Berlin. Während des Corona-Lockdowns haben die Deutschen häufiger und besser Sex, sagen Forscher. Einen Tipp sollten Paare allerdings befolgen.

  • Während der Corona-Pandemie scheint sich das Sexleben der Deutschen zu verbessern
  • Erotik-Versandhändler verzeichnen einen starken Anstieg an Bestellungen - vor allem im zweiten Lockdown
  • Viele Menschen in Partnerschaften sind während Corona glücklicher mit ihren Beziehungen, zeigen Umfragen
  • Experten zufolge könnte die gestiegene Zufriedenheit mit sich selbst eine der Ursachen für das verbesserte Liebesleben sein

Viele Paare verbringen während des Lockdowns mehr Zeit als gewöhntlich miteinander. Sexualforscherinnen und -forscher haben sich deshalb mit der Frage beschäftigt, welche Auswirkungen Pandemie und Lockdown auf das Liebesleben von Menschen in Beziehungen haben - mit überraschenden Ergebnissen.

Denn nach Ansicht der Forschenden ist die Pandemie dem Sex in der Partnerschaft sogar zuträglich: "Grundsätzlich ist es so, dass in dieser Lockdown-Zeit mehr miteinander geschlafen wird", sagt der Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger der DPA. Er und sein Team vermuten, "dass die Sexualität bei über 50 Prozent der Paare besser wird."

Erotik-Versandhandel: Haben 170 Prozent mehr verkauft als im ersten Lockdown

Seine Aussagen belegt er mit dem Kaufverhalten der Deutschen: "Es gibt zwei Dinge, die in dieser Lockdown-Zeit besonders begehrt sind. Das eine ist Toilettenpapier und das andere sind Präservative", erzählt Krüger - "und witzigerweise auch Sexpspielzeug."

Krügers Darstellungen belegen die Zahlen des Erotik-Versandhandels. "In den Zeiten der Isolation und der räumlichen Trennung haben wir bei Amorelie in der Tat einen Anstieg der Bestellungen verzeichnet", erklärt eine Unternehmenssprecherin. Besonders im zweiten Lockdown seien die Zahlen auffällig - im November und Dezember 2020 habe Amorelie 170 Prozent mehr Produkte verkauft als im ersten Lockdown im Frühjahr.

Für Wolfgang Krüger ist der gestiegene Absatz der Sexspielzeuge ein Beleg dafür, dass Paare "die Sexualität etwas aufregender" gestalten wollen. In Krisenzeiten sei immer eine Intensivierung von Liebesbeziehungen zu beobachten, weil Liebe und Sexualität Möglichkeiten seien, ein Gefühl von Sicherheit zu bekommen.

Studie: 30 Prozent der Frauen, 16 Prozent der Männer sind in Partnerschaft glücklicher

Auch zwei bisher unveröffentlichte Studien des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) und der Hochschule Merseburg zeigen die Tendenz, die Wolfgang Krüger benennt - wenn auch in geringeren Zahlen.

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In Merseburg leitete Heinz-Jürgen Voß die Studie. Er ist Professor für Sexualwissenschaft und Sexuelle Bildung. Ihm zufolge gaben in der Studie 72 Prozent der befragten Männer in einer Partnerschaft an, ihre partnerschaftliche Situation habe sich durch Corona nicht verschlechtert, für 16 Prozent war sie sogar besser geworden. Nur zwölf Prozent hielten die Situation für schlechter als vor dem Lockdown.

Von den Frauen in einer Partnerschaft nahmen sogar 30 Prozent eine Verbesserung wahr, für 58 Prozent war die partnerschaftliche Situation unverändert, für zwölf Prozent schlechter.

Mehr Glück in der Beziehung führt zu mehr Sex

Eine bessere Einschätzung der Partnerschaft bedeute in der Regel bei den Befragten auch mehr Sex, sagt Voß der dpa. „Frauen, die eine verbesserte Situation in der partnerschaftlichen Situation unter Corona nennen, hatten im Durchschnitt häufiger Sex als diejenigen, die die Situation als verschlechtert charakterisieren.“ In Zahlen bedeute das 6,5 Mal statt 4 Mal in vier Wochen.

Wegen der Ergebnisse der Studie zieht Voß Bilanz: "Die Grundannahme, dass immer gesagt wird, die partnerschaftliche Situation müsse grundlegend schlechter werden im Lockdown hat sich nicht bewahrheitet." Allerdings: Waren Partnerschaften schon vor der Pandemie belastet, sei das Zusammenleben im Lockdown schwieriger geworden.

Die Merseburger Studie sei zwar nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung Deutschlands, "aber wichtige Anhaltspunkte kann sie geben", betont Voß. Lesen Sie auch: Warum eine App für einvernehmlichen Sex auf Kritik stößt.

Psychotherapeut: "Rumgammeln lässt die Attraktivität sinken"

Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die internationale Studie des Instituts für Sexualforschung am UKE. "Die Hälfte der Befragten erlebte keine Veränderung in der partnerschaftlichen Sexualität, von der Hälfte, bei der es Veränderungen gab, nannten etwas mehr Befragte positive Veränderungen", erzählt Johanna Schröder, die Leiterin des deutschen Teils der Studie, der DPA. An der groß angelegten Studie nahmen Institute aus Deutschland, der Türkei, Kroatien, Portugal, Schweden, den Niederlanden, Frankreich und Tschechien teil.

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Psychotherapeut Wolfgang Krüger versucht, die Gründe für den Anstieg der Sexualität zu erklären: "Viele Menschen haben in der Pandemie Zeit, sich zu besinnen und die Frage zu stellen, was sie in ihrem Leben immer schon mal machen wollten. Die lernen dann zum Beispiel eine neue Sprache." Deshalb seien die Menschen zufriedener mit sich selbst - eine wichtige Grundlage für Sexualität.

Außerdem hat Krüger noch einen wichtigen Tipp: "Ich empfehle allen immer gute Strukturen zu Hause, dass man früh aufsteht und sich so anzieht, dass man auch aus dem Haus gehen könnte und vorzeigbar ist", sagt er. "Alles Rumgammeln lässt die Attraktivität sinken und auch das erotische Verlangen." (te/dpa)