Kalabrien/Sizilien. In Italien wird ein Traum aus der Antike wahr: Die längste Hängebrücke der Welt soll gebaut werden. Wie Urlauber dann reisen könnten.

Die Brücke über die Straße von Messina ist längst zu einem italienischen Mythos geworden. Ewig geplant, nie realisiert: Schon in der Antike träumte man davon, das Meer zu überwinden und Sizilien, die größte Insel des Mittelmeeres, mit dem italienischen Stiefel zu verbinden. Immer blieb es nur beim Traum.

Die Regierung der italienischen Rechtspopulistin Giorgia Meloni meint es jetzt mit der längsten Hängebrücke der Welt ernst. Nach Jahrzehnten des Planungsstreits soll noch 2024 mit dem Bau einer Brücke über die Meeresenge von Messina begonnen werden.

Einen entsprechenden Gesetzentwurf wurde vom Kabinett in Rom vorgestellt. Danach sollen schon im kommenden Jahr die "dringenden Maßnahmen für den Bau einer stabilen Verbindung zwischen Sizilien und Kalabrien" ergriffen werden. Die beiden Kammern des Parlaments haben nun zwei Monate Zeit, um dem Dekret Gesetzeskraft zu verleihen. Da die Parteien der Mitte-rechts-Koalition unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni über stabile Mehrheiten im Abgeordnetenhaus und im Senat verfügen, gilt eine Zustimmung als sicher.

Brücke nach Sizilien: Wann sie fertig sein soll

Bisher erreicht man Sizilien vom italienischen Festland aus nur per Flugzeug und mit der Fähre. Anderthalb Stunden dauert es, bis Züge nach Sizilien an Bord der Fähre in Kalabrien geladen werden und in der sizilianischen Hafenstadt Messina wieder die Reise aufnehmen. Mit der Brücke könnten mehrere Engpässe behoben werden.

Eine durchgehende Eisenbahnverbindung würde von Neapel bis Palermo garantiert werden, wodurch die historische Isolierung Siziliens behoben wäre, meint Infrastrukturminister Matteo Salvini, prominenter Verfechter der "Brücke der Superlative". Die 3,6 Kilometer lange Hängebrücke wäre "das größte öffentliche Bauwerk in diesem Jahrhundert auf dem europäischen Kontinent". Salvini behauptet, die Infrastruktur sei "der Traum von Millionen Italienern seit Jahrhunderten". Lesen Sie auch: 10 Geheimtipps für ihren Urlaub in Italien vom Italien-Kenner

Die Brücke soll 3666 Meter lang und 60 Meter breit werden. Die beiden Brückenpfeiler, auf denen die Fahrbahnen für Autos und Züge über Schrägseile hängen, werden 399 Meter hoch, wie der Plan vorsieht. Nach der Fertigstellung, die laut Salvini für Anfang der 2030er Jahre vorgesehen ist, könnten rund 6000 Autos pro Stunde und täglich 200 Züge die Brücke queren. Die Planer gehen von rund 11 Millionen Menschen aus, die jedes Jahr die Brücke nutzen würden. Rom erhofft sich von dem Mega-Projekt insgesamt 100.000 Arbeitsplätze. Die Kosten für die Brücke samt Zufahrtswege werden auf 10 Milliarden Euro geschätzt.

Eine Computergrafik aus dem Jahr 2011 zeigt die geplante Brücke über die Straße von Messina. Sie soll das Festland mit Sizilien verbinden.
Eine Computergrafik aus dem Jahr 2011 zeigt die geplante Brücke über die Straße von Messina. Sie soll das Festland mit Sizilien verbinden. © IMAGO / Milestone Media

Italien will gigantische Brücke bauen: Das sind die Gefahren

Mehrere italienische Regierungen hatten in der Vergangenheit schon den Bau einer Brücke ins Auge gefasst, konnten die Pläne aber nicht verwirklichen. Zuletzt hatte der damalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi kurz nach der Jahrtausendwende einen entsprechenden Plan vorgelegt, setzte sich aber nicht gegen den Widerstand von Umweltschützern durch. Regierungschef Mario Monti stoppte 2011 alles. Lesen Sie auch: Bunga-Bunga mit Berlusconi: Tänzerin berichtet über Affäre

Die Kosten für Pläne, Ausschreibungen, begonnene Arbeiten, Personal, sowie Forderungen des Baukonzerns, der Schadenersatz verlangt und an dem inzwischen die mehrheitlich staatliche Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP) beteiligt ist, summieren sich bereits auf etwa 1,2 Milliarden Euro. Die Schwierigkeit liegt in dem instabilen Gelände, den sehr starken Winden und Strömungen, sowie der großen Erdbebengefahr. 1908 zerstörte ein solches Erdbeben die Stadt Messina auf sizilianischer Seite vollständig.

Brücke soll Musterprojekt für Italiens Baukunst werden

Salvini ist der Ansicht, dass die Hängebrücke für Italien zu einem Musterprojekt für sein Knowhow werden könnte. Die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni habe zwar "Interessensbekundungen aus der ganzen Welt erhalten, sogar aus China", aber das Ziel sei es, die Brücke von italienischen Firmen bauen zu lassen, sagte Salvini. Das Konsortium könnte von Italiens größtem Baukonzern Webuild geführt werden.

Das Mega-Infrastrukturprojekt soll nicht mit Geldern aus dem von der Europäischen Union unterstützten Wiederaufbauplan finanziert werden, erklärte Salvini. Die Regierung Meloni werde jedoch Gespräche mit dem EU-Verkehrskommissar und der Europäischen Investitionsbank über andere Finanzierungsmöglichkeiten führen.

Das Kabinett habe keine Angst vor krimineller Unterwanderung, einem der Haupteinwände gegen das Brückenprojekt, zusammen mit den Auswirkungen auf die Umwelt und dem hohen Preis. "Wir haben die Antikörper, und wir werden in der Lage sein, sicherzustellen, dass die besten italienischen, europäischen und weltweiten Unternehmen daran arbeiten", versichert Salvini. Lesen Sie auch: Italien: Pizzerien und Restaurants bangen um ihre Existenz