Hagen. Yasmin T. aus Hagen sitzt seit Dienstag dick eingepackt auf dem Schulhof. Vor ihr: Ein Pult, darauf ein Laptop. Ihre behandschuhten Hände rutschen über den Touchscreen. "Ich halte hier so lange durch, wie ich muss", erzählt die 13-Jährige der "Westfalenpost", die zuerst berichtete. Yasmin will ihre Schule nicht mehr betreten. Sie hat Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken.
Die 13-Jährige ist vorerkrankt, sie hat Asthma. Auch auf dem Schulhof hält sie alle vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen ein: Sie ist dreimal geimpft und trägt überall eine FFP2-Maske. "Ich halte mich an alle Hygieneregeln", sagt Yasmin. "Es gibt viele Kinder wie mich. Aber es gibt auch solche, die sind nicht geimpft und halten sich nicht an die Regeln. Und mit denen setze ich mich nicht mehr zusammen in einen Raum."
Wegen Corona: Yasmin aus Hagen wird auf dem Schulhof unterrichtet
Aus diesem Grund bat Yasmin ihre Lehrerinnen, Lehrer und die Schulleiterin Corinna Osman, ihr Online-Unterricht auf dem Schulhof zu ermöglichen. Die Schule willigte ein: Yasmin bekam einen Laptop und ein Pult auf dem Schulhof. "Wir möchten sie nicht zwingen, die Schule zu betreten, wenn sie Angst vor einer Infektion hat. Und ich kann auch nicht garantieren, dass sie sich nicht ansteckt", sagt Schulleiterin Osman.
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Damit die 13-Jährige nicht auskühlt, versorgen sie Lehrerinnen und Lehrer mit Tee. Schulleiterin Osman bittet sie außerdem immer wieder ins Schulgebäude. Auch die Pausen verbringt Yasmin dort, in einem leeren Büro einer Vertrauenslehrerin. Die Schule unterstützt sie bei ihrer Aktion. Das gilt auch für Yasmins Pflegemutter, Cornelia Weber: "Yasmin ist ein Mensch, der weiß, was er will", erklärt sie. "Ich stehe voll hinter dem, was sie tut."
Jugendamt und Bezirksregierung wollen Kompromiss
Jugendamt und Bezirksregierung unterstützen Yasmin hingegen nicht. "Der Protest ist vielleicht gut gemeint, aber es handelt sich um ein 13-jähriges Kind, das bei Wind und Wetter draußen sitzt und das Ganze nicht überblickt", sagt der Leiter des städtischen Fachbereichs Jugend und Soziales, Reinhard Goldbach, der "Welt". Zunächst stand sogar die möglich Inobhutnahme der Schülerin im Raum – diese Maßnahme sei aber vom Tisch, weil sich die Familie kooperativ zeige.
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Auch die Bezirksregierung findet Yasmins Aktion nicht gut. "Es kann nicht sinnvoll sein, in der Kälte zu bleiben, auch wenn man ein Zeichen setzen will", so Christoph Söbbeler, Sprecher der Behörde in Arnsberg. Allerdings zeigt er auch Verständnis für die Aktion der Siebtklässlerin: "Die Schülerin kämpft ja für schulische Bildung, und wir werden versuchen, uns in ihre Position hineinzudenken".
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Yasmin aus Hagen: Viel Unterstützung online
Seit Donnerstag scheint es allerdings einen Kompromiss zu geben. Auf dpa-Anfrage sagte ein Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, dass Yasmin künftig in einem separaten Raum innerhalb des Schulgebäudes online am Unterricht teilnehmen soll. Zuvor hatte Schulleiterin Osman noch betont: "Wenn Yasmin darauf besteht, auf dem Schulhof zu bleiben, dann werden wir sie nicht daran hindern". Denn: "Yasmin möchte auf Missstände hinweisen, und das finde ich gut. Sie ist kein Kleinkind mehr, sondern ein sehr reflektierter Mensch. Sie will kämpfen."
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Auch bundesweit macht der Fall aus Hagen Schlagzeilen. Auf Twitter trendet seit Donnerstag der Hashtag "Yasmin", unter einem Post der Schule solidarisieren sich einige Prominente mit Yasmin. Darunter auch Quasi-Namenspatinnen, wie die Autorinnen Jasmina Kuhnke und Jasmin Schreiber. Letztere kommentiert: "Wenn die Verwaltung hier eingreifen will, sollte sie sich mal mit der Sicherheit der Kinder in den Klassen auseinandersetzen und da mal einschreiten!" (mit dpa)
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