Lage in Thailand wird immer dramatischer. Bangkoks Gouverneur fordert die Bevölkerung nun zur Flucht auf. Berlin rät von Reisen ab.

Bangkok. Reis, Brot und Mineralwasser werden knapp in vielen Läden Bangkoks. Die Menschen beeilen sich, ihre Lebensmittel- und Trinkwasservorräte aufzustocken. Manche Geschäfte begrenzen sogar die Mengen pro Kopf, um Hamsterkäufe zu verhindern.

Seit Wochen kämpfen die Thailänder gegen das anhaltende Hochwasser, besonders in der Zwölf-Millionen-Metropole. Dort wird die Lage immer dramatischer, die Außenbezirke der Hauptstadt stehen schon komplett unter Wasser, und langsam bahnt sich das Wasser seinen Weg ins Zentrum. Der Gouverneur von Bangkok lässt keinen Zweifel daran, wie ernst die Lage ist: "Rette sich, wer kann!" ist seine Botschaft an die Einwohner bedrohter Bezirke. Zehntausende Menschen sind bereits auf der Flucht. Zum Wochenende soll ein neuer Wasserhöchststand erreicht werden.

Am bereits geschlossenen Inlandsflughafen Don Muang brachen gestern zwei weitere Flutdämme und im Bezirk Sai Mai stiegen die Pegel in zwei Kanälen in kürzester Zeit um 20 Zentimeter auf eine neue Rekordhöhe. Die Situation für Bangkok wird immer dramatischer, da am Wochenende zwei Ereignisse zusammentreffen: Wassermassen aus Zentralthailand fließen Richtung Süden, während Hochwasser im Golf von Thailand gegen die Strömung nach Norden drängt. Das führt dazu, dass nicht so viel Wasser abfließen kann, wie in die Stadt strömt. Thailändische Marineexperten sagen für morgen einen Hochwasserstand von 2,65 Metern für den Fluss Chao Phraya voraus. Die Flutbarrieren sind aber nur 2,50 Meter hoch. Somit würden die 13 flussnahen Bezirke mit Zehntausenden Einwohnern weitgehend überschwemmt werden. Das Verteidigungsministerium stellte 50 000 Soldaten mit 1000 Booten und 1000 Lastwagen bereit, um bei Evakuierungen in der Millionenstadt zu helfen. 100 Schulen wurden zu Notunterkünften erklärt und sollten Platz für 10 000 Menschen bieten. Die Regierung gab bis Montag arbeitsfrei.

Das Bundesaußenministerium riet Touristen von nicht dringenden Reisen nach Bangkok und Zentralthailand ab. Der deutschen Botschaft zufolge sind die Menschen in der Innenstadt Bangkoks aber noch sicher. "Bisher gibt es keine konkrete Gefahr", sagte Botschafter Rolf Schulze. "Im Augenblick ist der internationale Flughafen offen." Wer eine Bangkok-Reise gebucht hat, könne diese kostenlos stornieren, sagt Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Das Auswärtige Amt rät Urlaubern außerdem, sich mit ihrem Reiseveranstalter in Verbindung zu setzen, um zu klären, ob sich Reisen nach Bangkok oder Zentralthailand verschieben lassen oder sich die Reiseroute ändern lässt.

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Wer dagegen seinen Thailandurlaub ausschließlich in den Tourismuszentren im Süden des Landes am Strand verbringt, hat laut Fischer-Volk nicht das Recht, vom Reisevertrag zurückzutreten. Die wichtigen Tourismusregionen wie Phuket, Pattaya, Koh Samui und Hua Hin sind bisher nicht betroffen. "Deshalb ist es durchaus möglich, dort ungestört seinen Urlaub zu verbringen", sagt Fischer-Volk. "Wer jetzt storniert, weil ihm einfach nur die Reise nach Thailand nicht geheuer ist, muss Stornogebühren zahlen." In einer deutlich schwierigeren Lage seien Individualtouristen, die Flug und Hotel auf eigene Faust gebucht haben: Wollen sie vorzeitig aus Bangkok abreisen, müssten sie sich selbst einen Flug suchen. Einen Anspruch darauf, umgebucht zu werden, haben sie nicht, sagt Fischer-Volk. Das heißt, im schlimmsten Fall blieben sie auf den Kosten für das ursprünglich gebuchte Ticket sitzen. Sie sollten sich daher mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung setzen und ihr Problem besprechen.

Auch der Reiseveranstalter TUI rät von nicht dringenden Reisen nach Bangkok ab. "Gäste haben die Möglichkeit, kostenlos umzubuchen und ihre Reise zu stornieren. Außerdem wurde bis zum 4. November ein Buchungsstopp für Bangkok verhängt. Es finden derzeit auch keine Rundreisen in Zentral-Thailand statt. Die Straßen und der Schienenverkehr sind stark überschwemmt, die Infrastruktur ist nur schwer nutzbar", sagt Anja Braun, Sprecherin der TUI.