Planfeststellung für die Elbvertiefung verzögert sich erneut. Bund und Land bekräftigen dennoch Ende 2011 als Termin für Baubeginn.

Hamburg. Hans-Heinrich Witte mühte sich um Gelassenheit. "Das ist keine Verzögerung", sagte er beim gemeinsamen Pressegespräch mit Wirtschaftssenator Ian Karan gestern in der Wirtschaftsbehörde. Der Präsident der Bundesbehörde Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord mit Sitz in Kiel versuchte zu erklären, warum die Planfeststellung für die von Hamburg dringend erwartete Vertiefung und Verbreiterung der Elbfahrrinne erneut später vorgelegt wird als bislang von der Politik annonciert. Nicht mehr in diesem Jahr, sondern wohl erst im ersten Quartal 2011 wird das komplexe Planungsverfahren abgeschlossen sein.

Die Hamburger Stadtpolitik und die Hafenwirtschaft sind hoch nervös. Denn in den beginnenden Aufschwung hinein setzen die Linienreedereien immer mehr Großcontainerschiffe mit 13 000 bis 14 000 Containereinheiten (TEU) in Fahrt, die voll beladen die Elbe nicht mehr passieren könnten. Mit der Vertiefung des Elbgrundes an bestimmten Stellen zwischen Nordsee und Hafen soll die Tiefgangsbeschränkung für Schiffe von 13,50 Meter auf 14,50 Meter erweitert werden. Zudem sind bei Wedel und Brunsbüttel zwei Verbreiterungen geplant, damit die Großschiffe in diesen "Begegnungsboxen" einander passieren können.

Die Zeit drängt, doch Chefplaner Witte kann einen Zeitverlust nicht erkennen: "Entscheidend ist, wann der konkrete Nutzen für die Schifffahrt einsetzt. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass wir Ende 2011 mit dem Bau beginnen können. Rund sechs Monate später wird es für die Schifffahrt bereits einen spürbaren Effekt geben." Unterstützung bekommt er von Enak Ferlemann (CDU), dem parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister: "Der Bund und Hamburg rechnen weiter damit, dass Ende 2011 mit den Bauarbeiten begonnen werden kann, sofern das erforderliche Baurecht vorliegt", teilte dieser gestern mit. Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus sagte dem Abendblatt: "Wir wollen spätestens Ende 2011 alle Voraussetzungen geschaffen haben, um loslegen zu können, und 2013 fertig werden. In der Politik müssen wir den Beschleunigungsgang einlegen. Auf mögliche Klagen und deren Dauer habe ich allerdings keinen Einfluss."

Wittes Behörde in Kiel braucht für den Abschluss des Verfahrens eine Stellungnahme der EU-Kommission, weil europäisches Naturschutzrecht berührt wird. Wann die Kommission sich äußert, ist unklar. Bislang liegen ihr nicht einmal die Planungsunterlagen vor. Nach der dritten Änderung des Planverfahrens in diesem Jahr musste die Wasser- und Schifffahrtsdirektion die nötigen Aspekte der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie nachträglich einarbeiten. "Unsere Priorität ist, die Planungsunterlagen zur EU-Kommission zu bekommen", sagte Witte.

Weiteres Ungemach droht aus Niedersachsen: Aus verschiedenen Gründen vor allem des Umweltschutzes hat die Landesregierung bislang offengelassen, ob sie dem Planfeststellungsverfahren zustimmt. Vor den niedersächsischen Kommunalwahlen im September 2011 sinken nach Einschätzung politischer Beobachter die Chancen, dass aus Hannover das notwendige Einverständnis kommt. Schleswig-Holstein als zweites Anrainerland der Unterelbe hingegen will die Erweiterung der Elbfahrrinne möglichst schnell umsetzen.

Das größte Hindernis für das Projekt allerdings könnten die angekündigten Klagen von Naturschutzverbänden wie dem BUND oder dem Nabu werden. Das Bundesverwaltungsgericht könnte nach Vorlage solcher Klagen die Ausführung der Baggerarbeiten blockieren. "Aus Sicht des Nabu ist die Elbvertiefung mit dem europäischen Naturschutzrecht nicht vereinbar und deshalb nicht genehmigungsfähig", sagte gestern Alexander Porschke, der Vorsitzende des Nabu Hamburg.

Die Hafenwirtschaft drängt hingegen auf Vollzug: "Wir appellieren an die Vorhabensträger, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, damit so früh wie möglich mit den Baggerarbeiten in 2011 begonnen werden kann", sagte gestern Klaus-Dieter Peters, Chef des Hafenkonzerns HHLA und Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg.