Berlin. Ärztevertreter fordern einen nationalen Hitzeschutzplan, doch die Bundesregierung verweist auf die Länder. Das könnte sich rächen.

Können Sie sich noch daran erinnern, wie das war in den Hochphasen der Corona-Pandemie? Jedes Bundesland hatte und hat noch immer seine eigenen Corona-Regeln. Während im Land Berlin die Schüler zunächst keine Masken tragen mussten, war es Nordrhein-Westfalen schon Pflicht, während Berlin Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen in geschlossenen Räumen erlaubte, durften es andernorts noch mehr sein. Später durften in Hamburg nicht mehr als zehn Menschen in einem öffentlichen Raum zusammenstehen, zur gleichen Zeit durften sich in Hessen aber noch 250 Menschen drinnen wie draußen versammeln.

In jedem Bundesland herrschten andere Regeln, der Föderalismus schaffte in diesem Fall größtmögliche Unsicherheit – und offen bleibt die Frage, welche Auswirkungen das Regel-Chaos auf die Entwicklung der Pandemie hatte. Erst die Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und die gemeinsamen Beschlüsse von Bund und Ländern brachten etwas mehr Struktur und Ordnung in die unterschiedlichen Regelauslegungen.

Hitzewelle: Die Bundesregierung verweist auf die Länder

Auch bei den Vorkehrungen und Sicherheitsmaßnahmen künftiger und aktueller Hitzewellen verweist die Bundesregierung wieder auf die Länder und Kommunen: Die wüssten schon am besten, wie ihre vulnerablen Bevölkerungsgruppen zu schützen seien, verlautet es aus dem Bundesumweltministerium. Dabei haben schon die Bundesärztekammer und der Marburger Bund einen nationalen Hitzeschutzplan gefordert. Es gehe darum, Maßnahmenpläne für Kliniken, Not- und Rettungsdienste sowie Pflegeeinrichtungen zur Vorbereitung auf Extremwetterereignisse zu entwickeln.

Bund und Länder müssten dafür die nötigen perso­nellen und räumlichen Ressourcen schaffen und auch langfristig vorhalten können. Es geht also um nichts geringeres als die Frage: Wie können Menschen, denen die Hitze körperlich schwer zusetzt, geschützt und vielleicht auch gerettet werden?

Hitze in Bildern: Europa leidet unter Extrem-Temperaturen

Rupa (Italien): Ein Löschfahrzeug fährt zu einem Einsatz an der Grenze zwischen Miren und Nordostitalien, wo Waldbrände wüten. Mehr als tausend Feuerwehrleute bekämpfen den Brand.
Rupa (Italien): Ein Löschfahrzeug fährt zu einem Einsatz an der Grenze zwischen Miren und Nordostitalien, wo Waldbrände wüten. Mehr als tausend Feuerwehrleute bekämpfen den Brand. © Luka Dakskobler/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Luka Dakskobler/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Abgebrannter Kiefernwald in Frankreich: Die Böden sind staubtrocken, die Temperaturen sinken seit Wochen nicht. Diese Luftaufnahme aus Pyla Sur Mer im Südwesten Frankreichs belegt die Zerstörung durch Waldbrände. Seit dem 12. Juli mussten Zehntausende Menschen ihre Häuser und Sommerurlaubsorte verlassen.
Abgebrannter Kiefernwald in Frankreich: Die Böden sind staubtrocken, die Temperaturen sinken seit Wochen nicht. Diese Luftaufnahme aus Pyla Sur Mer im Südwesten Frankreichs belegt die Zerstörung durch Waldbrände. Seit dem 12. Juli mussten Zehntausende Menschen ihre Häuser und Sommerurlaubsorte verlassen. © Uncredited/Service Communication-Protocole SDIS 33 via AP/dpa - | Uncredited/Service Communication-Protocole SDIS 33 via AP/dpa -
In den Monts d'Arrée in der Bretagne helfen Landwirte mit im Kampf gegen die Flammen. Sie bringen mit ihren Traktoren Wassertanks zum Löschen herbei.
In den Monts d'Arrée in der Bretagne helfen Landwirte mit im Kampf gegen die Flammen. Sie bringen mit ihren Traktoren Wassertanks zum Löschen herbei. © LOIC VENANCE / AFP | LOIC VENANCE / AFP
Brand in Griechenland: Ein Feuer greift auf ein halbfertiges Wohnhaus in Pallini, nördlich von Athen, über. Die griechische Regierung stellt Hubschrauber und Löschflugzeuge zur Verfügung, um ein Ausbreiten der Waldbrände zu verhindern.
Brand in Griechenland: Ein Feuer greift auf ein halbfertiges Wohnhaus in Pallini, nördlich von Athen, über. Die griechische Regierung stellt Hubschrauber und Löschflugzeuge zur Verfügung, um ein Ausbreiten der Waldbrände zu verhindern. © Aris Oikonomou / AFP | Aris Oikonomou / AFP
Auch Deutschland ächzt unter Temperaturen bis zu 40 Grad: Manche Ladenbesitzer wie hier im bayerischen Regensburg schlossen vorsorglich die Geschäfte.
Auch Deutschland ächzt unter Temperaturen bis zu 40 Grad: Manche Ladenbesitzer wie hier im bayerischen Regensburg schlossen vorsorglich die Geschäfte. © Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Armin Weigel/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Obdachlose in der Hitzewelle: Helferinnen und Helfer verteilen in Hamburg Wassermelone und kalte Getränke an Wohnungslose.
Obdachlose in der Hitzewelle: Helferinnen und Helfer verteilen in Hamburg Wassermelone und kalte Getränke an Wohnungslose. © Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Marcus Brandt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Ein nationaler Hitzeschutzplan erscheint daher als ein rationales und wichtiges Mittel der Vorsorge. Eines, das die Bundesregierung nicht versäumen sollte. Denn die Gesundheit der Menschen unterscheidet sich in der Regel nicht nach dem Bundesland, in dem sie leben. Warum also nicht einheitliche Präventions- und Schutzmaßnahmen für alle anbieten? Und die Zeit drängt.

Hitze, Trockenheit, Starkregen: Der Klimawandel erreicht jede Region Deutschlands

Diana Zinkler schreibt über die Folgen von mangelnden Hitzeschutzkonzepten.
Diana Zinkler schreibt über die Folgen von mangelnden Hitzeschutzkonzepten. © FMG | FMG

Blickt man in die Zukunft, liest Klimaprognosen, so ist die Entwicklung eindeutig – in jeder Region Deutschlands wird der Klimawandel seine Auswirkungen haben. Dies wird auch zu wirtschaftlichen Verschiebungen innerhalb der Republik führen. Klimatisch gemäßigte Regionen könnten beliebter werden. Denn: Im Süden und Westen wird es mehr Hitzetage und trockene Tage geben. Und in den östlichen Bundesländern wird Trockenheit ein größeres Problem für Natur und Mensch. Auch in den Großstädten werden Hitze und Trockenheit zunehmen. Wo wenig Grün- und Wasserflächen sind, gibt es wenig Schatten und Abkühlung.

Regionen wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und das nördliche Nordrhein-Westfalen versprechen noch das angenehmste Klima. Nur zu weit an die Küste sollte man nicht ziehen, dort könnten Sturmfluten und Überschwemmungen drohen.

Jetzt also keinen nationalen Hitzeschutzplan mit Verweis auf die Länderkompetenz zu entwickeln, wo wir die Hitze derart unangenehm spüren, ist leider eine Fehlentscheidung, die noch Spätfolgen nach sich ziehen könnte.