Berlin. Beim Bund-Länder-Treffen wurde über die Impfkampagne in Deutschland beraten. Das sind die Ergebnisse des Impfgipfels.

  • Bund und Länder haben heute über die deutsche Impfkampagne beraten
  • Der Starttermin für die Corona-Impfungen bei Hausärzten wurde festgelegt
  • Einige Länder mit Grenzregionen sollen mehr Impfstoff-Dosen erhalten
  • Alle Beschlüsse der Beratungen im Überblick

Am heutigen Freitag tagten Bund und Länder beim Impfgipfel. Hier wurde entschieden, wie die Impfstrategie der Bundesrepublik, auch in Anbetracht der erneuerten Astrazeneca-Empfehlung der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA), angepasst wird.

Laut Beschlusspapier wollen die Bundes- und Landesregierungen an der Entscheidung festhalten, allen Bürgerinnen und Bürgern bis Sommer ein Impfangebot machen zu wollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte nach der Telefonkonferenz: "Die Devise lautet: Impfen, impfen, impfen."

Corona-Strategie: Merkel zu Ergebnissen des Impfgipfels

Nach den mehrstündigen Beratungen von Bund und Ländern sagte die Kanzlerin, es sei nun nötig, dass der "deutschen Sorgfalt" etwas mehr "deutsche Flexibilität" zur Seite gestellt werden würde, so die Kanzlerin.

Angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen sieht Merkel zudem keine Möglichkeit für eine Lockerung der Corona-Maßnahmen. Merkel verwies bei ihrer Pressekonferenz am Freitagabend auf die kürzlich von Bund und Ländern beschlossene „Notbremse“ für den Fall steigender Infektionszahlen. „Wir werden von dieser Notbremse auch Gebrauch machen müssen“, sagte sie mit Blick auf die bevorstehenden Bund-Länder-Beratungen am Montag.

Beschlüsse des Impfgipfels: So geht die Impfkampagne weiter

Während des Impfgipfels selbst sickerten nur wenige Informationen durch. Im Beschluss bestätigten sich aber viele Punkte, die das Bundeskanzleramt bereits in einem Entwurf vorgeschlagen hatte. Demnach werden die verfügbaren Impfstoffmengen in den kommenden Wochen kontinuierlich steigen – von Biontech-Pfizer wird eine zusätzliche Lieferung von 580.000 Dosen für Deutschland erwartet. Diese sollen vor allem in Corona-Hotspots verabreicht und zur Abwehr von Virusmutanten eingesetzt werden.

Zu diesem Zweck erhalten fünf Bundesländer zusätzliche Impfdosen. Dies betrifft das Saarland und Rheinland-Pfalz wegen ihrer Grenze zu Frankreich sowie die an Tschechien angrenzenden Länder Bayern, Sachsen sowie Thüringen, wie aus dem Beschlusspapier der Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Ministerpräsidenten der Länder vom Freitag hervorgeht.

Corona-Hotspots: Zusätzliche Impfdosen für fünf Bundesländer

Dem Beschluss zufolge soll Bayern 100.000 zusätzliche Impfdosen bekommen, Sachsen 100.000, das Saarland 80.000, Thüringen 30.000 und Rheinland-Pfalz 20.000 Dosen. Zusammen sind das 330.000 Dosen. Der restliche Impfstoff aus der Zusatzlieferung von Biontech soll ab 5. April an Hausarztpraxen verteilt werden.

Für den April werden allerdings generell noch Impfstoff-Engpässe vorausgesagt. Deshalb soll die von der Ständigen Impfkommission empfohlene Impfreihenfolge nach wie vor streng eingehalten werden.

Corona-Impfungen in Hausarztpraxen nach Ostern

Außerdem soll die geplante Impfstoff-Verabreichung in Hausarztpraxen zügiger als geplant ermöglicht werden. Die Hausärzte in Deutschland sollen unmittelbar nach Ostern routinemäßig in die Schutzimpfungen gegen das Coronavirus einsteigen. Allerdings stehen in der ersten Woche dafür nur rund eine Million Dosen zur Verfügung, wie aus dem Beschlusspapier der Beratungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Länderregierungschefs vom Freitag hervorgeht.

Wegen der zunächst noch geringen Mengen an verfügbarem Impfstoff wird das Impfen in den Hausarztpraxen auch nur langsam starten. In dem Beschlusspapier ist von etwa einem Impftermin pro Woche die Rede. Umgerechnet auf rund 50.000 Hausärzte in Deutschland geht es demnach um eine Größenordnung von 20 Impfdosen pro Praxis – insgesamt rund eine Millionen Impfdosen. In der letzten April-Woche sollen dann jedoch schon fast 3,2 Millionen Impfdosen an Hausarztpraxen gehen.

Vorgesehen ist im Beschluss allerdings die Möglichkeit, dass Länder bis zum 22. März erklären, sich an dem frühen Start dieser Phase nicht zu beteiligen.

Bundesgesundheitsminister Spahn hatte die Länder am Freitag erneut eindringlich dazu aufgerufen, Menschen mit Vorerkrankungen und hohen Risiken für schwere oder tödliche Covid-19-Verläufe zuerst zu schützen. "Bei allem Verständnis dafür, 30-Jährige auch in bestimmten Berufskontexten zu impfen, ist es auch mit Blick auf die Infektionsentwicklung wichtig, die Älteren zu impfen", sagte Spahn.

Auch Impfzentren sollen ihre Kapazität steigern. Die Anlieferungsstandorte der Länder sollen im April wöchentlich mit 2,25 Mio. Dosen beliefert werden. Im April stünden damit in Summe rund 15,4 Millionen Impfdosen in Deutschland zur Verfügung, davon würden den Plänen zufolge circa 6,4 Millionen an die Arztpraxen gehen.

Kritik an flexibler Priorisierung in Arztpraxen

Der Beschluss betont, dass der Impfstoff insgesamt noch immer knapp ist. Daher bleibe es „notwendig, zunächst die besonders gefährdeten Personen entsprechend der Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur Impfreihenfolge zu impfen“. Für die Impfungen in Arztpraxen gelte die Priorisierung der Impfverordnung „als Grundlage, die flexibel anzuwenden ist“.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, kritisierte, wenn jetzt die Impf-Beschlüsse „auf mehr Flexibilität, weniger Starrheit und vorgezogene Impfungen in Hotspots setzt“, bedeute dies das Ende der „lebensrettende Impfpriorisierung für die Schwächsten“. Deswegen muss fest geregelt werden, dass die Hausärzte in den nächsten Monaten allein den über 70-Jährigen ein Impfangebot machen dürfen“, sagte Brysch unserer Redaktion.

Der Hausärzteverband kritisierte indes, die Praxen würden zu spät in die Impfkampagne einbezogen. „Angesichts steigender Infektionszahlen ist die Einbindung der Hausarztpraxen in die Impfkampagne überfällig“, sagte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbands. Es sei unerklärlich, weshalb de Praxen flächendeckend erst im April einsteigen und zudem nur übrig gebliebenen Impfstoff verimpfen sollen, kritisierte Weigeldt.

EMA sprach am Donnerstag weitere Astrazeneca-Empfehlung aus

Am Donnerstag erklärte die EMA in einer Pressekonferenz in Amsterdam, dass das Vakzin des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca sicher sei und die Vorteile die Risiken überwiegen.

Nach dieser Risikobewertung berieten sich die Ständige Impfkommission (Stiko) beim RKI und das Paul-Ehrlich-Institut laut Spahn noch am Donnerstagabend weiter. Da sich die Bundesregierung an der Empfehlung der EMA orientiert, wurden am 19. März die Impfungen mit dem Vakzin bereits wieder aufgenommen.

Das Urteil begrüßte nicht nur Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer äußerte sich noch am Donnerstagabend dazu: "Die Europäische Arzneimittelbehörde gilt als eine sehr strenge Kontrollbehörde. Sie hat die Verdachtsfälle geprüft. Die Entscheidung von heute ist klar." Die Wiederaufnahme der Impfkampagne beschrieb sie als "enorm wichtig, um diejenigen zu schützen, die am stärksten gefährdet sind schwer zu erkranken".

(ape/mir/tma/bml/day/fmg/dpa)