Berlin. Mit einem Rundschlag gegen Medien und DFB hat sich Mesut Özil aus der Fußball-Nationalmannschaft verabschiedet. Das sagt die Presse.

Der Rücktritt von Mesut Özil aus der Fußballnationalmannschaft löst eine kontroverse Debatte aus: Hat der 29-Jährige Recht mit seiner harschen Kritik am DFB und dem Vorwurf des Rassismus? Oder hätte er nach seinem Fototermin mit dem türkischen Präsidenten Abbitte leisten müssen? Die deutschsprachigen Medien sind gespalten.

Ein Blick in die Kommentarspalten:

• Die „Frankfurter Rundschau“ schreibt: „Özil konnte nichts dafür, dass der DFB und die Kanzlerin den schüchternen Burschen gegen dessen erkennbaren Willen zum Integrationsbotschafter stilisiert haben. Er war damit schon immer heillos überfordert. Alle Beteiligten wussten das sehr genau. Aber es war ihnen des schönen Scheins wegen egal. Jetzt zahlen sie einen hohen Preis dafür, und eine gespaltene Gesellschaft zahlt diesen Preis gleich mit.“

• Die „Rheinische Post“ meint: „Es bleibt der Eindruck: Özil hat nicht verstanden, was viele Menschen an diesem Foto so empört hat. Er habe mit seinem Treffen dem höchsten politischen Amt der Heimat seiner Familie Respekt gezollt, nicht Erdogan als Person, schreibt er. Diese Argumentation muss jeden Bürger der Bundesrepublik – egal ob mit oder ohne ausländische Wurzeln – befremden.“

Respekt vor dem Land der Eltern oder Propaganda für einen Despoten? Mesut Özil (l.) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Respekt vor dem Land der Eltern oder Propaganda für einen Despoten? Mesut Özil (l.) mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. © dpa | Uncredited

• Auf zeit.de ist zu lesen: „Mit Özil tritt ein Stück weit auch der Glaube an eine progressive Gesellschaft zurück. Sein Rückzug ist ein fatales Symbol, in einer Zeit und in einem Land, in dem rechte Parteien immer lauter schreien und auf Marktplätzen gebrüllt wird, dass Flüchtlinge absaufen sollten. Die Folgen des Rücktritts eines Spielers, der für so viele türkischstämmige Jugendliche, und nicht nur die, ein Vorbild war, sind noch gar nicht abzuschätzen. Nur eines steht fest: Mit Özils Abgang haben die Populisten gewonnen.“

• Die „Neue Züricher Zeitung“ kommentiert: „Durch Özils Rücktritt ist dem DFB, der im Zuge dieser Affäre zu keinem Zeitpunkt souverän gewirkt hat, eine womöglich unliebsame Entscheidung abgenommen worden. Für den geplanten Neuaufbau des DFB-Teams durch den Bundestrainer Joachim Löw könnte sich Özils Demission gar als Chance erweisen. Doch die Erdogan-Affäre hinterlässt im DFB gleichwohl Misstöne.“

• In der „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ heißt es: „In vielem, nicht in allem, ist Özil am Sonntag über das Ziel hinausgeschossen. Grindel offen rassistische Tendenzen zu unterstellen, geht zu weit, auch Özils pauschale Attacken gegen Medien, die in die gleiche Richtung zielen, sind ebenso abstrus wie unverschämt. Derjenige, der ihn tatsächlich zum Sündenbock gemacht hat für das Scheitern in Russland, Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft, kommt in seiner Wutrede dagegen erstaunlich gut weg.“

• In der „Badischen Zeitung“ aus Freiburg steht: „Özil prangert jetzt die Rolle des Deutschen Fußball-Bundes an, der im Umgang mit Geldgebern nachsichtiger agiere als in seinem Fall. Ein moralischer Vorwurf, den sich besonders Verbandschef Reinhard Grindel gefallen lassen muss. Die Courage, die Özil nun demonstriert (wenn auch wohl nicht selbst formuliert), würde man sich grundsätzlich von Nationalspielern wünschen. Immerhin hat er ganz am Ende konsequent gehandelt.“

• Bei „Die Welt“ steht: „Das Foto mit Erdogan hat gezeigt, wie zerrissen Özil ist. Und er ist wohl nicht der einzige Deutsche mit türkischen Wurzeln, dem es so geht. Doch zum Bekenntnis, ein deutsches Trikot zu tragen, gehört mehr als das gute Spiel. Nationalspieler sind Vorbild, gerade auch für die Jugendlichen mit Migrationshintergrund.“

Lesen Sie auch: Bayern-Präsident Uli Hoeneß rechnet mit Özil ab und Politiker außern sich zum Rücktritt von Mesut Özil. (mit Material von dpa)