Nach der Telefon-Kündigung muss Carol Bartz den Internetkonzern verlassen. Jetzt rechnet sie öffentlich knallhart mit dem Verwaltungsrat ab.

San Francisco. Klare Worte nach Telefon-Kündigung: Die ehemalige Yahoo-Chefin Carol Bartz rechnet in einem Interview mit dem Yahoo-Verwaltungsrat ab: „These people fucked me over“, sagte sie in einem Interview gegenüber dem US-Magazins "Fortune". Etwas milder übersetzt: „Diese Leute haben mich verarscht“. Bartz rekapituliert das Telefongespräch zwischen ihr und Verwaltungsratschef Roy Bostock ausführlich: Demnach war sie gerade in New York um am nächsten Tag auf einer Konferenz zu sprechen. Bostock hätte sie gebeten ihn um 18 Uhr anzurufen. „Ich rief ihn um 18:06 Uhr an.“ Dann begann der Verwaltungsratchef ihr ein von Anwälten vorbereitetes Schreiben vorzulesen.

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Bartz unterbricht ihn, sie habe gemerkt, dass es sich um eine Vorlage handelt und fragt Bostock, warum er nicht "die Eier" habe, es ihr selbst zu sagen? Doch Bostock liest, nach Bartz-Schilderungen, weiter. Als er fertig ewesen sei, habe sie gesagt: „Ich hab's kapiert.“ Und: „Ich dachte, Du hättest mehr Klasse.“ Während ihrer Schilderungen steigert sich Bartz wütend weiter. Die Verwaltungsräte seien „Blödmänner“. Bartz verbale Ausfälle gelten für amerikanische Verhältnisse derart derb, dass sich manche US-Zeitung weigert, das Gesagte komplett zu Papier zu bringen. So liest sich ein Bericht des „Wall Street Journal“ wie das Ergebnis von einem Lückentext: „Vielleicht ist dieses Interview ein 'F--- You' zu weit gegangen“, schrieb die renommierte Wirtschaftszeitung.

Die Reaktionen der Medien auf das Interview schwanken zwischen Spott und Verägerung. So schreibt die Technologie-Bloggerin Kara Swisher, dass sie das Wort "Blödmänner" zuletzt als Achtjährige im Gerangel um die Schaukel auf dem Spielplatz gehört habe. Das Magazin „Forbes“ befindet, Bartz spielt die „Opferkarte“. Dabei solle sie sich doch lieber damit abfinden, dass die Aufgabe eine Nummer für sie zu groß gewesen sei. Die Sache mit den „Blödmännern“ könnte Bartz übrigens teuer zu stehen kommen. Nach Informationen von „Fortune“ hatte sie in ihrem Vertrag eine Klausel, die es ihr verbietet, öffentlich über das Unternehmen herzuziehen. Die Schimpf-Attacke könnte Yahoo einen Grund liefern, die rund zehn Millionen Dollar zurückzuhalten, die Bartz für die restliche Laufzeit ihres Vertrages noch zustehen. Es dürfte das erste Mal in der Geschichte sein, dass das Wort „Doofus“ („Blödmann“) ein Vermögen kostet, ulkte „Fortune“.

Bis ein Nachfolger gefunden für Bartz gefunden ist, soll Finanzchef Tim Morse den Konzern führen, dem stagnierende Umsätze und Streitereien mit dem chinesischen Partner Alibaba zu schaffen machen. An der Börse fiel die Reaktion auf den Rauswurf eindeutig aus: Die Aktie legte zeitweise um zwölf Prozent zu.

"Ich bin sehr traurig, Ihnen mitzuteilen, dass ich eben von Yahoos Verwaltungsratschef am Telefon gefeuert worden bin", schrieb Bartz in einer E-Mail an die Mitarbeiter. Die Entscheidung über den Rausschmiss war einem Insider zufolge vergangene Woche im Verwaltungsrat einstimmig von acht Mitgliedern getroffen worden. Bartz und Mitbegründer Jerry Yang hätten an der Abstimmung nicht teilgenommen. Verwaltungsratschef Bostock hatte Bartz noch im Juni öffentlich den Rücken gestärkt, als sie Kritik von Börsianern auf sich zog. An der Wall Street waren dennoch nur wenige über die Kündigung überrascht, nachdem das Umsatzwachstum des Internetpioniers ins Stocken geraten war. Einige Analysten werteten Bartz' Karriereende als Offenbarungseid für Yahoo, nachdem das Unternehmen seine Suchmaschine an Microsoft abgegeben hat und im Konkurrenzkampf um Werbekunden gegen Google auf keinen grünen Zweig kam. Bartz war 2009 zu Yahoo gekommen und sollte als kampferprobte Software-Managerin den Niedergang stoppen. Sie folgte auf Mitbegründer Yang, der zuvor ein 47,5 Milliarden Dollar schweres Übernahmeangebot von Microsoft ausgeschlagen hatte.

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Yahoo ist eine der meistbesuchten Seiten im Internet, allerdings verschärft sich der Wettbewerb mit sozialen Netzwerken wie Facebook und dem Internetriesen Google. Mit weltweit 13 600 Mitarbeiter erzielte Yahoo zuletzt einen Umsatz von 6,33 Milliarden Dollar. Marktforschern zufolge wird Facebook 2011 Yahoo bei den US-Werbeeinnahmen überholen. Nun soll bei Yahoo ein neues Exekutivkomitee Interimschef Morse beim Tagesgeschäft unter die Arme greifen und eine "umfassende Strategierevision" erarbeiten.

Experten sind jedoch skeptisch. "Es ist schwer zu sagen, welche Richtung sie einschlagen werden. Sie sind mit der Suchmaschine am Ende, sie haben es als Medienunternehmen versucht, sie haben keine Perspektive mehr im Werbemarkt", sagte Michael Yoshikami von der Beratungsfirma YCMNet. Es dränge sich die Frage auf, ob Yahoo nun reif für eine Übernahme sei.