Rettungsmannschaften suchen nach dem schweren Erdbeben in der Türkei weiter nach Überlebenden. Unter den Trümmern werden noch viele Opfer vermutet.

Ankara. Nach dem schweren Erdbeben im Osten der Türkei steigt die Zahl der Toten von Stunde zu Stunde. Am Montagmorgen lag sie bei 217. Wie türkische Medien unter Berufung auf Regierungsangaben berichteten, starben in Ercis 117 Menschen. Etwa 100 Todesopfer seien in Van zu beklagen. Über 1000 Menschen seien verletzt worden. Retter hätten die ganze Nacht fieberhaft nach Überlebenden gesucht. Es gebe immer noch zahlreiche Vermisste. Das Beben am Sonntag in der Provinz Van hatte die Stärke 7,2.

Der Bürgermeister von Ercis, Zulfikar Arapoglu, bat in einem dramatischen Appell um Hilfe: "Es sind so viele tot. Unsere ganze Stadt liegt in Trümmern", sagte er dem Fernsehsender n-tv. "Wir brauchen dringend Hilfe, wir brauchen Ärzte und Sanitäter." Ercis ist eine Kreisstadt mit mehr als 70.000 Einwohnern. Auch in der Provinzhauptstadt Van mit 338.000 Einwohnern war die Lage zunächst noch unübersichtlich. Bürgermeister Bekir Kaya sagte: "Das Telefonsystem ist wegen Panik blockiert, wir können nicht sofort den ganzen Schaden ermessen." Auch der Strom sei vielerorts ausgefallen. Bilder von Überwachungskameras zeigten Bürogebäude, in denen Möbel übereinanderstürzten. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wollte noch am Abend von Istanbul in die Provinz Van fliegen. Er versprach umfangreiche Hilfe.

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Die Türkei wird immer wieder von heftigen Erdbeben heimgesucht. In der Provinz Van gab es 1976 ein Erdbeben mit fast 4000 Toten. Das Land lebt in ständiger Angst vor neuen Erdstößen durch die Reibung tektonischer Platten in der Erdkruste. Rund 92 Prozent des rund 814.000 Quadratkilometer großen Landes liegen auf Erdbebengürteln. Etwa 95 Prozent der Türken leben auf unsicherem Grund. Das gilt auch für Industrieanlagen sowie die wichtigsten Staudämme und Kraftwerke. Fast die Hälfte dieser Staudämme wurde in besonders gefährdeten Gebieten gebaut.

"Deutschland steht der Türkei in dieser schweren Stunde bei", sagte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) am Sonntag in Berlin. Westerwelle sprach der türkischen Regierung, dem türkischen Volk und den Menschen in der betroffenen Region "aufrichtige Anteilnahme" aus. "Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer, den Verletzten und denen, die durch das Erdbeben ihr Hab und Gut verloren haben." Für schnelle und unbürokratische Hilfe sprachen sich auch die Grünen-Vorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir aus.

Das Erdbeben war auch im Nachbarland Armenien spürbar. In der Hauptstadt Eriwan seien Tausende Menschen aus Angst vor einstürzenden Häusern ins Freie geflüchtet, berichteten örtliche Medien. Präsident Sersch Sargsjan erklärte, er wolle an einem für heute geplanten Staats-besuch in Russland festhalten.