Am Sonnabend entscheidet sich, ob im Hochwasser große Teile Bangkoks versinken. Alle Augen sind auf den Pegel des Flusses Chao Phraya gerichtet.

Bangkok. Das Hochwasserdrama in Bangkok findet an diesem Wochenende seinen vorläufigen Höhepunkt: Am Sonnabend wird um 18.00 Uhr (13.00Uhr MESZ) der Scheitelpunkt der Überschwemmungen erwartet. Weite Bezirke auch in der Innenstadt drohen zu überfluten. Der Wasserstand im Fluss Chao Phraya erreichte am Freitag die kritische Marke von 2,47 Meter. An mehreren Stellen brach das Flutwasser bereits über die 2,50 Meter hohen Barrieren. Ein radikaler Plan zur Beschleunigung des Wasserablaufs wurde verworfen: Es sei nicht nötig, Straßen aufzureißen und fünf bis sechs Meter breite Furchen hindurchzuziehen, sagte der Transportminister.

„Für Sonnabend den 29. Oktober wird in Bangkok gegen 18.00 Uhr der Scheitelpunkt der Überschwemmung erwartet, bei dem es auch zu Überschwemmungen in der Innenstadt Bangkoks kommen kann“, teilte die deutsche Botschaft mit. Sie richtete einen Bereitschaftsdienst ein, über den in dringenden Notfällen Diplomaten zu erreichen sind.

Für Reisende ist derzeit nicht die richtige Zeit für Bangkok. „Es gibt keine Garantie, dass das Zentrum der Stadt vor Überflutungen verschont bleibt“, sagte TUI Chefreiseleiter Ralf Rau in Bangkok. „Wir empfehlen Reisenden deshalb dringend, ihre Bangkok-Pläne zu überdenken.“ Er betonte, dass andere Landesteile wie die Baderegionen im Süden Thailands nicht betroffen sind. Bangkoks internationaler Flughafen ist offen. Die Flughafenbehörden versichern, dass keine Überschwemmungsgefahr besteht. Das Gelände ist durch einen drei Meter hohen Flutwall gesichert.

+++ Bevölkerung soll fliehen: "Rette sich, wer kann!" +++

Fatal für Bangkok ist das Zusammentreffen von Überschwemmungswasser aus dem Norden und Flutwasser aus dem Golf von Thailand. Eine Springflut mit besonders hohem Flutstand dürfte Wasser in die Mündung des Chao Phraya drücken. Gleichzeitig rauscht das Hochwasser aus den Überschwemmungsgebieten im Norden durch das Flussbett. Die Wasserrmassen dürften sich in Bangkok stauen. Die Flutdämme können diese Wassermassen nicht halten. Bereits am Freitag schwappte Wasser über die Dämme und überschwemmte die Straßen um den alten Königspalast. Auf der gegenüberliegenden Flussseite standen die Anwohner schon bis zur Brust im Wasser.

Das Krisenzentrum der Regierung (Froc) forderte Einwohner in besonders gefährdeten Bezirken entlang des Chao Phraya und im Norden noch einmal dringend zur Flucht auf. „In einigen Gebieten wollen die Leute nicht gehen, ehe sie die Überschwemmungen sehen“, sagte Froc-Sprecher Tongthong Chandransu. „Das führt später nur zu Chaos.“

Gouverneur Sukhumbhand Paribatra inspizierte die Lage im Norden der Stadt. Wassermassen drangen von dort ungehindert auf das Stadtgebiet zu. Anwohner hatten dort Flutdämme verhindert, weil sie fürchten, dass ihre eigenen Straßen dann länger unter Wasser stehen. „Wir arbeiten mit dem Krisenzentrum zusammen, um dort doch noch Flutwälle zu errichten“, sagte er. „Wir sollten das Wasser einfach in den schon überfluteten Straßen stehen lassen.“

Transportminister Sukumpol Suwanatat verwarf einen Plan, den unabhängige Ingenieure und Wasserexperten in letzter Minute entworfen hatten: Sie wollten Gräben durch fünf Straßen im Osten Bangkoks baggern lassen, damit das Wasser schneller in Richtung Süden zum Meer abfließen kann. „Dafür besteht keine Notwendigkeit“, sagte der Minister. Die Straßen blockierten den Abfluss des Wassers nicht. Regierungschefin Yingluck Shinwatra schloss sich seiner Meinung an.

Der wirtschaftliche Schaden geht bereits in die Milliarden. Nach Angaben der Bank von Thailand betrug er bis zum 19. Oktober bereits 140 Milliarden Baht (3,2 Milliarden Euro). Tausende Fabriken sind überflutet und stehen still. Wann dort wieder gearbeitet werden kann, ist nicht abzusehen. Die Bank revidierte ihre Wachstumsprognose für 2011 von 4,6 auf 2,6 Prozent.