Paketzustellung wird an Subunternehmer vergeben. Diese bezahlen weniger Lohn. Hamburger erhält Kündigung nach Besuch einer Ver.di-Veranstaltung.

Hamburg. Es gibt nichts, was sie nicht schleppen: Kisten mit 24 Flaschen Wein, Fernseher vom Versandhandel oder schwere Kartons mit Büchern. Mit der zunehmenden Vorliebe der Deutschen für den Einkauf über das Internet werden die Arbeitsbedingungen für Paketboden beschwerlicher. Laut der Gewerkschaft Ver.di tragen sie mehr - und verdienen immer weniger. "Uns liegen Arbeitsverträge mit Monatseinkommen zwischen 1200 und 1500 Euro für Paketboten vor", sagt Wolfgang Abel, der bei Ver.di in Norddeutschland für Postdienste, Speditionen und Logistik zuständig ist.

Die Arbeitsbedingungen seien skandalös , zumal ein bei der Deutschen Post angestellter Zusteller derzeit gut 2500 Euro im Monat verdiene. Konkret geht es darum, dass die Post bundesweit rund 1000 Zustellbezirke an Subunternehmen vergeben hat. Diese bezahlen ihren Austrägern meist weniger als das ehemalige Staatsunternehmen Post. Schon in Dezember hat Ver.di auf skandalöse Arbeitsbedingungen bei einem Subunternehmer hingewiesen. Die Post habe daraufhin eine sofortige Besserung versprochen. Bislang sei noch nichts geschehen. "Zwei Monate später steht fest, dass die Post die Öffentlichkeit verschaukelt hat", sagt Abel. Überstunden würden von den Subunternehmen weiterhin nicht bezahlt. "Dieser Rechtsbruch wird von massiven Drangsalierungsmaßnahmen bei Beschäftigten flankiert, die sich gewerkschaftlich beraten lassen wollen."

+++ Ver.di kritisiert Dumpinglöhne bei Subunternehmen der Post +++

Abel verweist zudem auf einen Beschäftigten der TEW Transport GmbH, der eine Kündigung erhalten habe, nachdem er die Absicht hatte, an einer Veranstaltung der Gewerkschaft teilzunehmen. Der Betroffene, der Harburger Thorsten Maack, bestätigt diese Version. Dem Abendblatt liegt eine eidesstattliche Versicherung von Maack vor, in der er schildert, dass er von der TEW gekündigt wurde. Zuvor hatte er gegenüber einem Vorgesetzten bekundet, dass er eine Ver.di-Veranstaltung besuchen wolle. Das Abendblatt wollte am Freitag die Geschäftsführung der TEW in Oststeinbek sprechen und wurde an eine Hamburger Telefonnummer verwiesen. Sie gehört allerdings nicht zur TEW, sondern der Hamburger Fahrzeug- und Transportlogistik (HFL). Auch dort war niemand aus der Führungsebene erreichbar.

Nicht nur die Post, auch die Hamburger Otto-Tochter Hermes Logistik, beschäftigt laut Abel Subunternehmer - und zwar den gleichen. "Es ist schon ein pikanter Sachverhalt, dass die Post und Hermes nach dem Motto, Gegenspieler im Wettbewerb, aber Genossen im Lohndumping, die gleiche Firma HFL beschäftigen", sagte er. Ver.di fordert die Unternehmen unter anderem auf, "die skandalösen Arbeitsbedingungen" unverzüglich zu unterbinden.

Hermes bestätigte gegenüber dem Abendblatt, mit der HFL zusammenzuarbeiten. An die Firma seien fünf Paketshop-Touren vergeben worden. "Für uns kommen als Partner Unternehmen - ob tarifgebunden oder nicht - infrage, die die in unserem Verhaltenskodex festgeschriebenen Werte uneingeschränkt einhalten, sich an Recht und Gesetz halten und die vereinbarte Leistung erbringen", antwortete Hermes-Sprecher Martin Frommhold schriftlich auf eine Abendblatt-Anfrage. "Hermes hat einen detaillierten Verhaltenskodex erstellt, der den Umgang mit Mitarbeitern und Vertragspartnern in der Paketdistribution verbindlich definiert und Missstände wie Lohndumping etc. konsequent ausschließt. Im Fall begründeter Hinweise zu Verstößen gegen die im Verhaltenskodex niedergeschriebenen Grundsätze oder gegen geltendes Recht sorgen wir im Rahmen unserer rechtlichen Möglichkeiten für Abhilfe und streben im Einzelfall auch eine Beendigung des Vertragsverhältnisses an."

Abel weiß anderes zu berichten. Die Entlohnung liege bei den schwarzen Schafen der Branche mindestens 40 Prozent unterhalb des Hamburger Flächentarifs für Speditionen und den Logistik- und Postbereich. Das sei keine gerechte Bezahlung. Deshalb appelliert Abel an die Paketdienste, die Mitarbeiter mindestens nach dem in der Region geltenden Logistikbranchentarif zu entlohnen. Ver.di will nun Verbraucher im Hamburger Zustellbereich der HFL über eine Hausbriefkastenaktion über die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten informieren.