Der Emir von Katar stieg als Großaktionär bei VW ein, will weiter in Deutschland investieren - und holte die Fußball-WM in den Golfstaat.

Hamburg. Es war ein Festtag für die ganze Familie: Der Emir stemmte stolz den WM-Pokal in die Höhe, sein Sohn schlug fassungslos die Hände vor das Gesicht - und seine Gattin strahlte verträumt. Dass die Fußball-WM 2022 im Emirat Katar stattfindet, ist das Ergebnis erfolgreicher Lobbyarbeit der Scheichfamilie. Vater Hamad bin Khalifa Al-Thani hatte viel Geld in die WM-Kandidatur investiert, Milliarden für Sportveranstaltungen und Sportförderung in Afrika ausgegeben. Das sicherte ihm die Sympathien von Joseph Blatter, dem Präsidenten des Weltfußballverbands. Der sportbegeisterte Sohn des Emirs, Scheich Mohammed bin Khalifa Al-Thani, kümmerte sich als Bewerbungschef um das Familienprojekt.

"Ich verspreche Ihnen: Sie werden stolz auf uns und den Mittleren Osten sein", versprach der Emir am Donnerstag. Stolz kann er in erster Linie auf sich selbst sein: Der Emir von Katar hat in den vergangenen Jahren erfolgreich investiert - nicht nur in den Sport.

Hamad bin Khalifa Al-Thani ist der ideale Kunde für deutsche Unternehmen: Sein Land verfügt über die drittgrößten Gasreserven der Welt und wurde durch das Öl reich. Dieser Emir von Katar machte sein Land, das von der Fläche her 15-mal so groß ist wie Hamburg, zu einem der reichsten der Welt. Der IWF sagte Katar für dieses Jahr ein Wachstum von 18,5 Prozent voraus.

Der Emir von Katar, nach offiziellen Angaben 1952 geboren, hatte 1995 seinen Vater unblutig aus dem Amt geputscht. Er liebt Pferde und schöne Autos. Ansonsten macht der Emir eher als Manager von sich reden. Er weiß, dass Öl und Gas nicht ewig verfügbar sein werden. Deshalb gründete er 2005 den Staatsfonds Qatar Investment Authority (QIA). Der Kapitalstock: mehr als 100 Milliarden US-Dollar.

"Keiner drängt so hartnäckig und konkret wie Katar", sagt auch Jürgen Friedrich, Geschäftsführer der Agentur Germany Trade and Invest, die im Auftrag des Wirtschaftsministeriums den Investitionsstandort Deutschland vermarktet. Friedrich hat Rundreisen durch Deutschland organisiert für die Scheichs. Wohin, das darf er nicht sagen. Die Scheichs sind sehr diskret und scheuen die Öffentlichkeit. Friedrich zufolge sind Deutschland und Katar perfekte Partner: "Hohe Innovationskraft trifft auf Kapital - besser geht es nicht", sagt er.

Im vergangenen Jahr ist der Staatsfonds aus Katar bei Volkswagen eingestiegen: Mit 17 Prozent der Stimmrechte sind die Scheichs jetzt der drittgrößte Eigner nach dem Land Niedersachsen und der Porsche Holding - das Geschäft kostete fünf Milliarden Euro. Im Herbst 2009 schlossen die Scheichs mit der Deutschen Bahn den größten Auftrag in der Unternehmensgeschichte ab: Die Bahn soll zusammen mit der deutschen Bauindustrie für etwa 17 Milliarden Euro ein Schienennetz für den Personen- und Güterverkehr am Golf errichten. Zuvor hatten sich die Scheichs schon an der Schweizer Großbank Credit Suisse und der britischen Barclays Bank beteiligt. Und die Shoppingtour geht weiter. Die Katarer interessieren sich in Deutschland besonders für die Automobilindustrie, Chemiebetriebe, Firmen aus den erneuerbaren Energien und der Medizintechnik.

Der Scheich will nicht nur das Geld seines Staatsfonds vermehren, er will sein Land zum Technologie- und Bildungsland machen. Bei seiner Arbeit wird er von seiner Frau Mozah bint Nasser Al-Missned unterstützt. Der Emir hat zwar noch zwei weitere Frauen, aber Mozah ist die einzige, die öffentlich in Erscheinung tritt.

Die Soziologin kontrolliert das Schul- und Erziehungswesen des Landes. Als Sonderbotschafterin der Unesco reist die attraktive Frau, die sich nur dezent verschleiert, um die Welt. Mozah steht für ein neues Frauenbild in der arabischen Welt. Von ihr gibt es Fotos mit unverhüllten Gesichtszügen - ein Novum. Die achtfache Mutter begleitet den Emir zu offiziellen Terminen - ebenfalls ein Novum. "Wenn es der Sache dient, und wenn dabei ein Tabu dazwischentritt, dann brechen wir es eben", sagte sie dazu. Ziemlich offene Worte in einer absoluten Monarchie, in der die Scharia herrscht. Es gibt noch weitere Aufbruchssignale: Der Emir führte das Frauenwahlrecht ein. Frauen dürfen den Führerschein machen und selbst fahren - das geht in anderen Emiraten nicht. Und sie können ihre Kleidung frei wählen.

Bei der Fußball-WM geht es dem Emir aber vor allem darum, seine Leistungsfähigkeit zu beweisen: 50 Milliarden Dollar will er in die Infrastruktur investieren, vier Milliarden Dollar in den Bau von neun neuen Stadien und die Renovierung von drei älteren. Auch die hohen Temperaturen im Wüstenstaat sind kein Problem: Wenn es draußen 50 Grad heiß ist, sollen Klimaanlagen die Stadien auf angenehme 28 Grad abkühlen. Geld spielt keine Rolle.