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Baustopp für Kohlekraftwerk an der Ems

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Der Staatsrat in Den Haag hat das Bauvorhaben eines Kohlekraftwerks gekippt. Die notwendigen Baugenehmigungen wurden RWE entzogen.

Emden. Schwerer Schlag für den Energieriesen RWE: Aus den umstrittenen Plänen, ein neues Kohlekraftwerk auf der holländischen Seite der Emsmündung zu bauen, wird wohl nichts. Der Staatsrat in Den Haag hat das Bauvorhaben gekippt und die notwendige Genehmigung für das Kraftwerk entzogen. Die höchste Gerichtsinstanz der Niederlande erklärte die 2008 erteilten Bau- und Betriebsgenehmigungen der RWE-Tochter Essent in Eemshaven für nichtig. Begründung: Es gebe keine ausreichenden Untersuchungen über die Auswirkungen, die das Kraftwerk auf die Natur im Wattenmeer und den ostfriesischen Inseln habe. Umweltschützer die schon lange gegen das Bauprojekt mobilisiert haben, zeigten sich vom Urteil erfreut. Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace hatten die Baustelle des Kraftwerks bereits im Dezember 2010 in einer spektakulären Aktion besetzt. Doch noch ist die Freude nicht von Bestand, denn die konkreten Folgen für das Bauvorhaben sind noch nicht abschließend geklärt.

Denn eine Revision des Urteils ist zwar nicht möglich, RWE könne aber die erforderlichen Baugenehmigungen erneut beantragen. Ob es in der Zwischenzeit zu einem Baustopp kommt, oder das bereits angelaufene Projekt weitergführt wird, liege in der Entscheidungsgewalt des Landwirtschafts- und Umweltministeriums sowie der Provinzen Groningen und Friesland. RWE müsse den komplexen Gerichtsentscheid zunächst analysieren, ehe etwas zu möglichen Folgen für das Kraftwerksprojekt gesagt werden könne, erklärte eine RWE-Sprecherin in Essen.

Das geplante Kraftwerk sollte das größte der Niederlande werden und war für die Versorgung des inländischen Marktes vorgesehen. Insgesamt kostet der Bau, der 2009 begonnen wurde, 2,9 Milliarden Euro. Mit seinem Urteil bekräftigte der Staatsrat die Klage von Umweltverbänden. Weitere Umweltklagen gegen das Kraftwerk sind beim Staatsrat anhängig, über sie soll am 5. September entschieden werden. Das höchste Gericht stoppte am Mittwoch ebenfalls die Pläne zur Vertiefung der Außenems, gegen die es etliche Klagen auch aus Deutschland – etwa aus Borkum – gegeben hatte. Die Vertiefung ist unter anderem zur Anlieferung der Kohle für das Kraftwerk auf dem Seewege nötig. Die vom Gericht beanstandeten Pläne könnten aber nachgebessert werden, sagte die Gerichtssprecherin.

Deutsche und niederländische Umweltschützer befürchten Schäden für die Dollart-Region und das Wattenmeer, wenn die Ems für große Kohlefrachter weiter ausgebaggert wird. Davon seien Fischer betroffen, die Verschlickung nehme zu, und bei Sturmfluten stiegen die Gefahren für Borkum und die Deiche im gesamten Ems-Dollart-Raum. Freude über die Gerichtsentscheide gab es bei Umweltschützern in den Niederlanden und Ostfriesland sowie im Nordseeheilbad Borkum. „Das ist ein großartiger Erfolg“, sagte Borkums Bürgermeisterin Kristin Mahlitz (SPD), „der jahrelange Widerstand an der Küste gegen die niederländischen Projekte hat sich gelohnt“. Die „Bürgerinitiative Saubere Luft Ostfriesland“ sprach von einem durchschlagenden Erfolg: „Wir freuen uns ohne Ende, da Berufungen gegen diese Beschlüsse nicht möglich sind“, sagte Sprecher Johann Smid. RWE habe ohne eine letzte fehlende Genehmigung gebaut und nun die Quittung bekommen. Nun seien alle Genehmigungen widerrufen, ein neues Verfahren erscheine aussichtslos.

Es war nicht der erste Versuch den Bau des Kraftwerks gerichtlich zu unterbinden. Schon im Mai waren deutsche und niederländische Umweltverbände vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gescheitert. Damals wies das Gericht in Luxemburg die Beschwerde gegen die Bau- und Betriebsgenehmigung in Eemshaven ab. Mittlerweile regt sich vermehrt Wiederstand gegen mehrere geplante Kraftwerke an der Emsmündung. Dabei hatten Umweltschützer bereits vor der Entscheidung des Staatsrates einen Etappensieg errungen. Die niederländische Vattenfall-Tochter Nuon hatte im April angekündigt, ihr ebenfalls in Eemshaven im Bau befindliches Kraftwerk bis 2020 zunächst nur mit Erdgas zu betreiben. Ursprünglich sollten dort auch Kohle und Biomasse verfeuert werden. (abendblatt.de/dpa)

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