Am Anfang wurde der Dacia belächelt: In Zeiten der Abwrackprämie ist den Spöttern das Lachen aber vergangen.

Hamburg. Am Anfang hatte es der Dacia schwer in Deutschland: Sogar die Renault-Händler, die das Billigauto mit vertreiben sollten, waren damals wenig überzeugt von dem neuen Modell unter dem Dach von Renault-Nissan: "Wir drehen jeden Dacia-Interessenten auf Renault", sagten sie hinter vorgehaltener Hand, als sie die rumänische Marke im Jahr 2005 wieder beleben sollten.

Die Zweifler wurden spätestens in diesem Jahr eines Besseren belehrt. Der Dacia ist im Sog der Abwrackprämie zur wachstumsstärksten Marke in Deutschland geworden. Allein im ersten Halbjahr hat sich der Absatz auf 47.500 Stück mehr als vervierfacht, im Gesamtjahr hofft Dacia sogar, die 70 000er-Marke sprengen zu können. Allein in Hamburg wurden 2009 bisher 600 Dacia verkauft.

Obgleich die Effizienz der Dacia-Motoren nicht gerade dem Umweltgedanken der Abwrackprämie Rechnung trägt, passt die Subvention perfekt zum Billigauto. Sie spricht das Sparsamkeitsgen der Deutschen an. Und der Dacia ist die perfekte Wahl für alle Kunden, die beim Neuwagenkauf ein emotionales Erlebnis erst beim Blick auf ihren Kontostand erwarten. Rechnet man den Bonus aus der Prämie mit, dann kostet ein Dacia Logan MCV, ein vollwertiger Kombi, 6000 Euro. "Die Kunden kommen aus allen Schichten, wir haben Hochschulprofessoren und Auszubildende, Rechtsanwälte und Handwerker", sagt Achim Schaible, Vorstandschef von Renault Deutschland, dem Abendblatt. Einige Käufer verzichteten bewusst auf automobilen Schnickschnack. "Die geben ihr Geld lieber für andere Dinge aus." Im Schnitt jedoch legten die Käufer aber noch 500 bis 800 Euro für Sonderausstattungen drauf.

"Wir sind rebellisch"

Einzig die Bekanntheit der rollenden Verzichtserklärung lässt noch zu wünschen übrig. "Bisher kennen 55 Prozent der Deutschen den Dacia", sagt Schaible. Um das zu ändern, wird Dacia nun Hauptsponsor des Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli, gestern präsentierte sich der Geldgeber in Hamburg. "Allein das Motto ,non established since 1910' von St. Pauli passt perfekt zu uns", so Schaible. "Auch wir sind unangepasst, rebellisch." Der Dacia sei mit seinem konsequenten Low-Cost-Ansatz im Autobereich nicht weniger als eine Revolution. Folgerichtig wirbt die Marke auf ihrer Homepage mit einem Film über Che Guevara, Fidel Castro und Karl Marx, die in einer Alten-WG aufeinandertreffen.

Ansonsten läuft bei Dacia alles nach dem Aldi-Prinzip. Renault-Chef und Nissan-Sanierer Carlos Ghosn weiß schließlich, wie man spart. Es gibt bei Renault keinen Angestellten, der nur für Dacia arbeitet. Die Werker in der rumänischen Erdölstadt Pitesti verdienen umgerechnet 380 Euro im Monat - und damit deutlich weniger als die Kollegen im Autoland Tschechien, wo VW, Toyota, Citroën und Peugeot produzieren lassen. Renault erwirtschaftet auf diesem Weg beim Dacia eine höhere Rendite als viele Wettbewerber. Sie liegt bei sechs Prozent weltweit und ist sogar zweistellig in Deutschland.

"Die Händler müssen keinen Cent investieren und geben keinerlei Rabatt beim Dacia", ergänzt Schaible das Erfolgsrezept, das bereits Nachahmer findet. VW und Fiat planen ebenfalls Preisbrecher. Auch Dacia legt nach: Im März 2010 kommt unter dem Arbeitstitel Dacia Duster ein Geländewagen auf den Markt, sagt Schaible. Und sogar einen Gasantrieb soll es ab Herbst geben, beim Dacia Logan MCV für weniger als 15 000 Euro.