Neumünster. Schwere Kritik prasselt auf die Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Neumünster ein: Eine Tochter des Sozialverbandes hat Ein-Euro-Jobber als Haushaltshilfen für Senioren vermittelt und dafür einen Stundenlohn von acht Euro von den Senioren kassiert. Zwar bestätigte die Awo diese Praxis, wies jedoch den Vorwurf zurück, so an den Hartz-IV-Empfängern zu verdienen.

Das Geld werde für Fahrdienste, die Betreuung und Einweisung der Ein-Euro-Jobber sowie die Qualitätskontrolle benötigt, so die Awo. Es wurde "zu keinem Zeitpunkt für den eigenen finanziellen Vorteil gehandelt", sagte eine Sprecherin. "Auf keinen Fall rechnet die Awo mehr als kostendeckend ab." Zusätzlich erhält der gemeinnützige Sozialverband von der Arge Neumünster für jeden Ein-Euro-Jobber eine Pauschale von 210 Euro. Dieses sogenannte Regiegeld ist für die Weiterbildung der Hartz-IV-Empfänger gedacht.

Der Geschäftsführer der Arge Neumünster, Rolf-Dieter Brüggen, wusste bislang nichts von dem zusätzlichen Stundenlohn. "Eigentlich sollen Ein-Euro-Jobber Menschen im Haushalt helfen, die es sich nicht leisten können, eine reguläre Hilfe einzustellen", sagte er. Dass die Betreuten trotzdem acht Euro pro Stunde zahlten, sei deshalb überraschend. Ab heute werden deshalb zwei Arge-Mitarbeiter die Awo überprüfen. Auch das Bundesarbeitsministerium will den Fall unter die Lupe nehmen.

Ob es in anderen Landesverbänden der Awo ähnliche Fälle gibt, ist unklar. In Hamburg zumindest werde eine solche Praxis nicht angewandt, sagte Sprecher Richard Lemloh.

Gegenüber dem Sender NDR Info bezeichnete der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel diese Methode als "Abzocke". Würden die betreffenden Personen die Dienstleistungen ohne die Vermittlung der Awo anbieten, würden sie besser dastehen und nicht mehr auf Hartz IV angewiesen sein.