S & P stuft Hellas weiter herab. EZB akzeptiert die Staatsanleihen des Landes nicht mehr als Sicherheit. Was auf Anleger und Bürger zukommt.

Hamburg. Die Staaten der Euro-Zone stellen Griechenland weitere Hilfen in Höhe von 130 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit den Krediten soll das schwer angeschlagene Land finanziell stabilisiert werden. Der Druck des Finanzmarktes wächst. Die US-Rating-Agentur Standard & Poor's (S & P) stufte griechische Staatsanleihen gestern auf den sehr niedrigen Status CC weiter herab. Dem liegt der teilweise Zahlungsausfall durch den geplanten Schuldenerlass vonseiten privater Anleger zugrunde. Die Europäische Zentralbank (EZB) akzeptiert griechische Staatsanleihen wegen der Herabstufung nicht mehr als Sicherheiten für Kredite an Banken.

Wie geht es mit Griechenlands Wirtschaft nun weiter? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Genügt das Hilfspaket, um Griechenland wieder auf die Beine zu helfen?

Ein Erfolg bei der Sanierung der griechischen Wirtschaft hänge entscheidend davon ab, inwieweit die griechische Regierung die nötigen Reformen durchsetze, sagt der Ökonom Jörg Hinze vom Hamburgischen WeltwirtschaftsInstitut (HWWI). "Wenn es bei den Parlamentswahlen im April allerdings einen Linksruck gibt und eine neue Regierung die Einsparungen oder Stellenkürzungen im öffentlichen Dienst wieder zurücknimmt, wird es schwierig werden." Der Wirtschaftsprofessor Karl-Werner Hansmann von der Universität Hamburg ist mit Blick auf die griechische Wirtschaft "pessimistischer als je zuvor, letztlich wird Griechenland zumindest für einige Zeit aus der Euro-Zone austreten müssen, um seine Wirtschaft mit einer eigenen Währung zu sanieren". Die europäische Politik sei der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung im Land während der vergangenen Jahre "immer nur hinterhergelaufen".

Wie kommt die griechische Wirtschaft wieder auf die Beine?

Nur durch umfassende Reformen, weitere Einsparungen bei den öffentlichen Haushalten, eine deutlich effektivere Steuerverwaltung und viel bessere Bedingungen für Investoren, sagt HWWI-Ökonom Hinze. "Allein durch das Eintreiben der Steuern, die dem Staat zustehen, wäre in Griechenland viel gewonnen. Zudem müssen die viel zu hohen Militärausgaben des Landes deutlich gesenkt werden." Hansmann hingegen ist überzeugt, dass Griechenland nur mit der Wiedereinführung einer eigenen Währung und deren Abwertung wieder wettbewerbsfähig werden kann. "Die Geldgeber des Landes müssten Griechenland dann allerdings die Rückzahlung von dessen Schulden in Euro erleichtern", sagte er.

Wie kann die Konjunktur in Griechenland kurzfristig angekurbelt werden?

Kaum, meint Jörg Hinze: "Die Sparmaßnahmen bei der öffentlichen Hand sind unumgänglich, sie ziehen zunächst eine weitere Schwächung des Konsums und teilweise auch der Investitionen nach sich." Der Tourismus ist nach Einschätzung von Karl-Werner Hansmann der Wirtschaftszweig, mit dem Griechenland am schnellsten Wachstum erzeugen kann - allerdings erst mit Beginn der Reisesaison im Frühjahr. Obendrein müssten die dem Land zustehenden Mittel aus den Strukturfonds der Europäischen Union endlich von Griechenland abgerufen und in Projekte umgesetzt werden.

Kann Deutschland Griechenland noch stärker helfen?

Es gab etliche Vorschläge, deutsche Finanzbeamte, Handwerker oder sonstige Experten und Verwaltungsfachleute nach Griechenland zu schicken. Sowohl Hinze wie auch Hansmann plädieren allerdings dafür, personelle Entwicklungshilfe möglichst unter dem Dach der EU oder des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu leisten. Hansmann plädiert bei deutscher Hilfe generell für Zurückhaltung: "Die Ressentiments gegen deutsche Bevormundung in Griechenland sind riesengroß. Man sollte sie nicht noch verstärken."

Wofür wird das Geld aus dem zweiten Hilfspaket verwendet?

Griechenland kann bis 2014 mit bis zu 130 Milliarden Euro rechnen. "Das Geld dient in erster Linie zur Finanzierung des Defizits des griechischen Staatshaushalts", sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank. Vorgesehen ist das Geld auch für die Rekapitalisierung der griechischen Banken, denn durch den Schuldenschnitt machen sie Verluste. Weitere Mittel werden für den Schuldentausch benötigt, bei dem die Gläubiger auf 53,5 Prozent der Forderungen verzichten sollen.

Was bedeutet es, dass die EZB keine griechischen Staatsanleihen mehr als Sicherheit akzeptiert?

Banken, die sich bei der EZB Geld besorgen, müssen Wertpapiere als Sicherheiten hinterlegen. Die EZB darf aber nur Papiere akzeptieren, die nicht schlechter als CCC bewertet sind. Das ist bei griechischen Staatsanleihen mit dem Rating CC nicht mehr der Fall. "Vorübergehend kann die griechische Notenbank den Geschäftsbanken Geld zur Verfügung stellen", sagt Krämer. Das ist eine Übergangsregelung. Denn nach Abschluss des Schuldenschnittes kann Griechenland wieder mit einem besseren Rating rechnen.

Wie sieht der Schuldenschnitt für die Gläubiger aus?

Sie verzichten auf 53,5 Prozent des Nennwerts ihrer Anleihen. Eine Anleihe von 1000 Euro ist dann nur noch 465 Euro wert. 315 Euro davon werden in neue griechische Anleihen getauscht, die erst in 30 Jahren fällig werden. Die Zinsen dieser Papiere steigen von zwei auf 4,3 Prozent. Für 150 Euro gibt es Anleihen des Euro-Rettungsschirms EFSF, die bereits bis 2014 fällig werden. Das konkrete Angebot wird den Gläubigern in diesen Tagen von ihrer Depotbank unterbreitet.

Gilt der Schuldenschnitt auch für Kleinanleger?

Der Forderungsverzicht ist zwar freiwillig, aber auch Kleinanleger, die zusammen lediglich ein Prozent der griechischen Staatsanleihen besitzen, erhalten ein Umtauschangebot. Wenn nicht 90 Prozent der Gläubiger freiwillig mitmachen, kann die Regierung den Umtausch durch eine spezielle Klausel nachträglich zur Pflicht machen.

Was sollen jetzt Kleinanleger tun?

Die Fristen, mit denen die Anleger bei dem Umtauschangebot konfrontiert werden, sind sehr kurz. "Dennoch raten wir, dem Umtausch nicht gleich zuzustimmen, sondern sich laufend zu informieren", sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. "Wir bemühen uns noch um eine Sonderregelung für Kleinanleger." Denn auch in Griechenland sollen Kleinanleger mit Sonderregelungen geschützt werden, wie der griechische Finanzminister ankündigte. Eine Hoffnung gibt es noch für Anleihen nach englischem Recht. "Hier ist eine nachträgliche Änderung nicht so einfach", sagt Kurz.