Zerspanungsmechaniker Klaus-Dieter Scheel steuert und programmiert Maschinen, die auf Hundertstel Millimeter genau arbeiten.

In der Halle des Schweißsysteme-Herstellers Dinse laufen die Maschinen auf Hochtouren. Mittendrin steht Klaus-Dieter Scheel an der NEF320, einer computergesteuerten Werkzeugmaschine: "Das hier ist ein Hightech-Job", sagt der 59-Jährige, der vor gut 20 Jahren eine Ausbildung zum Dreher gemacht hat.

Inzwischen nennt sich sein Beruf Zerspanungsmechaniker Fachrichtung Drehtechnik. Nicht nur die Bezeichnung hat sich geändert, auch die Prozesse. Es geht zwar immer noch ums Drehen, Schleifen und Fräsen von Metall, Kunststoff oder Holz. "Aber heute übernehmen technisch hochgerüstete Maschinen einen Großteil der Arbeit", sagt Scheel. Handarbeit sei zwar immer noch gefragt, aber längst nicht mehr in allen Bereichen. Stattdessen wichtig: umfangreiches Know-how rund um die Technik und CNC-Maschinen. Die Abkürzung CNC steht für "computerized numerical control" - computergesteuert. Die Technologie ermöglicht es, komplexe Werkstücke absolut präzise in rasantem Tempo herzustellen.

"Eine mechanisch gesteuerte Maschine kann da nicht mithalten", sagt Scheel und gibt die Programmnummer für eine Serie von 35-Millimeter-Isolierhülsen ein. Auf einem kleinen Bildschirm verfolgt er, welcher Arbeitsgang gerade läuft. Nachdem er das Rohmaterial, eine ein Meter lange Kunststoffstange, in die Maschine eingespannt hat, misst er die Länge für die erste Hülse mit einem digitalen Messschieber nach. Dann drückt er einen Knopf, und wenig später rattern die Hülsen in den Auffangkorb. Ob Hülse, Gasdüse oder Kontaktspitze: "Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass ohne diese kleinen Teile hochmoderne Geräte wie Schweißroboter nicht funktionieren", sagt Scheel.

Sein Arbeitstag beginnt um sieben Uhr. Zuerst prüft er die computergesteuerten Werkzeugmaschinen, die die ganze Nacht durchgelaufen sind und kontrolliert, ob die Werkzeuge der Maschinen alle intakt sind. Dann wirft er einen Blick auf Öl- und Kühlmittelstand. Anschließend sichtet Scheel die produzierten Teile. Das Programm für Schweißroboter-Kontaktspitzen fertigt in einer Nacht mehrere Tausend Teile.

"Bei einem Werkstück von fünf Millimeter Länge beträgt die Fehlertoleranz gerade mal fünf Hundertstel Millimeter", sagt Scheel. Nachlässigkeit könne man sich bei solchen Vorgaben nicht leisten. Dann bereitet er die nächsten Aufträge vor. Dafür wählt er die Werkzeuge aus und richtet je nach Anforderung Gravur-, Fräs-, Dreh- und Bohrmaschine ein. Als Grundlage dienen technische Zeichnungen, die der Zerspanungsmechaniker ebenso lesen können muss wie die Maschinen programmieren. Ein kleiner Rechenfehler kann teuer werden, denn er macht unter Umständen Tausende von produzierten Werkstücken unbrauchbar.

Wenn die Technik hakt, untersucht Scheel das Programm auf Fehler. "Dabei gehe ich die unterschiedlichen Befehle der Verfahrensschritte am Bildschirm durch." Einige Programme laufen eine Dreiviertelstunde und umfassen 100 Sätze oder mehr. Wenn er den Fehler gefunden hat, korrigiert er ihn in der Software. "Ohne Computer läuft fast nichts mehr", sagt Klaus-Dieter Scheel. Durch die Rechner sei die Produktivität enorm gestiegen.

Bei Dinse ist die Produktion in zwei Bereiche eingeteilt: Die Großserienfertigung mit den CNC-Maschinen und die Kleinserienfertigung mit CNC und konventionellen mechanischen Werkzeugmaschinen. Darauf werden zum Beispiel Prototypen per Hand hergestellt - das können dann auch schon mal in fünf Stunden nur fünf Gasdüsen sein. "Mit solchen Einzelanfertigungen erprobt der Kunde dann die Optimierung seiner Verfahren", sagt Scheel, der bis vor knapp zwei Jahren in der Kleinserienfertigung arbeitete. An den konventionellen Arbeitsabläufen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten wenig geändert. "Jedes Material lässt sich anders verarbeiten, dafür braucht man Erfahrung", sagt Scheel. Heute werde aber immer auch das technische Wissen rund um die computergesteuerte Fertigung vorausgesetzt.

Klaus-Dieter Scheel hat sich dieses Wissen mit 53 Jahren über eine private CNC-Weiterbildung angeeignet - nachdem er arbeitslos geworden war. "Ich wurde dann vom Fleck weg eingestellt", sagt er. Auch jetzt sucht sein Arbeitgeber Dinse wieder händeringend nach einem Zerspanungsmechaniker. Aufgrund des geringen Angebots solcher Fachkräfte greift das Unternehmen inzwischen zu einer Maßnahme mit Strahlkraft: Vor dem Firmengebäude hält ein Roboter ein leuchtendes LED-Display mit dem Stellenangebot hoch.