Die Hochwasserkrise in Thailand ist noch nicht vorbei. Bangkok stellt sich auf Überflutungen ein. Regierung spricht von einer nationalen Krise.

Bangkok. Die thailändische Millionenmetropole Bangkok bereitet sich auf großflächige Überschwemmungen vor. Die Behörden müssten kontrollierte Überflutungen östlicher Stadtteile zulassen, um mit den Wassermassen fertig zu werden, die von Norden auf die Stadt zuwälzen, erklärte Regierungschefin Yingluck Shinawatra am Donnerstag. „Das Wasser kommt aus allen Richtungen, und wir können es nicht kontrollieren. Dies ist eine nationale Krise“, sagte sie. Die Überschwemmungen wurden am späten Freitag erwartet.

Schleusentore vor der Hauptstadt geöffnet

Um die Wassermassen des Hochwassers in Thailand schneller in Richtung Meer abfließen zu lassen, haben die Behörden nach Aussage Shinawatra die Schleusentore vor der Hauptstadt geöffnet. Der Versuch ist riskant, weil dadurch möglicherweise die ohnehin überschwemmten Kanäle überzulaufen drohen. „Wir müssen dem Wasser das Durchfließen ermöglichen. Nur sehr wenig ist bislang ins Meer geflossen“, sagte Shinawatra.

Ein Drittel der Provinzen nördlich von Bangkok stehen nach wochenlangen Monsunregen teils drei Meter unter Wasser. Mehr als zehn Milliarden Kubikmeter Wasser wälzen sich Richtung Süden zum Golf von Thailand. Der Druck auf die Dämme, die Bangkok schützen sollen, wächst seit Tagen. Die Touristenregionen um Chiang Mai im Norden des Landes sowie die Inseln Phuket und Koh Samui sind nicht betroffen.

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Die Behörden versuchen, die zehn Millionen Einwohner der Hauptstadt durch Notdämme im Norden vor dem Schlimmsten zu bewahren. Mehr als 10.000 Freiwillige und Soldaten haben mit Sandsäcken eine mehr als sechs Kilometer lange und drei Meter hohe Barriere gebaut. Außerhalb des Damms gelten sieben Bezirke als flutgefährdet. Der Gouverneur von Bangkok rief die Einwohner auf, ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen.

Der deutsche Botschafter in Bangkok, Rolf Schulze, warnte Bewohner der nördlichen und östlichen Vorstädte auf der Webseite der Botschaft: „Anwohner sollen sich auf eine Überschwemmung und auf eine eventuelle Evakuierung vorbereiten. Auch für die Innenstadt von Bangkok werden Überflutungen nicht mehr ausgeschlossen.“ Er rief Deutsche in den betroffenen Landesteilen auf, sich mit Vorräten an Wasser und Lebensmitteln zu versorgen.

Ein Damm, der einen Kanal mit Trinkwasser für die Hauptstadt schützt, brach auf einer Länge von 20 Metern. Ingenieure konnten den Bruch reparieren. Am Fluss Chao Praya im Westen Bangkoks stand das Wasser mehr als zwei Meter über normal. Die Schutzwälle sind 2,80 Meter hoch, das Wasser stand bei 2,30 Metern.

Durch die Überschwemmungen sind in den vergangenen zwei Monaten etwa 320 Menschen ums Leben gekommen. 4,2 Millionen Menschen sind betroffen, berichtete der Nationale Katastrophenschutz. Sechs Industriezonen mit fast 850 Fabriken mit 370 000 Angestellten mussten nach Angaben des Arbeitsministeriums schließen, darunter Honda Motor und Zuliefererbetriebe für Toyota. Fünf weitere Gebiete mit 800 Fabriken und 160 000 Mitarbeitern waren von den Wassermassen bedroht. Die Bank von Thailand beziffert den Schaden der verarbeitenden Industrie auf 100 Milliarden Baht (2,3 Mrd Euro).