Washington. Schauspielerin Meg Ryan ist die Frau, die mit einem gespielten Orgasmus im Film „Harry und Sally“ berühmt wurde. Nun wird sie 60 Jahre.

Wer heutzutage in „Katz’s Delicatessen” in New Yorks angeranzter Lower Eastside ein Pastrami-Sandwich isst, muss immer damit rechnen, dass am Resopal-Tisch nebenan unüberhörbar Kino-Geschichte nachgestöhnt wird. Touristinnen aller Hautfarbe, Ethnien und Länder spielen hier seit über 30 Jahren ihren männlichen Lebensabschnittspartnern vor, wie Frau beim Orgasmus betuppen kann.

Die Küchen-Crew des ältesten jüdischen „Deli’s” in Manhattan hat sich angewöhnt, bei gelungenen Darbietungen wie Preisrichter beim Eiskunstlauf den künstlerischen Eindruck zu prämieren.

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Meg Ryan: An ihre Höchstnote kommt bis heute niemand heran.

Die gebührt dem Original: Mary Emily Ann Hyra. Als Kind „Peggy” gerufen. Blond. Zierlich. Katholisch. Wuschelmähne. Zuckerschnute. Und seit dem weiblichen Fake-Höhepunkt der Filmgeschichte schlechthin an der Seite von Harry Burns (Billy Crystal) in „Harry und Sally” die Queen rosaroter Herz-Schmerz-Lustspiele, bei denen auch bei der 148. Wiederholung im Fernsehen verlässlich Tausende Taschentücher durchgeschnieft werden.

Am 19. November wird die für romantische Komödien wie „Schlaflos in Seattle” oder „E-Mail für Dich” einst mit 15 Millionen Dollar pro Film entlohnte Mimin 60 Jahre alt. Happy Birthday, Meg Ryan.

Ryan stammt aus einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Connecticut. Die Eltern waren Lehrer. Mit ihrer Mutter, die selber Schauspiel-Ambition hat und damit die Familie sprengen wird, ist Dauerstreit programmiert. Mit 17 liest Ryan Hermann Hesses „Siddhartha” und betrachtet die Welt fortan mit anderen Augen. Sie geht nach New York und will Journalismus studieren. Es kommt anders.

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Meg Ryan: Filmstar mit 20 statt Journalistin

Werbespots folgen, erste TV-Auftritte und mit 20 an der Seite von Candice Bergen in „Reich und berühmt” unter Regisseur George Cukor das Kino-Debüt. Das Air-Force-Drama „Top Gun” mit Tom Cruise bringt 1985 auch Ryan Auftrieb. Steven Spielberg heuert sie neben Dennis Quaid für „Die Reise ins Ich” an. Im Jahr darauf dreht das Paar den Thriller „D.O.A. -- Dead on Arrival“ („Bei Ankunft Mord”).

1991 geben sich Ryan und Quaid das Ja-Wort, 1992 kommt Sohn Jack zur Welt. Acht Jahre später, Quaids Drogensucht und anderer Zwist sollten sie systematisch zerreiben, steigt Meg Ryan mit „Gladiator” Russell Crowe privat in die Arena. Auch das geht schief. 2006 adoptiert sie aus China Tochter Daisy, heute 17. On- und Off-Beziehungsphasen mit dem Rock-Musiker John Mellencamp folgen.

Meg Ryan renoviert jetzt Luxushäuser

Nach diversen Korrekturen an Augenlidern, Lippen und Wangen für viele ähnlich wie Berufskollegin Renee Zellweger kaum wiederzukennen, verdient Frau Ryan, die am linken Unterarm den eintätowierten Sinnspruch „Das Leben ist kurz“ trägt, heute ihr Geld passenderweise als Immobilien-Aufhübscherin. Eine Haus im Promi-Ort Montecito bei Los Angeles kaufte sie für fünf Millionen Dollar, um es nach Renovierung für fast das Dreifache zu verkaufen.

Schon früh begehrte Ryan, der vergebens die Hauptrollen in „Das Schweigen der Lämmer” und „Pretty Woman” angeboten wurden, gegen das Nettes-Mädchen-von-nebenan-lmage auf und frotzelte über sich: „Ich bin so süß, dass manche Menschen glauben, sie bekommen Diabetes von mir.”

Im Familiendrama „When a Man Loves a Woman» (1994) war sie eine alkoholkranke Mutter. 1996 spielte sie in dem Kriegsfilm „Mut zur Wahrheit” eine Hubschrauber-Pilotin, die im Golfkrieg stirbt. 2003 in „In the Cut” ist sie eine gefrustete Literaturprofessorin, die sich mit einem Killer in eine Affäre stürzt, in der Sex und Tod in Löffelchen-Stellung verbunden sind. „Die Promoterin” (2004) schließlich zeigt Meg Ryan als Box-Managerin mit Haaren auf den Zähnen.

Meg Ryan: Abseits der Romanzen blieb der Erfolg aus

So erfolgreich wie als Garantin für seicht-verträumte Stunden war sie damit nie. Nur dort wurde wahr, was der Regisseur Luis Mandoki ganz treffend über sie gesagt hat. „Meg Ryan hat ein Licht in sich, und sie lässt es nach außen scheinen. Sie bringt dieses Licht auf die Leinwand und ins Leben. Aber es ist nicht gespielt, sondern echt.”

Die Orgasmusszene, in der Sally Albright ihr Gegenüber, Harry Burns, in „Katz’s Delicatessen” vor versammelter Mannschaft in Verlegenheit bringt und danach cool in den Salat beißt, ließ bekanntlich eine ältere Frau am Nebentisch (es war die Mutter von Regisseur Rob Reiner) von sexueller Erfüllung träumen. So wurde ein Jahrhundertsatz geprägt: „Ich will genau das, was sie hat.”

Meg Ryan hat sich das fast alles allein ausgedacht. Allein dafür darf man sie lieben.