Berlin. Die Sender ARD und ZDF verlieren immer mehr Zuschauer. Das liegt auch an dem Bild von Frauen und Familien, das im TV vermittelt wird.

Guten Morgen, liebe Leser (so viel Zeit muss sein), ich schreibe heute diese Kolumne, nachdem ich zu Hause, während alle noch schliefen, ein Kilo Bio-Obstsalat geschnitten und beim Bäcker Croissants geholt habe, um dann hysterisch und völlig überfordert (wie das eben so meine Art ist) in die Redaktion zur Arbeit aufzubrechen.

Richtig, ich bin eine dieser völlig überreizten, am Rande des Nervenzusammenbruchs angesiedelten Mutterfiguren, die zwischen Büro, Schule und Kindergarten herumhetzen, sich fragen, wann ihr Leben so geworden ist und mit ihren Freundinnen und Sektchen sonnabends zur Primetime darüber reden, ob sie jemals wieder Sex haben werden, so wie in diesem einen Urlaub im Sommer 2011, „du weißt schon, der Surflehrer“.

ARD und ZDF überzeugen nicht mehr

Ja, so wäre das wohl, wenn Caroline Rosales eine Figur in einem gewöhnlichen Fernsehfilm wäre. Oder eine Rolle in diesem neuen Kinofilm „Frau Mutter Tier“, bei dem es schon in der Presseerklärung dazu heißt: „Auf dem Spielplatz, dem Schlachtfeld der Mütter, wo man sich mit selbst gebackenen Dinkelkeksen gegenseitig zu übertrumpfen versucht, braut sich langsam etwas zusammen.“

Rollen konterkarieren viele Anstrengungen

Ja. Man kann sich natürlich jetzt die längst überflüssige Frage stellen, ob diese allgegenwärtigen, redundanten Klischees über Mütter (siehe Pilcher) oder Stiefmütter (siehe „Familie Dr. Kleist“) als Hüterinnen des Heims, Leiterinnen eines Familienunternehmens (siehe Vorwerk-Werbung) in der deutschen Film-und Fernsehlandschaft sein müssen, oder ob wir einfach gleich davon ausgehen, dass uns Regisseure und Fernsehproduzenten für bescheuert halten.

Die wenigen Frauen, die es in der Branche gibt, machen das Spiel dann entweder mit, oder sie versuchen, Vorgaben (Quoten) zu erfüllen. Anders ist das tatsächlich nicht zu erklären.

Da hilft es zwar, dass die Schauspielerin Maria Furtwängler Studien zu Geschlechtergleichheit im deutschen Film und Fernsehen durchführen lässt (zwei Drittel aller Filme dominieren Männer) – dumm nur, dass neue Filmprojekte wie besagter „Frau Mutter Tier“ alles wieder konterkarieren müssen.

Da läuft Julia Jentsch (überfordert) als Mutter und Hausfrau mit ihrem Doppelkinderwagen durch den Kiez, ihr Typ ist zumindest im Trailer nicht an der häuslichen und erzieherischen Arbeit beteiligt. Nein, im Gegenteil: Er beschwert sich in einer Szene auch noch, dass sie beim ehelichen Beischlaf aufsteht, weil das Kind im Nebenzimmer weint. Die Idee, selbst aufzustehen, ist ihm offenbar nicht ins Drehbuch geschrieben worden.

Warum sich die öffentlich-rechtlichen Sender nicht wundern müssen

Das ist im Grunde ja auch alles durch die künstlerische Freiheit gedeckt, es führt nur eben dazu, dass die junge Generation der 20- bis 40-Jährigen kein gebührenfinanziertes Fernsehen mehr sieht, weil – Überraschung – sie sich nicht darin wiederfindet. Und die Gebühren fürs Fernsehen könnten steigen.

Single Mom – weitere Kolumnen aus der Reihe:

Die Darstellungen von Familie, Frauen und Müttern haben nichts mit ihrem Leben zu tun – anders als es in Netflix- und Amazon-Serien der Fall ist.

Wir empfinden weder den Spielplatz als „Schlachtfeld der Mütter“, noch trinken wir schlechten Sekt auf dem Sofa, sondern wir haben – Wunder, oh, Wunder – ein Privatleben. Babysitter, Menschen, die uns helfen, Väter, die sich gerne und viel um ihre Kinder kümmern.

Oder wir sind alleinerziehend und tun uns nicht mal selbst leid, sondern bekommen alles geregelt, solange keiner fragt: „Und wo sind deine Kinder jetzt?“

Mit anderen Worten: Wenn die Senderchefs das nächste Mal über den sinkenden Wert von Fernsehen und Kino klagen, sollten sie eventuell in Betracht ziehen, dass veraltete Weltbilder Schaden anrichten können und wir Fernsehen verdienen, das klüger ist als seine Verantwortlichen. Immerhin zahlen wir monatlich dafür.

Caroline Rosales liest am 12. März in der Kulturbrauerei aus ihrem Buch „Sexuell verfügbar“. Tickets über eventim.de.