Berlin/Potsdam. Kältewelle in Nordamerika, Hitzerekorde in Australien, Hochwasser in Deutschland: Wie der Klimawandel die Extremereignisse beeinflusst.

In Nordamerika friert bei arktischer Kälte die Ostküste fest, in Australien schmilzt der Asphalt unter historischer Hitze, Deutschland und die britischen Inseln haben mit Hochwasser zu kämpfen. Zu Beginn des neuen Jahres halten Wetterextreme die Menschen in Atem, quer über den Globus verteilt und in unterschiedlichsten Ausprägungen. Klimaforscher vermuten, dass die globale Erwärmung dabei eine Rolle spielt – selbst für den Temperatursturz in Nordamerika.

Trump amüsiert sich über den Klimawandel

Dort erleben Millionen Menschen seit Tagen eine ungewöhnlich lange Kältephase: In Kanada und im Nordosten der USA fielen die Temperaturen auf bis zu 30 Grad minus – 22 Menschen starben bisher an den Folgen, der Flugverkehr liegt größtenteils lahm, Meeresgischt friert binnen weniger Sekunden. Ungeachtet dessen brauchte es nicht lange, bis US-Präsident Donald Trump sich via Twitter über den Klimawandel lustig machte. In der Vergangenheit hat Trump den Klimawandel als Erfindung der Chinesen bezeichnet, die damit den USA schaden wollten. Im Juni kündigte er den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen an.

Kaltes Wetter: Trump macht sich über Klimawandel lustig

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    „Vielleicht“, tippte Trump jetzt, „könnten wir ein bisschen von dieser guten alten Erderwärmung gebrauchen, für die unser Land, aber nicht andere Länder, Milliarden an Dollar zahlen sollte, um sich davor zu schützen. Zieht euch warm an.“ Empörung und Kopfschütteln waren die Reaktionen – auch weil Trump sich wohl wieder mal mit völligem Unwissen blamierte.

    Global gesehen ist es erneut wärmer geworden

    Denn die eisigen Zeiten sind nach Forscherangaben keineswegs Zeichen für einen stockenden globalen Klimawandel. „Es ist zunächst wichtig, daran zu erinnern, dass sich die extreme Kälte fast ausschließlich regional auf die USA beschränkt“, betont Marlene Kretschmer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Global gesehen ist es momentan viel wärmer auf der Erde als normalerweise.“ In Deutschland war es an Silvester bis zu 16,1 Grad warm.

    Klimaforscher registrieren immer öfter eine Wetterlage, bei der eine hohe Luftströmung, der sogenannte Jetstream, welliger wird. Eine Ursache liege darin, dass sich die Arktis schneller erwärmt als die Tropen, was den Jetstream beeinflusse. In den USA etwa zeigt sich dann ein deutliches Muster, bei dem der Westen in einer warmen Luftströmung aus dem Süden liegt, während in die Osthälfte polare Kaltluft aus dem Norden strömt, erläutert Kretschmers Kollege Stefan Rahmstorf. Die Wellen werden stationär, bewegen sich tagelang nicht mehr vom Fleck.

    Trägt der Rückgang des Arktiseises zu den Kältewellen weiter südlich bei?

    „Seit dem Jahreswechsel sieht man deutlich, dass der Jetstream über Nordamerika eine wellige Form angenommen hat, mit Winden, die kalte arktische Luft in den Nordosten der USA transportieren“, so Kretschmer. Wie extrem das Wetter jetzt in den USA aus klimawissenschaftlicher Sicht sei, müsse im Detail noch untersucht werden, wenn alle relevanten Daten vorlägen. „Wie es aussieht, sind starke Schneestürme an der Ostküste der USA in den letzten Jahrzehnten aber häufiger geworden.“ Allgemein seien die Winter im Nordosten der USA, aber auch in Europa und im nördlichen Asien, im Mittel seit etwa 1990 kälter geworden, sagt Kretschmer.

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      Dies stehe im starken Kontrast zum allgemeinen globalen Erwärmungstrend, insbesondere in der Arktis. Dort verstärkt etwa das zurückgehende Eis die Erwärmung, weil Eis mehr Strahlen zurückwirft als die dunkle Wasserfläche. Es gebe Hinweise darauf, dass der Rückgang des arktischen Meereises zu den Kälteausbrüchen in den USA und Eurasien beigetragen hat. „Ein sehr wichtiger Faktor ist in dem Klimageschehen der Polarwirbel, ein Band schneller Westwinde, das normalerweise die kalte Luft über der Arktis einschließt“, erklärt Kretschmer.

      Wenn der Polarwirbel schwächst wird es in Eurasien kälter

      „Wird dieser Polarwirbel geschwächt, kann die kalte Luft aus der Arktis in niedrigere Breiten entweichen, was oftmals mit einem welligen Jetstream zusammenhängt“, ergänzt die Potsdamer Wissenschaftlerin. „Wir konnten bereits zeigen, dass lang anhaltende Schwächephasen des Polarwirbels in der Stratosphäre zu den kalten Wintern im nördlichen Eurasien beigetragen haben.“ Für die USA ist das noch nicht geklärt.

      Etwas mehr weiß man über den „Bomben-Zyklon“, der jetzt in den USA zu der Kältewelle geführt hat. „Ein Bomben-Zyklon ist ein Tiefdruckgebiet, das sehr schnell intensiver wird“, erklärt Jeff Masters vom Wetterdienst Weather Underground. Dabei falle der Luftdruck um mindestens 24 Hektopascal (hPa) innerhalb von 24 Stunden ab. Das erzeuge weitere starke Winde. Eine Voraussetzung für diesen Sturm sei eine große Welle des Jetstreams. Die kalten Temperaturen entstehen laut Masters, weil der Zyklon viel arktische Luft über Kanada hinweg heranziehe. Ein Bomben-Zyklon komme an der US-Nordostküste im Schnitt einmal pro Jahr vor, zuletzt im März 2017.

      47,3 Grad – in Australien wird es immer heißer

      Während Kanadier und Nordamerikaner nun mit „milden“ minus zehn Grad rechnen, hoffen die Australier auf sinkende Temperaturen. Mit 47,3 Grad Celsius hat die Millionenmetropole Sydney am Sonntag den heißesten Tag seit 80 Jahren erlebt. Spitzentennisspieler mussten bei einem Vorbereitungsturnier auf die Australian Open das Spielfeld verlassen – auf dem Platz hätten 50 Grad geherrscht. Der Asphalt auf den Straßen weicht auf, Einsatzkräfte kämpfen mit heftigen Buschbränden.

      Seit dem Jahr 1910 haben sich die Temperaturen in Australien um rund ein Grad erhöht, wie es in einem Bericht der Wetter- und Forschungsbehörde CSIRO heißt. Die Folge seien mehr extreme Hitzetage und schwere Feuerperioden. Auch das Great Barrier Reef ist vom Klimawandel bedroht: Je wärmer die Meere, desto öfter bleichen Korallen lebensbedrohlich aus.

      2017 war das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen

      Auch global gesehen ist das Jahr 2017 offenbar das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1880, in dem kein natürliches Wetterphänomen El Niño vorkam, das extreme Temperaturen begünstigt. Das geht aus vorläufigen Zahlen der UN-Meteorologie-Behörde WMO hervor. Tendenz steigend.