Berlin. Im Herbst könnte sich wieder gefährlichere Corona-Variante ausbreiten. Die Ständige Impfkommission rät Älteren zur vierten Impfung.

Die Temperaturen steigen, die Corona-Inzidenz sinkt. In die hoffnungsvolle Stimmung mischt sich jedoch längst die Sorge vor dem nächsten Herbst: „Wir werden im Herbst wieder steigende Fallzahlen haben“, sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). In den kommenden Tagen will Lauterbach ein Maßnahmenpaket vorstellen, um Deutschland auf die nächste Corona-Welle vorzubereiten. Was droht im Herbst – und was lässt sich dagegen tun?

Corona: Was kommt im Herbst auf uns zu?

Zum jetzigen Zeitpunkt kann niemand vorhersagen, welche Virusvarianten im Herbst die Pandemie prägen. Aktuell finden Forscher vor allem neue Subvarianten von Omikron. Denkbar ist aber auch, dass sich die ursprüngliche Viruslinie, ausgehend aus der Wuhan-Variante, weiterentwickelt – und damit ein Virustyp, der bislang im Durchschnitt zu deutlich schwereren Verläufen führte als Infektionen mit Omikron.

Lauterbach beunruhigt zudem, dass die Abstände, in denen sich die Varianten entwickeln, immer kürzer werden – man sich also immer schlechter auf Mutationen vorbereiten kann. Heißt: Niemand kann heute mit Sicherheit sagen, welche Impfstrategie im Herbst sinnvoll ist. Das sieht auch der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens so: „Wir wissen nicht, wie sich das Virus in den kommenden Monaten auf der Welt weiterentwickelt. Die zweite Generation der Corona-Impfstoffe sollte in jedem Fall alle bekannten Virusvarianten abdecken und eine möglichst breite Immunantwort erzeugen.“

Wie geht es beim Impfen weiter?

Experten raten jetzt vor allem den Risikogruppen, sich rechtzeitig zu schützen: „Wir müssen damit rechnen, dass das Infektionsrisiko im Herbst wieder ansteigt“, so Stiko-Chef Mertens. Menschen über 70 Jahre und andere Personen mit besonderem Risiko für eine schwere Erkrankung sollten deshalb jetzt die Zeit nutzen, um ihren Schutz durch eine vierte Impfung zu verbessern.

„Sie sollten nicht darauf warten, bis ein an die Omikron-Variante angepasster Impfstoff kommt.“ Es gebe mittlerweile weitere Daten, die belegten, dass ein zweiter Booster für diese Gruppe sehr sinnvoll ist. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen sind allerdings auch noch mehr als zwei Millionen Menschen ganz ohne Impfschutz.

Brauchen alle im Herbst eine vierte Impfung?

Hier gehen die Meinungen der Experten auseinander: Die einen gehen davon aus, dass im Herbst allen noch einmal eine weitere Impfung empfohlen wird – allein deshalb, weil der Immunschutz gegen schwere Verläufe Studien zufolge bereits nach drei bis vier Monaten wieder abnehme. Welche Impfstoffe dann im Herbst verimpft würden, ist aber noch unklar.

Neben den bisherigen Impfstoffen sollen ab September auch an die Omikron-Variante angepasste Impfstoffe zur Verfügung stehen – ob sie dann aber überhaupt gebraucht werden, ist noch nicht sicher. Lauterbach fährt deshalb mehrgleisig: „Unser Ziel ist, möglichst viel Impfstoff für jeden Bürger zu haben, egal welche Variante kommt“, erklärte er vor wenigen Tagen in einem Interview.

Stiko-Chef Mertens dagegen ist skeptischer: „Für den Fall, dass eine Variante auftauchen sollte, die deutlich krankmachender ist als Omikron und unter Umständen sogar Delta, könnte im Herbst eine vierte Impfung für alle nötig werden.“ Grundsätzlich glaube er aber nicht, dass man die gesamte Bevölkerung immer wieder gegen das Coronavirus impfen müsse, um Infektionen zu verhindern. „Wahrscheinlich ist aber, dass wir regelmäßig diejenigen impfen müssen, die ein Risiko für eine schwere Erkrankung nach einer Infektion haben, vor der bereits die verfügbaren Impfstoffe gut schützen.“

Die Entscheidung über die Impfstrategie hängt am Ende an der Frage, welcher Virustyp die erwartete Herbstwelle bestimmt. Und wie hoch die Immunität der Gesellschaft sein wird. Denn: Dadurch, dass aktuell gerade auch viele dreifach Geimpfte eine Infektion durchmachen, erhöht sich für diese Gruppe die Immunität laut Experten noch einmal deutlich.

Welche Maßnahmen gelten im Herbst?

Bis spätestens zum 23. September gelten die aktuellen Regeln nach dem Infektionsschutzgesetz – in den meisten Bundesländern sind das vor allem Basisschutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht in Bus und Bahn oder die Schutzmaßnahmen für Pflegeheime und Kliniken. Danach muss eine Anschlussregelung gefunden werden. Denkbar ist eine Verlängerung der Frist oder auch eine Verschärfung des Maßnahmenkatalogs. Ohne Maskenpflicht, so Lauterbach, komme man wohl nicht durch den Herbst.