Die Branche fordert für sich selber Mindestlöhne zum Schutz gegen Lohndumping. Die Zeitarbeitsbranche wird die Millionengrenze knacken.

Hamburg. Die Zeitarbeitsunternehmen zählen derzeit zu den größten Jobmotoren am Arbeitsmarkt. In fast allen Branchen werden händeringend Fachkräfte gesucht, selbst Hilfskräfte sind in einigen Bereichen knapp. "Wir rechnen in diesem Jahr mit einem zweistelligen Wachstum bei den Mitarbeitern. 2011 wird die Zeitarbeitsbranche erstmals die Millionengrenze bei den Beschäftigten überschreiten", sagte der Präsident des Bundesverbands Zeitarbeit (BZA), Volker Enkerts, dem Abendblatt. Nach neuesten Zahlen arbeiteten im Oktober bundesweit 923 000 Menschen in der Branche. In Hamburg entstand mehr als jeder vierte neue Job - insgesamt 4642 - in der Zeitarbeit.

Durch die Wirtschaftskrise erlebte die Branche vor zwei Jahren ihren größten Einbruch. Die Zahl der Beschäftigten sank von 823 000 auf ein Tief von 580 000 Mitarbeitern. "Die Krise haben wir längst abgehakt. Seit April 2009 geht es ständig bergauf", so Enkerts. "Wir profitieren stark von der guten Auftragslage in der Industrie und dem sich abzeichnenden Aufschwung." Zeitarbeit sei für viele Unternehmen ein wichtiges Instrument, um Produktionsspitzen abzudecken. Gleichzeitig biete sie Arbeitslosen ein Sprungbrett in die Beschäftigung. "64 Prozent der Arbeitnehmer in der Zeitarbeit waren vorher arbeitslos", berichtet Enkerts.

In Hamburg suchen viele Zeitarbeitsunternehmen nach Personal. So hat Randstad aktuell 544 Jobs, Adecco mehrere Hundert im Angebot. Gesucht werden Krankenpfleger, Industriemechaniker, Speditions- und Schifffahrtskaufleute bis hin zu Staplerfahrern.

In Hamburg in vielen Bereichen Fachkräftemangel

"In Hamburg besteht in vielen Bereichen bereits Fachkräftemangel", berichtet Enkerts, der zugleich geschäftsführender Gesellschafter des Personalunternehmens Flex-Time ist. So könnten in der Luftfahrt oder dem Gesundheitsbereich freie Stellen oft erst nach mehreren Wochen besetzt werden. "Manche Anfragen können wir gar nicht bedienen", so Enkerts.

Angesichts der für Mai geplanten Öffnung des Arbeitsmarktes für Kräfte aus Mittel- und Osteuropa setzt sich Enkerts für Lohnuntergrenzen ein: "Wir brauchen dringend einen Mindestlohn für die Zeitarbeit, um Lohndumping in der Branche zu verhindern. Es ist wichtig, dass Osteuropäer künftig nicht zu deutlich schlechteren Konditionen ihre Arbeitskraft in Deutschland anbieten und damit den gesamten Markt schädigen." Der Mindestlohn sollte sich an den Zeitarbeitstarifen orientieren, die mit dem DGB ausgehandelt wurden: Das wären 7,79 Euro in Westdeutschland und 6,89 Euro im Osten, schlägt Enkerts vor.