Es ist ein feuchtkalter Februartag, als der Mann verschwindet. Er ist ein erfolgreicher Architekt - und steht im Finale der deutschen Ausscheidung zur Weltmeisterschaft der Luftgitarristen. Ein Mann also, der so tut als ob, der Töne aus einer Gitarre entlockt, die nur in seiner Fantasie existiert. Niemand vermag sich einen Reim auf sein Verschwinden zu machen. Auch nicht Martin Heuer, Kommissar auf der Vermisstenstelle der Münchner Kripo und ebenfalls leidenschaftlicher Luftgitarrist. Gemeinsam mit seinem Kollegen Tabor Süden macht er sich auf die Suche nach dem Verlorengegangenen. "Süden und der Luftgitarrist" ist der mittlerweile sechste Band in der Tabor-Süden-Reihe des Münchner Autors Friedrich Ani. Die Reihe ist singulär im deutschsprachigen Kriminalroman, niemals geschieht ein Mord, lediglich verschwinden Menschen aus ihrer alten, verbrauchten Wirklichkeit, um in einer neuen das Glück zu finden. Was allzu selten gelingt, denn Menschen bleiben meist dieselben, auch wenn sie ihre stickigen Räume verlassen und in andere, lichtere eintreten. Das ist auch in diesem Roman so. Süden und Heuer erfahren, dass der Bruder des Vermissten ebenfalls verschwunden ist, ein ehemaliger Fußballprofi. Souverän führt Friedrich Ani die beiden Biografien zusammen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Ani fühlt sich ein in seine Charaktere, in schnörkelloser Prosa verleiht er ihnen Gestalt, sagt in Nebensätzen oder in dem, was zwischen den Zeilen aufscheint, nicht selten mehr über die Seele der Figuren wie andere Autoren auf ganzen Seiten. Eine seltene Qualität. Auf zwölf Bände haben Autor und Verlag die Süden-Reihe angelegt. Schon jetzt sollte man ihnen ins Stammbuch schreiben: Weitermachen! Tabor Süden darf nicht verschwinden . . . (Volker Albers)

  • Friedrich Ani: Süden und der Luftgitarrist. Knaur, 190 Seiten; 7,90 Euro.