Erneuerbare Energien stehen im Mittelpunkt. Maschinenbauer, Elektrotechnikbranche und Autoindustrie sind optimistisch.

Hamburg. Die Ereignisse in Japan geben einigen der Leitthemen der diesjährigen Hannover Messe eine ungeahnte Aktualität: Um Ressourceneffizienz und erneuerbare Energien soll es gehen. Doch nicht nur aus diesem Grund sind die Veranstalter der weltgrößten Industrieschau, die gestern eröffnet wurde, sehr zuversichtlich: "Wir haben die richtigen Themen, ein hohes Maß an Internationalität und gute konjunkturelle Voraussetzungen", sagt Wolfram von Fritsch, Chef der Deutschen Messe. "Wir erwarten die stärkste Hannover Messe seit zehn Jahren."

Mehr als 6500 Aussteller aus 65 Ländern sind angemeldet. "Mit 230 000 Quadratmetern Nettoausstellungsfläche ist das Gelände ausgebucht", sagt Doris Petersen, Bevollmächtigte für Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, dem Abendblatt. Zum Vergleich: In dem vom Messeturnus her vergleichbaren Jahr 2009 präsentierten sich 6150 Aussteller aus 61 Nationen auf 224 000 Quadratmeter Fläche.

In Hannover vertreten sind knapp 50 japanische Unternehmen. "Es gab keine Absage aus Japan", so Petersen. Mit Blick auf die Atomkatastrophe dort und die Diskussionen über alternative Formen der Stromerzeugung merkt sie an: "Dies ist die einzige Messe weltweit, die die komplette Wertschöpfungskette der Energieerzeugung abbildet."

In diesem Jahr ist auch die Windkraftbranche wieder dabei, die sich im Vorjahr in Husum traf. "Gerade für Hamburg ist dies ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig", sagt Petersen. Einer der 48 Aussteller aus der Hansestadt ist der Windenergieanlagenbauer PowerWind, der sich zum ersten Mal auf der Hannover Messe vorstellt. Den Einzelstand auf 55 Quadratmetern lässt sich das 2007 gegründete Unternehmen rund 75 000 Euro kosten. "Wir stellen unsere Anlage mit einer Leistung von 850 Kilowatt mit um zwei auf 29 Meter Länge vergrößerten Rotorblättern vor", sagt Firmen-Sprecher Christoph Brösamle. Diesen neuen Typ will die Firma vor allem in Deutschland verkaufen, weil er für geringe Windgeschwindigkeiten im Binnenland geeignet ist. Für PowerWind arbeiten 150 Mitarbeiter. In Hamburg sind 60 Ingenieure in Forschung und Entwicklung tätig. Die Produktion ist in Bremerhaven angesiedelt. Insgesamt hat das Unternehmen bisher 125 Anlagen verkauft. "Wir haben den Umsatz von Jahr zu Jahr verdoppelt", sagt Brösamle.

Seit immerhin zehn Jahren ist die Hamburger Firma PowerTherm mit ihren Mini-Blockheizkraftwerken am Markt. "Wir fühlen uns auf der Messe in diesem Jahr besonders gut aufgehoben", sagt Geschäftsführer Axel Munsch, "denn im Hinblick auf die Energieeffizienz steht die Kraft-Wärme-Kopplung ganz oben." Blockheizkraftwerke erzeugen am Ort des Bedarfs gleichzeitig Strom und Wärme - und senken nach Angaben der Firma die CO2-Emissionen im Vergleich zur zentralen Stromerzeugung um bis zu 70 Prozent.

"Wir rüsten insbesondere mittelständische bis größere Betriebe mit unseren Anlagen aus", erklärt Munsch. Die Geräte sind zwar nicht größer als ein normaler Brennwertkessel für ein Einfamilienhaus, aber sehr viel leistungsfähiger und mit rund 40 000 Euro auch deutlich teurer. Mehr als 100 dieser Minikraftwerke will Munsch in diesem Jahr verkaufen. Hinter PowerTherm steht ein traditionsreiches Hamburger Unternehmen: Die Muttergesellschaft Spilling wurde im Jahr 1890 als Hersteller von Schiffsmaschinen gegründet.

Auch die gesamte Elektrotechnikbranche, eine der vier großen Industriesparten, sieht sich gut positioniert: "Die größte Energiequelle ist die Energieeffizienz, und genau dafür stehen unsere Technologien", sagt Andreas Gontermann, Chefvolkswirt des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). "Nach einer unerwartet kräftigen Erholung im vergangenen Jahr deutet alles darauf hin, dass sich die Aufwärtstendenz in diesem Jahr fortsetzt, wenn auch nicht ganz im bisherigen Tempo." Rund 80 Prozent der Unternehmen wollen die Stammbelegschaft weiter aufstocken (siehe auch Grafik). Zuletzt kamen allerdings Befürchtungen auf, zeitweilige Produktionsausfälle bei japanischen Firmen könnten die Zulieferkette gefährden. "Ich habe aber noch von keinen Verwerfungen gehört", so Gontermann.

Ebenfalls optimistisch für 2011 ist Ralph Wiechers, Chefvolkswirt des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Zwar müsse man "die externen Risiken wie die Ereignisse in Japan und Nordafrika sowie den Euro im Blick behalten." Der Maschinenbau profitiere aber von der starken Dynamik in Ostasien und in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China). "Zudem spüren wir, dass im Euro-Raum die Konjunktur besser in Gang kommt - trotz der Probleme in den Mittelmeerstaaten."

Auch die Stimmung in der chemischen Industrie ist nach Angaben des Branchenverbands VCI gut. Das Wachstumstempo werde sich aber verlangsamen. "Zusätzlich drohen durch Spekulationen und die instabile Lage in den arabischen Ländern kräftige Preissteigerungen bei den Rohstoffen", heißt es.

Die Automobilindustrie erwartet für 2011 ein Plus der Inlandsproduktion um fünf Prozent auf 5,8 Millionen Einheiten, der Export soll ebenfalls um fünf Prozent auf 4,4 Millionen Pkws zulegen. Davon wird nach Angaben des Verbands VDA die Beschäftigung im Inland profitieren. Auch hier gilt: "Die Risiken aus den Ereignissen in Japan lassen sich noch nicht genau abschätzen."

Insgesamt muss die Industrie bei der Beschäftigung allerdings noch aufholen: Während die vier großen Branchen im vergangenen Jahr den Umsatz um zusammen rund 14 Prozent steigerten, sank die Zahl der Arbeitsplätze um etwa 42 000.