Fußball mit Herz. Filmemacher und Ärzte kicken für einen guten Zweck. Ein Gespräch mit Lola-Gewinner Fatih Akin, und Wir-sind-Helden-Bassist Mark Tavassol über Verantwortung und Vorbilder.

Filmemacher, die nicht drehen, Musiker, die nicht zu ihren Instrumenten greifen, Ärzte, die nicht praktizieren. Sie alle kommen am Sonntag (SC Victoria, Lokstedter Steindamm 87, Beginn 15 Uhr) zusammen, um Fußball für einen guten Zweck zu spielen: Kicken mit Herz. Thomas Mir, Arzt in der Kinderkardiologie des UKE, nimmt den Tag des herzkranken Kindes zum Anlass für diese ungewöhnliche Benefiz-Aktion.

Er forderte Fatih Akin und sein Allstar-Team zum Match heraus. Und die Aufstellung hat es in sich: Til Schweiger, Sasha, Tim Mälzer, Peter Lohmeyer, Olli Dittrich. Vom Erlös soll ein kindgerechtes Belastungs-EKG-Gerät angeschafft werden. Mir, Chef der Kinderarztmannschaft Placebo Kickers, war einst von Düsseldorf nach Hamburg gezogen, weil er Filmemacher werden wollte. Die stehen jetzt auf der anderen Seite.


Journal:

Mit welcher Taktik wollen Sie auflaufen?

Fatih Akin:

Wir wollen vor allem Verwirrung stiften.



Mark Tavassol:

Die UKE-Ärzte sind bestimmt disziplinierter. Ich glaube, die trainieren auch.



Akin:

Die sind eitel und wollen gut aussehen.



Hatten Sie Idole unter den Fußballern?

Akin:

Bei der Fußball-WM in Mexiko 1986 war ich zwölf Jahre alt. Maradona fand ich groß. Viel später habe ich ihn in Cannes auch kennengelernt. Und Zinedine Zidane gefiel mir.



Tavassol:

Spielerisch auf jeden Fall. Als Bremer fand ich auch immer Marco Bode ganz cool. Nicht, weil er der vollendete Spieler war. Der konnte, wenn ihm ein Mikro unter die Nase gehalten wurde, auch mal etwas anderes sagen als "ohne die Mannschaft hätte ich das Tor nicht gemacht". Ich habe ihn nach seinem Karriereende mal kennengelernt. Fand ihn echt sympathisch.



Vielleicht sind Sie keine Idole, aber Sie werden bejubelt. Wie gehen Sie damit um?

Tavassol:

Wir sind ja vier Personen und vieles konzentriert sich auf Judith Holofernes, unsere Sängerin. Obwohl wir darauf achten, auch nach außen darzustellen, was wir nach innen sindvier gleichberechtigte Freunde, die sich selbst managen. Ich bin jetzt 34. Als es losging mit der Band, war ich 28, hatte meine Ausbildung zum Mediziner abgeschlossen, vorher schon viele Sachen in meinem Leben in eine andere Richtung gehen sehen und in ihrer Normalität erfahren. Ich glaube, und das gilt auch für die anderen Helden, unser Erfolg ist uns nicht zu Kopfe gestiegen. Das sagt natürlich jeder, aber ich hoffe, bei uns stimmt es.



Akin:

Ich wäre gern Musiker, dann könnte ich die Popularität viel berechtigter ausleben. Als Regisseur sollte man eigentlich unsichtbar sein. Bei mir hat sich das anders entwickelt. Das ist mir manchmal unangenehm. Ich weiß nicht immer, wie ich damit umzugehen habe. Hamburg macht es einem da aber sehr leicht. Hamburg ist die beste Stadt, um in Deutschland prominent zu sein. Die Leute bewahren hier Diskretion.



Welche Verantwortung hat man als Künstler der Gesellschaft gegenüber?

Tavassol:

Es sollte nicht schlimm sein, wenn ein Künstler sich so gut wie gar nicht engagiert. In Deutschland ist es aber soWenn ein Promi das tut, kommt schnell Gehässigkeit auf. Es heißt dann, er lässt sich nur mit Kindern fotografieren, weil es sein Image-Berater empfohlen hat. Man muss da einen klaren Kopf für die wichtigen Dinge behalten.



Akin:

Ich versuche auch zu helfen, aber nicht so öffentlich, mehr so wie Spiderman. Ich will kein Idol oder Vorbild sein. Aber wenn ich schon prominent bin, würde ich das gern für solche Sachen ausnützen. Ich sehe mich als Bürger dieses Landes und handele so, wie John F. Kennedy es gesagt hatFrag nicht, was dein Land für dich tun kann. Frag, was du für dein Land tun kannst.



Waren Sie selbst schon einmal in Not oder Gefahr?

Tavassol:

Ich habe noch keine Lebensgefahr erlebt. Aber ich habe Familie in Iran, denn ich bin ein halber Iraner. Es war mal sehr wichtig, Verwandte aus dem Land herauszuholen. Ich war da noch recht klein. Mir ist erst später bewusst geworden, welche Bedeutung das für ihr Leben hatte.



Akin:

Man wird halt sensibler, wenn man älter wird, wenn man ein Kind und Neffen hat. Irgendwann wird das Klischee "We are the world, we are the children" real, von dem Michael Jackson singt. Politiker denken und agieren ja oft nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode. Es hängt mit der Verantwortung zusammen. Wenn du für eine Familie denken kannst, kannst du auch für eine Gesellschaft mitdenken.



Sie haben gerade zum ersten Mal in den USA gedreht, waren einer der Regisseure beim Kompilationsfilm "New York, I Love You". Wie war es?

Akin:

Vor der Kamera stand Ugur Yüzel, er ist in der Türkei ein Mythos, vielleicht sogar der wichtigste lebende türkische Schauspieler. Dabei sollte ich unbedingt einen Star wie Al Pacino oder Harvey Keitel nehmen. Aber ich habe es für Yüzel geschrieben. Seine Partnerin in der Liebesgeschichte ist Shu Qi, ein Star in Taiwan. Wir haben in Chinatown gedreht, und es gab dort ihretwegen Massenaufläufe. Ähnlich wie Sibel Kekilli hat sie vorher Pornos gedreht. Ich werde das irgendwie nicht los. Aber es sind halt gute Frauen, die das machen.



Hatten Sie Kontakt zu den anderen Regisseuren des Films?

Akin:

Ich war der siebente von zwölf. Mira Nair, Natalie Portman und Scarlett Johansson haben eigene Beiträge inszeniert. Scarlett habe ich dort auch getroffen - ein hübsches Mädchen! Insgesamt war es eine gute Erfahrung, aber es ist nirgendwo so gut wie zu Haus.



Was glauben Sie, wie das Spiel am Sonntag ausgeht? Die Ärzte wollen mit 6 0 gewinnen.

Tavassol:

Kommt überhaupt nicht in Frage.



Akin:

Na klar. Die hauen wir weg.