Obwohl die Amerikaner als Erste auf dem Mond landeten, halten manche Forscher die Sowjetunion für den wirklichen Sieger beim Wettlauf im All.

Moskau. Der französische Schriftsteller Jules Verne hatte es geahnt. Mehr als 100 Jahre vor der Mondlandung beschrieb der Autor 1865 in seinem Buch „De la Terre à la Lune“ geradezu seherisch den Start von drei US-amerikanischen Astronauten von Florida aus zum Erdtrabanten. Eines freilich konnte Verne (1828-1905) nicht wissen: Dass es wenige Jahrzehnte nach seinem Tod einen Wettlauf der Supermächte um die Vorherrschaft im All geben würde. Und obwohl die US-Astronauten Neil Armstrong und Edwin Aldrin vor 40 Jahren, am 20. Juli 1969, als Erste auf dem Mond landeten, halten manche Forscher die Sowjetunion für den wirklichen Sieger des Wettbewerbs.

Es begann mit dem „Sputnik-Schock“. Nicht zuletzt unter dem Eindruck des Atombombeneinsatzes gegen Japan im August 1945 wähnten sich die US-Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg als technologisch fortschrittlichste Nation der Erde. Doch dann brachte der Rivale Sowjetunion im Oktober 1957 erstmals einen Satelliten ins All: Sputnik 1. Nur einen Monat später schoss Moskau Sputnik 2 in den Orbit, und diesmal gar mit einem Passagier. Die dreijährige Hündin Laika war das erste Lebewesen im All, ihr Flug wurde inmitten des Kalten Krieges propagandistisch ausgeschlachtet.

Während die USA den Rückstand in der Weltraumforschung aufzuholen versuchten, legte die UdSSR nach. Ihre Sonde Luna 3 flog 1959 als Erste an der erdabgewandten Seite des Mondes vorbei, und zwei Jahre später entschied Moskau nach Ansicht mancher den Weltlauf quasi für sich: Am 12. April 1961 flog Juri Gagarin, der Sohn einer Bäuerin und eines Zimmermanns, als erster Mensch durchs All. In 108 Minuten umrundete Gagarin, dessen Geschwister im Weltkrieg zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden waren, im Raumschiff Wostok 1 den blauen Planeten einmal. 1963 schossen die Russen die erste Frau sowie 1964 die erste dreiköpfige Besatzung ins All, und 1965 unternahm ein Russe 500 Kilometer über der Erde den ersten „Weltraumspaziergang“.

Die USA wussten zu diesem Zeitpunkt längst, dass sie nur mit der ersten Mondlandung den Rückstand wettmachen könnten. Zu ihrem größten Helfer wurde ausgerechnet der Kreml. Jahrzehntelang verfügte die Sowjetunion über leistungsstärkere Raketen als die Amerikaner. 1966 jedoch wurde ZK-Mitglied Nikita Chruschtschow, einer der größten Verfechter der sowjetischen Weltraumforschung, in Moskau aus den letzten Ämtern gedrängt. Es waren dann auch die Haushaltskürzungen seines Nachfolgers Leonid Breschnew, die die Erfolgsserie der Kosmonauten vorerst stoppten. Dabei begann auch das US-Apollo-Programm mit einer Tragödie, als 1967 drei Raumfahrer verbrannten.

Kontinuierlich steigerten sich die Wissenschaftler in den USA, unter ihnen der deutschstämmige Wernher von Braun (1912-1977). Zwischen 1969 bis 1972 schließlich landeten US-Astronauten sechsmal auf dem Mond, Raumfahrer aus anderen Ländern hingegen nie – auch nicht russische Kosmonauten. Nach dem Willen der US-Raumfahrtbehörde NASA soll es um das Jahr 2020 wieder Landungen auf dem Mond geben. Dann aber, um dort eine Basis für Reisen zum Mars zu errichten. Russland werde dabei als Partner und nicht als Rivale angesehen, betont NASA-Stratege Jesco von Puttkamer. „Mit 16 Nationen auf der Internationalen Raumstation ISS haben wir im All eine Art UNO geschaffen“, sagt der in Leipzig geborene Forscher. Die Zeit dramatischer Alleingänge wie im Kalten Krieg sei vorbei.