Neu-Delhi. In Indien und Pakistan wird es brutal heiß, Tausende Menschen könnten sterben. Südasien entwickelt sich zum Hotspot des Klimawandels.

Die indische Hauptstadt ist in dichten, faulig stinkenden Qualm gehüllt. Ein 60 Meter hoher Müllberg ist am Dienstagabend in Brand geraten – mit übel riechenden Auswirkungen auf den ohnehin von Smog verseuchten Moloch Delhi. Wieder einmal: Es war bereits der vierte Brand auf einer Mülldeponie in der Metropole binnen eines Monats. In den nächsten Tagen ist mit weiteren Feuern zu rechnen.

Denn Indien und sein Nachbarland Pakistan erleben aktuell eine gefährliche Hitzewelle. Experten vermuten, dass das ungewöhnlich heiße Wetter die Zersetzung des Mülls anheizt und dadurch mehr leicht entzündliches Methangas freigesetzt wird.

Die brennenden Müllberge sind nur ein Teil des sich verschärfenden Problems. In dieser Woche schießen die Temperaturen in fast ungeahnte Höhen, bis an die 50 Grad sind an manchen Orten möglich. Der Hitze-Höhepunkt ist für Sonntag zu erwarten.

Indien: Hitze hat Folgen für die Landwirtschaft

Die Gluthitze könnte Tausende das Leben kosten. Der Großteil der Menschen auf dem Subkontinent lebt in Armut und ohne Klimaanlage. Fast die Hälfte der Berufstätigen in Indien arbeitet in der Landwirtschaft, muss also trotz der brutalen Wärme nach draußen.

Schülerinnen versuchen in der Millionenstadt Amritsar im Bundesstaat Punjab, sich mit Eis abzukühlen.
Schülerinnen versuchen in der Millionenstadt Amritsar im Bundesstaat Punjab, sich mit Eis abzukühlen. © AFP | NARINDER NANU

Die hohen Temperaturen und die Trockenheit haben zudem Folgen für den Ackerbau. Indien ist nach China der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt. Indischen Medienberichten zufolge wird die Getreideproduktion wohl um zehn bis 15 Prozent niedriger ausfallen als erwartet. Die Ausfälle könnten die Unruhe auf den wegen des Ukraine-Kriegs ohnehin angespannten Märkten weiter verschärfen.

Indien und seine 1,4 Milliarden Einwohner sind eigentlich an extreme Temperaturen gewohnt. Allerdings wurden sie früher erst kurz vor dem Einsetzen des Monsuns von Hitzewellen heimgesucht, also Ende Mai oder Anfang Juni. Mittlerweile können sie sich darauf nicht mehr verlassen.

Einer Studie des Indischen Wetterdienstes zufolge nimmt die Frequenz der Hitzewellen in Indien dramatisch zu. Gab es in den 1980er-Jahren im Schnitt 41 Tage pro Jahr mit Höchsttemperaturen von über 40 Grad, waren es in den 2010er-Jahren bereits 60. Die Anzahl tödlicher Hitzewellen mit mehr als 100 Opfern hat einer Studie zufolge zwischen 1960 und 2009 um fast 150 Prozent zugenommen. Dazu kommt ein teilweise extremes Niederschlagsdefizit.

Der Deutsche Wetterdienst nennt Indien daher einen „Hotspot des globalen Klimawandels“. (Joe)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de