Washington. . Hurrikan „Irma“ ist über Florida hinweggezogen. Hunderttausende können noch nicht in ihre Häuser zurück. Wie schlimm es ist, ist noch unklar.
Mehrere Tote. Fast 13.000 Flüge abgesagt. Knapp fünf Millionen Menschen ohne Strom. 200.000 Menschen in Notunterkünften. Evakuierte Geisterstädte, die hüfthoch im Wasser stehen. Tausende Häuser überflutet. Geschätzte Schadenssumme: bis zu 100 Milliarden Dollar.
Während Hurrikan „Irma“ als abgeschwächter Tropensturm am Dienstag in South Carolina, Georgia und Alabama für Probleme sorgen wird, wird in Florida allmählich das Ausmaß der größten Naturkatastrophe der vergangenen Jahrzehnte sichtbar.
Stromausfälle sind das größte Problem
Vorläufige Tendenz-Aussage von Katastrophen- und Heimatschutz: Es hätte noch viel schlimmer kommen können. Oder in den Worten von Bob Buckhorn, Bürgermeister der an der Golfküste liegenden Metropole Tampa: „Wir haben mit einem Schlag ins Gesicht gerechnet, wir wurden gestreift.“
Tagelange Stromausfälle durch abgerissene Oberleitungen, chronischer Schwachpunkt der US-Infrastruktur, seien derzeit wohl das größte Problem.
Florida hat von „Hurrikan“ Andrew gelernt
Ein Lagebild, das jedoch anders aussieht, je tiefer man in den Süden des Sunshine-State schaut. Weite Teile von Miami stehen unter Wasser. Und auf der Inselkette der Keys hat es nicht nur mehrere Wohnwagen-Siedlungen – die Trailer-Parks – erwischt. Sie konnten dem als Hurrikan der Stufe 4 mit über 200 km/h an Land gegangenen „Monster“, wie der „Miami Herald“ den Sturm nannte, nicht standhalten.
Hurrikan „Irma“ – So wütete der Sturm
Dagegen scheint sich in anderen Teilen der Region ausgezahlt zu haben, dass Florida nach Hurrikan „Andrew“ 1992 die Bauvorschriften verschärft hat. Hochhäuser müssen danach Windgeschwindigkeiten von 260 Stundenkilometern widerstehen können. Fenster und Dächer in normalen Wohnhäusern müssen gesondert gesichert sein.
Nur wenige haben eine private Flutversicherung
Weil ein großer Teil des Häuserbestands älter als „Andrew“ ist, die Vorschriften somit nicht gelten, könne aber erst in den nächsten Tagen verlässlich gesagt werden, „wie groß der Schaden an der Bausubstanz wirklich ist“, erklärten Mitarbeiter der Katastrophenschutzbehörde Fema.
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Für Betroffene geht dann der Lauf durch den Behörden-Dschungel los. Wer eine der wenigen teuren Privat-Flutversicherungen hat (eine klare Minderheit, wie schon Hurrikan „Harvey“ vor zwei Wochen in Texas zeigte), ist einigermaßen auf der sicheren Seite. Das Gros der Geschädigten muss auf die vor 50 Jahren eingerichtete, allerdings hoffnungslos unterfinanzierte „National Flood Insurance“ hoffen.
Trump verspricht schnelle Hilfe
Das von der Fema verwaltete Programm zahlt bei Jahresprämien von knapp 500 Dollar pro unbewohnbar gewordenem Haus bis zu 350.000 Dollar. Allerdings nach intensiver Einzelfallprüfung. Und die kann dauern. Nach „Harvey“ liegen in Texas nach Angaben der Stadt Houston fast 100.000 Anträge vor.
Präsident Trump, der „sehr bald“ nach Florida reisen will, um sich ein Bild von der Lage zu machen und wie in Texas Trost zu spenden, hat gestern bekräftigt, dass den Opfern beider Wirbelstürme „schnell“ und „unbürokratisch“ geholfen wird. Knapp 15 Milliarden Dollar Soforthilfe hat der Kongress bewilligt. „Die Frage ist“, so ein Experte im Sender MSNBC, „wie lange die Auszahlung dauert und wie lange das Geld reicht.“
Menschen sind durch Plünderungen alarmiert
Unterdessen machten sich am Montag gegen den Rat von Gouverneur Rick Scott die ersten Bewohner der fast 600 Notunterkünfte auf, um in ihre Häuser und Wohnungen zu gelangen. Berichte über Plünderungen, in einem Fall wurde ein 17-Jähriger in der Kleinstadt Weston bei einem Diebstahl angeschossen, hatten viele Floridianer alarmiert.
Für viele Menschen auf Kuba sind das Luxus-Probleme. Die Karibik-Insel wurde schwer von Irma getroffen. Weil westlichen Medien der Zugang erschwert ist, fällt die Berichterstattung von dort mager aus. Bisher meldet die staatliche Nachrichten-Agentur zehn Tote.
Tesla spendiert mehr Akkuspeicher für seine Autos
Die historische Altstadt Havannas mit ihrer bröckeligen Bausubstanz steht meterhoch unter Wasser. Tausende Kleingewerbetreibende haben ihre Existenz verloren, nachdem bis zu elf Meter hohe Wellen über die Ufer-Promenade Malecon brachen. Auch in den Tourismusgebieten herrscht teilweise Ausnahmezustand. Deutsche Reiseveranstalter wie die TUI haben Ziele wie Varadero vorübergehend aus dem Programm genommen. 600 dort weilende Urlauber sollen so schnell wie möglich ausgeflogen werden.
Schaden – eher von seinem Image – abwenden wollte auch der Elektro-Auto-Hersteller Tesla, der gerade dabei ist, den Massenmarkt in den USA zu erobern. Damit Besitzern der Luxusmodelle S und X nicht auf der Flucht vor dem Wirbelsturm der „Sprit“ ausgeht, hat Firmen-Boss Elon Musk die Speicherkapazität der Akkus mit einem Federstich erweitern lassen. Konkret: Bisher war die Reichweite der Batterien in einem Akku mit 75 kWh auf de facto 60 beschränkt.
Musk hat die Sperre, die sonst durch ein bis zu 9000 Dollar teures Update der Steuerungseinheit zu umgehen ist, aufheben lassen. Wegen Irma. Kostenlos. Macht circa 65 Kilometer Reichweite zusätzlich. Allerdings nur bis kommenden Samstag. Danach muss gezahlt werden. Im Internet braut sich ein kleiner Sturm der Entrüstung zusammen.