Der Wasserbaukonzern Van Oord aus den Niederlanden bestellt bei der Sietas-Werft ein Schiff und sichert so 400 Jobs bis 2013.

Hamburg. Die insolvente Werft Sietas in Neuenfelde will morgen einen Großauftrag für ein Offshore-Errichterschiff mit dem niederländischen Wasserbaukonzern Van Oord abschließen. Nach Informationen des Abendblatts wird Deutschlands älteste Werft die Unterzeichnung bei einer Pressekonferenz am Nachmittag bekannt geben. Bei dem Termin soll es auch um die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehen. Sietas und der vorläufige Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann nahmen gestern nicht Stellung. Sietas hatte Mitte November Insolvenz angemeldet.

Die Werft hat derzeit noch Aufträge für einen Schwimmbagger und für ein Fährschiff. Den Auftrag für das Offshore-Errichterschiff hatte Van Oord bereits Ende 2010 erteilt. Er war mit der Insolvenz der Werft aber hinfällig geworden, weil Sietas den Bau nicht mehr finanzieren kann, wie im Schiffbau üblich. Dem Vernehmen nach übernimmt Van Oord die Baufinanzierung nun selbst. Dafür allerdings könnte der ursprüngliche - offiziell nicht bestätigte - Kaufpreis von 100 Millionen Euro im Zuge des Neuabschlusses deutlich unterschritten werden.

+++ Sietas-Werft streicht jede dritte Stelle +++

Wenn Sietas das Errichterschiff wie geplant baut, ist die Belegschaft der Werft bis Anfang 2013 ausgelastet. Andernfalls reicht die Arbeit für den Stahlbau auf der Werft nur noch bis zur Ablieferung des Schwimmbaggers im August. Die Konstruktionsabteilung der Werft braucht allerdings bereits im ersten Halbjahr 2012 einen Auftrag für ein neues Schiffsprojekt, da das Errichterschiff bereits weitgehend fertig geplant ist. Werftchef Rüdiger Fuchs will seine Konstrukteure künftig sowohl Schiffe entwerfen lassen, die Sietas selbst baut, wie sie auch Projekte für andere Bauwerften umsetzen sollen.

Durch das Insolvenzverfahren würde Sietas weitgehend entschuldet und bekäme mit verkleinerter Belegschaft eine Chance für einen Neustart. Die Verhandlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Lieferanten und Auftraggebern gestalten sich nach Abendblatt-Informationen allerdings schwierig. So soll der Auftraggeber für den Schwimmbagger, ein Hamburger Bauunternehmen, versucht haben, die Schwäche der Werft für sich zu nutzen und den Kaufpreis deutlich zu drücken.

+++ Das schmerzliche Schicksal der Sietas-Werft +++

Die Werft hatte im vergangenen Jahr mit Van Oord bereits über den Bau eines zweiten Errichterschiffs für Offshore-Windparks verhandelt. Geschäftsführer Fuchs hofft nach wie vor, dass Sietas diesen Auftrag hereinholen kann. Der frühere Airbus-Manager konzentrierte die Werft nach dem Rückzug des Inhabers Hinrich Sietas seit Anfang 2009 auf den Bau kleiner Serien von Spezialschiffen.

Die HSH Nordbank, vor der Insolvenz faktisch Eigentümer von Sietas, sicherte den Weiterbetrieb der Werft im Januar mit einem sogenannten Massekredit in Höhe von 23 Millionen Euro. Die Stadt Hamburg hat im Jahr 2009 einen Bürgschaftsrahmen von 34 Millionen Euro für Sietas eingerichtet, der Bund bürgt mit weiteren 26 Millionen Euro. In welcher Höhe die Bürgschaften durch die Insolvenz fällig werden, ist derzeit nicht bekannt. Van Oord hat bereits zwei Millionen Euro in die Konstruktion und die Kiellegung des Errichterschiffs investiert. Der Kiel war im Dezember gelegt worden.

+++ Deutsche Seeschiffbaubilanz 2011 +++

Bei der insolventen Werft arbeiten derzeit noch 400 Mitarbeiter, darunter 25 Auszubildende. Das Tochterunternehmen Norderwerft, die Reparaturwerft von Sietas am Reiherstieg im Hamburger Hafen, beschäftigt 90 Menschen. 127 arbeiten bei der Neuenfelder Maschinenfabrik (NMF), die Schwerlastkräne für Schiffe herstellt. Sie soll auch das neue Errichterschiff für Van Oord ausrüsten. "Mein wichtigstes Ziel ist es, dazu beizutragen, dass die verbliebenen Arbeitsplätze bei Sietas gesichert werden", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) gestern.

Sietas, gegründet im Jahr 1635, hatte sich in den vergangenen Jahren vor allem auf den Bau großer Serien von Containerzubringerschiffen spezialisiert. Dieses Geschäft brach mit Beginn der Finanzmarkt- und Schifffahrtskrise im Jahr 2008 jedoch abrupt ein, eine Reihe von Aufträgen wurde storniert.