London. Mick Jagger feiert seinen 75. Geburtstag. Wie gut er in Form ist, hat er jüngst bei der „No Filter“-Tournee der Rolling Stones gezeigt.

Mick Jagger hat noch genügend Puste, um am heutigen Donnerstag die 75 Kerzen auf seinem Geburtstagskuchen auszublasen. Das hat er wieder mit einer Hetzjagd über 28 Bühnen quer durch Europa bewiesen, wo 1,4 Millionen Fans die „No Filter“-Tour der Rolling Stones bejubelten.

Jagger ist ein leuchtendes Vorbild dafür, wie man unanständig alt werden kann. „Sex, Drugs and Rock ‘n’ Roll“ brachten ihm ein riesiges Vermögen, eine Galerie schöner Frauen, einen Adelstitel und scheinbar ewige Jugend.

Wenn er über die Bühne wirbelt, vergeht den Fans, die mit „Jumpin’ Jack Flash“, „Shattered“, „Some Girls“ oder „Tumbling Dice“ aufgewachsen sind, das Rheuma. Zu Micks Waschbrettbauch ist zwar mit den Jahren auch ein vom Leben gezeichnetes Gesicht gekommen, aber wer die Gleitsichtbrille abnimmt, sieht nur seine berühmten Lippen, aus denen Songs kommen, welche auch neue Fans begeistern.

Jagger besuchte mit großem Erfolg ein Elite- Gymnasium

Seinen alten Fans gibt Jagger weiter die „Satisfaction“ und die anderen Sound-Ikonen der 60er-Jahre, doch er hebt sie stark verfremdet für den Zugabenteil auf. „Meine Vergangenheit ist ein guter Platz. Ich will ihn weder auslöschen noch bedauern, aber ich will nicht darin als Gefangener sitzen“, wehrt er sich gegen die Gefahr, dass die Stones ihre eigene Revival-Band werden. Der Sänger hat sich und seine Gruppe immer wieder runderneuert und es dabei geschafft, das alte Rock-Revoluzzer-Image zu kon­servieren.

Jagger vergleicht die Show der Stones mit einer „Maschine, in der alle Zahnräder wichtig sind“. Er ist der Chefmechaniker dieses Wunderwerks, doch bei aller Raffinesse und den Hightech-Effekten wird sie seit 60 Jahren von der rohen Energie des Rhythm & Blues angetrieben. Dabei stammt der alte Straßenkater mit der Schlangenhüfte nicht aus einem schwarzen Ghetto, sondern aus einer gutbürgerlichen Familie in Kent und besuchte mit großem Erfolg ein Elite- Gymnasium, was man heute noch an seinem gepflegten Akzent hört.

Zwei formelle Ehen scheiterten an den vielen Affären von Jagger

Für sein ursprüngliches Berufsziel als Buchprüfer studierte er kurz an der renommierten Londoner Wirtschaftshochschule. Diese konventionelle Karriere wurde in eine andere Bahn gelenkt, als er mit Keith Richards 1962 die Rolling Stones gründete. Ebenso unkonventionell entwickelte sich Jaggers Liebesleben. Fünf Frauen gebaren ihm acht Kinder. Das letzte kam vor zwei Jahren auf die Welt. Mutter war die damals 29-jährige amerikanische Ballerina Melanie Hamrick, mit der Mick Jagger nun auch seinen 75. Geburtstag feiert.

Seine zwei formellen Ehen scheiterten an den vielen Affären, die er daneben hatte. Legal verheiratet war er zwischen 1971 und 1979 praktisch nur mit Bianca Macias aus Nicaragua, die nach der Scheidung sagte: „Unsere Ehe war bereits am Hochzeitstag zu Ende.“ Bianca Jagger fand ein neues Leben als internationale Menschenrechtsaktivistin und Sonderbotschafterin der UNO.

1990 heiratete Mick Jagger das amerikanische Topmodell Jerry Hall, mit der er seit 1977 liiert war. Doch die in Bali geschlossene Ehe wurde neun Jahre später bei der Scheidung wegen Rechtsfehlern nicht anerkannt. Jerry Hall ersetzte 2016 den Rock-Zaren durch den Medienmogul Rupert Murdoch, der kurz vor seinem 85. Geburtstag mit ihr seine vierte Ehe einging.

Jagger gab über 2000 Konzerte rund um den Globus

Mick Jaggers neues Glück endete tragisch, als sich seine Lebensgefährtin L‘Wren Scott 2014 in New York erhängte. Mit der glamourösen Modeschöpferin, die ihn um eine Haupteslänge überragte, hatte er zwölf Jahre lang seine 20-Mil­lionen-Villa in London, das Schloss an der Loire und seine Luxus-Absteigen in Paris, London und in der Karibik geteilt.

Jagger bekam die schreckliche Nachricht auf seiner Tour in Australien: „Ich kämpfe damit zu verstehen, warum meine Geliebte und beste Freundin sich das Leben nahm. Wir hatten so viele wundervolle Jahre zusammen. Ich werde sie nie vergessen“, klagte Jagger, bevor er die unterbrochene Tour wieder fortsetzte.

Seit der Gründung der Stones im Jahre 1962 hat Mick Jagger über 2000 Konzerte rund um den Globus gegeben, und die Band verkaufte mehr als 300 Millionen Tonträger. Solange er noch körperlich in der Lage sei, „dem Publikum 100 Prozent zu geben“, so lange wolle er weitermachen, erklärte Jagger bei seinem letzten Auftritt in Irland. Und der Name seiner Band, den er aus einem Blues von Muddy Waters wählte, bleibt weiter die Maxime für ungebrochene Schaffenskraft: „Rollende Steine setzen kein Moos an.“