Berlin. Die „Best Ager“ in Deutschland sind gut drauf: Die Studie „Aktiv im Alter“ gibt Aufschluss darüber, wie Senioren ihre Zeit verbringen.

Senioren sind mit dem Internet überfordert, wissen ihre üppige Freizeit des Rentnerdaseins kaum mit Beschäftigungen zu füllen und sind kaum noch aktiv ... Von wegen! Die Vorurteile, mit denen sich die ältere Generation ab und an konfrontiert sieht, stimmen meist nicht.

Das geht aus dem Jahresbericht „Aktiv im Alter“ hervor, den das Deutsche Statistische Bundesamt in Berlin vorgestellt hat. Stattdessen sind Deutschlands Senioren engagiert und nehmen am gesellschaftlichen Leben teil. „Ältere Menschen sind heute so aktiv wie nie“, verkündete Georg Thiel, Leiter des Statistischen Bundesamtes. Aber wie verbringen ältere Menschen ihre Zeit? Wonach suchen sie im Internet? Und bilden sich Senioren noch fort? Die wichtigsten Ergebnisse der Studie im Überblick:

Demografischer Wandel: Deutschland wird älter. 17,7 Millionen Menschen waren zum Ende des vergangenen Jahres mindestens 65 Jahre alt. Damit gehört jeder fünfte Deutsche zur Seniorengeneration. Zum Vergleich: 1990 lebten in Deutschland gerade einmal 5,8 Millionen Menschen über 65. Dieser Trend wird sich noch verschärfen, prognostiziert das Deutsche Statistische Bundesamt.

In zwei Jahren kommen die ersten Babyboomer, also die geburtenstarken Jahrgänge von 1955 bis 1969, ins Rentenalter. In zwölf Jahren wird jeder vierte in Deutschland lebende Mensch 65 Jahre und älter sein. Neben den geburtenstarken Jahrgängen gibt es noch einen weiteren Grund für die wachsende Zahl Älterer: Die Lebenserwartung steigt.

Smartphonenutzung für viele selbstverständlich

Frauen werden in Deutschland im Schnitt 81 Jahre alt, Männer knapp 79 Jahre. „Die Generation 65 plus spielt in unserer Gesellschaft eine immer bedeutendere Rolle“, fasst Georg Thiel zusammen. Bei den Senioren ergeben sich dabei regionale Unterschiede: Während in Sachsen-Anhalt und Sachsen schon heute jeder vierte Einwohner die 65 Jahre überschritten hat, leben in Hamburg (18,4 Prozent) und Berlin (19,2 Prozent) die wenigsten Senioren. Unterschiede gibt es auch zwischen Stadt und Land. Die Stadtbevölkerung ist meist jünger als die Landbevölkerung.

Digitalisierung: Internet und Senioren gehen nicht zusammen? Weit gefehlt. Exakt die Hälfte aller älteren Deutschen nutzt mittlerweile das Internet. Knapp neun Millionen von ihnen surfen also im Netz. Die Hälfte nutzt dabei mobile Endgeräte. Vor allem Handys und Smartphones sind beliebt, 44 Prozent der Senioren greifen zum mobilen Telefon, um ins Internet zu kommen. Jeder Vierte gelangt über einen tragbaren Computer ins Web.

Nur selten werden dagegen Endgeräte wie E-Book-Reader oder Smartwatches genutzt. Angekommen im Netz, stehen vor allem E-Mails hoch im Kurs. Neun von zehn Menschen jenseits der 65 rufen ihre E-Mails ab und verschicken selbst Mails. Zudem nutzen sie das Netz, um nach Waren und Dienstleistungen zu suchen (86 Prozent) oder sich über Reisen zu informieren (64 Prozent). Nur eine geringe Rolle spielen dagegen soziale Netzwerke. Gerade einmal jeder fünfte Ältere ist auf Facebook, Twitter, Instagram und Co. aktiv.

Nicht wenige müssen auch im Rentenalter arbeiten

Arbeit: Auch in der Arbeitswelt macht sich der demografische Wandel bemerkbar. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der Anteil älterer Erwerbstätiger mehr als verdoppelt und liegt jetzt bei 16,1 Prozent. Vor allem Männer arbeiten über den Renteneintritt hinaus. Rund ein Fünftel der Männer zwischen 65 und 69 geht noch immer einem Beruf nach. Besonders häufig arbeiten Selbstständige, für die es kein bindendes Renteneintrittsalter gibt, im Alter weiter.

Die Gründe für den Arbeitseifer sind vielfältig. Eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergab, dass mehr als 90 Prozent der älteren Menschen, die auch nach dem Renteneintrittsalter arbeiten, Spaß an ihrer Arbeit haben und nach eigenen Angaben den sozialen Kontakt über die Beschäftigung brauchen. Doch auch finanzielle Notwendigkeit spielt eine Rolle: Sieben von zehn Frauen und rund die Hälfte der Männer gaben an, das Geld zu brauchen.

An vielen Stellen werden ältere Arbeitskräfte dringend gebraucht. Gerade die zahlenmäßig starke Generation der Babyboomer hinterlässt bei ihrem Renteneintritt oft große Lücken. In einzelnen Branchen bemüht man sich bereits um Rückkehrer: So versuchen einige Bundesländer, pensionierte Lehrer zumindest zeitweise zurück in die Klassenzimmer zu holen.

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    Verkehr: Ältere Menschen sind deutlich mobiler als früher. Allerdings steigt damit auch das Unfallrisiko. Knapp 75.000 Senioren waren 2017 in Unfälle mit Personenschaden verwickelt. Durchschnittlich gesehen sind sie damit sicherer im Straßenverkehr unterwegs als andere Bevölkerungsgruppen. Unfälle mit älteren Menschen machen lediglich 13 Prozent aller Unfälle aus, wohingegen ihr Anteil an der Bevölkerung ein Fünftel beträgt.

    Allerdings sind die Folgen fataler, wenn Senioren in Unfälle verwickelt werden. Fast jede dritte Person, die im Straßenverkehr 2017 ums Leben gekommen ist, hatte das 64. Lebensjahr überschritten. Vor allem aktive Rentner haben ein erhöhtes Risiko: 245 Senioren verstarben im vergangenen Jahr, weil sie als Fußgänger in einen Unfall verwickelt waren. Damit ist mehr als die Hälfte der tödlich verunglückten Fußgänger mindestens 65 Jahre alt.

    Viele tote Radfahrer sind Senioren

    Noch extremer sind die Zahlen bei Radfahrern: 224 Senioren, die auf dem Rad unterwegs waren, verstarben im vergangenen Jahr im Straßenverkehr. Das sind 59 Prozent aller tödlich verunglückten Radfahrer. Bei den Autofahrern ist der Wert deutlich geringer: Ältere waren in 27 Prozent aller tödlichen Autounfälle betroffen.

    Politik: Durch die alternde Bevölkerung wächst der Einfluss der Wahlberechtigten, die mindestens 60 Jahre alt sind. Bei der Bundestagswahl im vergangen Jahr stellte diese Bevölkerungsgruppe bereits 22,4 Millionen Menschen. Zugleich sind die Senioren überdurchschnittlich politisch aktiv: Die Wahlbeteiligung der 60- bis 69-Jährigen lag fünf Prozent über dem Bundesdurchschnitt – 81 Prozent setzten ihr Kreuzchen.

    Senioren sind wichtigste Wählergruppe für Volksparteien

    Ab 70 Jahren lässt das Interesse etwas nach und liegt im Bundesdurchschnitt bei knapp 76 Prozent. Zugleich wählen Menschen, die mindestens 70 Jahre alt sind, überdurchschnittlich oft die Volksparteien. Die CDU (36,5 Prozent), CSU (8,1 Prozent) und die SPD (25,2 Prozent) erhielten allesamt ihre Spitzenwerte in der ältesten Bevölkerungsgruppe. Die Grünen (3,8 Prozent) dagegen schneiden bei den über 70-Jährigen mit großem Abstand so schlecht ab wie in keiner anderen Generation. Auch die Linke (6,8 Prozent) und die AfD (8,3 Prozent) stehen bei der ältesten Generation niedriger im Kurs als in anderen Altersgruppen.

    Bildung: Viele Senioren nutzen den Ruhestand, um an die Universität zurückzukehren oder zum ersten Mal Vorlesungen zu besuchen. Jeder vierte Gasthörer an deutschen Hochschulen war im vergangenen Jahr älter als 65 Jahre. Im Wintersemester 2007/2008 waren es 33 Prozent. Rund 15.000 ältere Menschen sitzen als Gäste in Deutschland in den Hörsälen. Dazu kommen 2777 Männer und Frauen über 65, die in diesem Wintersemester ganz regulär für ein Studium eingeschrieben sind. Noch viel mehr ältere Menschen bilden sich aber an Volkshochschulen weiter: 761.000 Kurse besuchten Senioren im vergangenen Jahr.