent der Unternehmen verkaufen mehr als die Hälfte ihrer Produkte ins Ausland. Nur rund 22 Prozent konzentrieren sich auf das Inlandsgeschäft. "Damit ist der Export auch in Norddeutschland eine Wohlstandsstütze", sagte Nordmetall-Hauptgeschäftsführer Thomas Klischan. Beim Blick in die Zukunft geht die Euphorie allerdings etwas zurück. Nur noch 22 Prozent erwarten eine Verbesserung ihrer Geschäfte, während sich die Zahl der Pessimisten auf 16,5 Prozent verdoppelt hat. Der Großteil der Unternehmen - 87 Prozent - will seine Investitionen aber unverändert realisieren.

Um die Folgen eines weiteren Konjunktureinbruchs für den Arbeitsmarkt abzufedern, forderte der Nordmetall-Vorstand die Bundesregierung auf, erneut Sonderregeln zur Kurzarbeit einzuführen. Für die nächste Tarifrunde im Frühjahr 2012 setzt Lambusch zudem auf einen vernünftigen Abschluss. Möglich sei nur, was finanzierbar sei. Der Abschluss in der Stahlindustrie, für den die Gewerkschaft ein Lohnplus von sieben Prozent anstrebt, sei nicht übertragbar. Auch einer unbefristeten Übernahme von Auszubildenden werde Nordmetall nicht zustimmen.

Mindestlöhne seien für Nordmetall wiederum kein Thema, "da unsere Tarife deutlich darüberliegen". Lambusch zeigte aber grundsätzlich Verständnis für die Forderung, lehnt aber eine gesetzliche Regelung ab. "Menschen, die einen anständigen Beruf ausüben, müssen auch von dem Verdienst leben können." Die Lohnhöhe sollte jedoch von den Tarifpartnern festgelegt werden.