Berlin. Orang-Utans werden ausgerechnet von ihren Artverwandten bedroht: dem Menschen. Julia Cissewski will die Tiere mit ihrem Verein retten.
Ihre Liebe zu Affen begann vor 16 Jahren im Zoo von Leipzig. Julia Cissewski (43) hat zufällig erfahren, dass Freiwillige fürs Aufpäppeln von Affenbabys gesucht werden. Als sie „Alexandra“ und „Mosi“ fütterte, entstand sofort eine Bindung, wie sie sagt. „Wenn ein Affe sich mit Armen und Beinen an dich klammert, dir so vertraut, da entsteht eine besondere Beziehung“, berichtet die 43-Jährige.
Seitdem hat sie es zu ihrer Aufgabe gemacht, Orang-Utans, deren Lebensraum durch Brandrodungen und wuchernde Palmölplantagen immer kleiner wird, zu retten. Cissewski gründete vor mehr als zehn Jahren den Verein „Orang-Utans in Not e. V.“ und kämpft für das Überleben der Primaten und eines einmaligen Naturparadieses auf Borneo.
Auf Borneo werden die Tiere gejagt
Für dieses besondere Engagement wird die Leipzigerin nun mit der „Goldenen Bild der Frau“ ausgezeichnet. Den Preis verleiht die Frauenzeitschrift „Bild der Frau“ der Funke Mediengruppe jedes Jahr an Frauen, die sich in sozialen Projekten engagieren.
Auf Borneo, einer Insel in Südostasien, werden die Tiere von den Menschen gejagt und gefangen genommen. Cissewski schildert das Schicksal, das Orang-Utan „Montana“ widerfuhr. In seinem Körper hätten Kugeln gesteckt, als er als Baby in ihrer Auffangstation Pasir Panjang in Obhut genommen wurde. Er ist auf dem linken Auge blind, eine Körperseite ist verkrüppelt.
Lebensraum für Palmölplantagen zerstört
Die 43-Jährige könnte noch viele dieser schrecklichen Geschichten erzählen. Sie sei unendlich wütend und traurig über das, „was diesen Tieren angetan wird“. Allein durch die Abholzung des Waldes, der für Palmölplantagen Platz machen muss und andere Rodungen, verlieren die Tiere im Jahr mehr als eine Million Hektar Regenwald: der Lebensraum der Orang-Utans.
Nachdem Julia Cissewski die Tiere zum ersten Mal in freier Wildbahn gesehen hatte, habe sie sich wie ein Gast im Paradies gefühlt, sagt sie. „Wie friedlich sie in den Bäumen leben, wie liebevoll sie mit ihren Babys umgehen, das ist so berührend.“
„Goldene Bild der Frau“-Preisträgerinnen
Menschen zum Aufwachen bringen
Zu 96 Prozent hat ein Orang-Utan den gleichen Gencode wie der Mensch. Dennoch werden sie von ihren Artverwandten gejagt, verschleppt und getötet. Doch immer, wenn Cissewski riecht, wie weiter Wälder abgebrannt werden, schwant ihr, dass es auch um den Menschen schlecht steht. „Geht es weiter wie bisher“, sagt sie, „ist es nicht nur für die Orang-Utans zu spät, sondern irgendwann auch für uns.“ Mit ihrem Verein will sie deshalb Menschen zum Aufwachen bringen. „Wir dürfen nicht weiter so fahrlässig mit unserer Welt umgehen!“
Über die „Goldene Bild der Frau“ freut sich Cissewski sehr, denn sie bedeutet „zunächst einmal Anerkennung“. Außerdem biete der Preis die Möglichkeit, mehr Menschen für das Thema Palmöl zu sensibilisieren. „Stündlich wird weltweit Regenwald einer Fläche von 300 Fußballfeldern allein für Palmöl gerodet. Es befindet sich mittlerweile in 50 Prozent unserer Supermarktprodukte“, berichtet sie.
Und noch etwas anderes bringt der Preis mit sich: Der Austausch mit den anderen Preisträgerinnen. „Auch wenn wir uns in ganz verschiedenen Bereichen engagieren, ist uns doch eines gemeinsam: Wir wissen, dass man diese Welt besser machen kann.“
Das sind die anderen Preisträgerinnen:
Ninon Demuth macht mit ihrem Verein Fremde zu Freunden
Anja Gehlken macht das Leben von Schlaganfall-Kindern bunter
Barbara Stäcker gibt Krebspatienten Mut und Selbstbewusstsein
Bettina Landgrafe befreit Kinder in Afrika aus der Sklaverei