Leipzig. Der Streit, ob Bushidos Album „Sonny Black“ an Jugendliche verkauft werden darf, geht vor dem Bundesverwaltungsgericht weiter.

Frauenfeindlich, homophob, gewaltverherrlichend: Die Gründe, warum die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Inhalte Bushidos Album „Sonny Black“ als nicht geeignet für Minderjährige einstufte, gab es durchaus. Der Berliner Rapper sah das anders, ärgerte sich vor allem über das einhergehende Verkaufsverbot. Deshalb beschäftigt sich heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit dem Thema.

Die Bundesbehörde mit Sitz in Bonn hatte den Tonträger, der im Februar 2014 auf den Markt kam und in Deutschland, Österreich und der Schweiz Platz 1 der Albumcharts erreicht hatte, im April 2015 indiziert. Das hat zur Folge, dass das Album im Handel nicht öffentlich ausgelegt und nur an Menschen über 18 Jahre, die gezielt danach fragen, verkauft und in Medien, die Jugendlichen zugänglich sind, nicht beworben werden darf.

Zur Begründung führte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, wie die Behörde vollständig heißt, an, dass der Inhalt der CD geeignet sei, „Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren“. Die Texte wirkten verrohend, verherrlichten einen kriminellen Lebensstil und hier vor allem den Drogenhandel und diskriminierten Frauen und homosexuelle Menschen.

Bushidos Album „Sonny Black“ seit Mai 2018 nicht mehr auf dem Index

Gegen die Entscheidung ließ Bushido, der eigentlich Anis Mohamed Youssef Ferchichi heißt, im Juni 2015 Klage beim Verwaltungsgericht Köln erheben. Diese Klage hatte schon im einstweiligen Rechtsschutzverfahren im Oktober 2015 keinen Erfolg, im Hauptsacheverfahren wiesen die Kölner Richter die Klage im September 2016 ebenfalls ab. Damit war Bushido nicht einverstanden, weshalb er Berufung zum Oberverwaltungsgericht Münster einlegte.

Dessen 19. Senat gab dem in Bonn geborenen Rapper im Mai 2018 recht, stufte die Entscheidung der Bundesprüfstelle von April 2015 zur Indexierung des Albums als rechtswidrig ein und hob das Kölner Urteil aus der ersten Instanz wieder auf. Die Folge ist, dass „Sonny Black“ seit Mai 2018 nicht mehr auf dem Index gelistet ist – gut vier Jahre nach der Veröffentlichung des Albums.

Bei der Entscheidung der Oberverwaltungsrichter spielten vor allem der Aspekt der Kunstfreiheit eine Rolle sowie die Tatsache, dass die Bundesprüfstelle stärker die Musiker und Künstler hätte anhören sollen, die neben Bushido an dem Album beteiligt waren.

Oberverwaltungsgericht sah Fehler bei Bundesprüfstelle

Die Bonner Behörde hatte sich im März 2015 mit einem Schreiben an die Plattenfirma, die Bushido gehört, gewandt und über die Sitzung im April 2015, in der über die Indexierung entschieden werden sollte, informiert. In dem Schreiben hatte die Prüfstelle Bushido „anheimgestellt“, diese Nachricht an die anderen Musiker und Künstler weiterzuleiten und auf die Möglichkeit verwiesen, dass Bushido ihr die Namen und Adressen dieser Musiker und Künstler mitteilen kann. Dies machte Bushido nicht.

Die Oberverwaltungsrichter sahen den Fehler bei der Bonner Behörde, da sie sich nicht an die GEMA gewandt habe, damit die GEMA ihr die Namen und Adressen mitteilt. Außerdem hätte sich die Prüfstelle nach Meinung der Münsteraner Richter an die Musikverlage richten sollen, die im Booklet des Albums aufgeführt waren. Die Richter monierten weiterhin, dass die Behörde die Formulierung „anheimstellen“ und nicht „auffordern“ verwandt hatten, als sie an Bushido wegen der Namen und Adressen der weiteren Musiker geschrieben hatte.

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Vom Verwaltungsgericht Köln wurden diese anderen Musiker und Künstler schließlich alle ermittelt und in das Gerichtsverfahren als Beigeladene einbezogen. Dabei machten sie keinerlei Angaben und stellten auch keine Anträge – weder im Verfahren in Köln noch im Berufungsverfahren in Münster und dies, obwohl das Ausbleiben ihrer Anhörung tragender Grund von Bushidos Klage war. Die Oberverwaltungsrichter, die den Anhörungsmangel ebenfalls als wichtigen Teil ihrer Entscheidung aufbauten, meinten dazu, auf das „prozessuale Schweigen der Beigeladenen“ komme es nicht an.

Bundesprüfstelle geht in Leipzig in Revision

Der weitere Aspekt des Berufungsurteils aus Münster betrifft die Kunstfreiheit, die die Oberverwaltungsrichter durch die Bonner Entscheidung nicht genügend gewürdigt sahen. Die Richter meinten, sie nähmen einen „ganz untergeordneten künstlerischen Stellenwert des Tonträgers nicht an“ und verwiesen auf „einschlägige Fachpublikationen“, die das Album „tendenziell eher positiv bewertet“ hätten. Zwar möge die textliche Inszenierung von Bushidos Kunstfigur einen „wesentlichen Teil des künstlerischen Werts des Albums ausmachen“.

Das bedeute aber nicht, „dass die dem Rap untergelegte Musik demgegenüber von vornherein nur von erheblich untergeordneter Bedeutung für diesen Wert sein“ könne. „Eine solche Sichtweise würde den künstlerischen Beitrag der Musik vernachlässigen“, befanden die Oberverwaltungsrichter.

Mit diesem Berufungsurteil war die Bundesprüfstelle nicht einverstanden, weshalb es nun am Mittwoch zur Revisionsverhandlung beim Sechsten Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig unter Vorsitz von Ingo Kraft kommen wird.

Dieser Text erschien zuerst bei der Berliner Morgenpost.

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