Ein Luftschiff stürzt in einem Feuerball ab. Der erfahrene Pilot verbrennt im Wrack. Austretendes Benzin hat den Brand ausgelöst.

Reichelsheim. Austretendes Benzin war der Grund für den Absturz des Luftschiffes in Hessen - das fanden Ermittler heraus und sind damit Schritt weiter bei der Ursachensuche. „Es gab einen Aufprall, dann ist Benzin ausgetreten, und das hat sich entzündet“, sagte ein Sprecher der Polizei am Dienstag über die vorläufigen Untersuchungsergebnisse zum Absturz. Es sei aber unklar, warum am Sonntag in Reichelsheim aus dem Gefährt überhaupt Benzin austrat.

Das Werbe-Luftschiff „Spirit of Safety“ (etwa: Geist der Sicherheit) schlug auf dem Boden auf, bevor es wieder an Höhe gewann und in Flammen aufging. In dem Feuerball verbrannte der erfahrene australische Pilot.

Experten von der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen hätten Wrackteile zur Untersuchung mit ins niedersächsische Braunschweig genommen, sagte der Polizeisprecher. Es könne noch Wochen dauern, bis es ein abschließendes Ergebnis gebe.

Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht genauer äußern. Die Anklagebehörde sagte, ein offizieller Bericht werde erst am Mittwoch vorliegen. Hinweise auf Sabotage gebe es aber nicht.

Die drei Passagiere der Maschine konnten sich in letzter Sekunde durch einen Sprung aus der Gondel retten. Sie erinnern sich an die letzten Momente an Bord, an Schreie, an Panik. Beim Landeanflug sahen sie nach Medienberichten bereits die am Boden stehenden Helfer.

Beim Aufsetzen sei dann ein mächtiger Schlag zu spüren gewesen. Der Pilot habe gerufen, es habe einen Unfall gegeben, das Luftschiff sei beschädigt.

„In meinem Rücken wurde es auf einmal heiß, es stank fürchterlich nach Benzin“, erinnert sich ein Fotograf der „Bild“-Zeitung, der an Bord war und sprang. „Ich dachte, gleich springt Mike (der Pilot) mit dem Fallschirm raus. Aber er kam nicht. Dann hörte ich ihn schreien“, zitiert die „Bild“ ihren Mitarbeiter weiter.

Nach dem Absprung der Passagiere schoss das Schiff wegen des Gewichtsverlustes wieder in die Höhe. Die „Spirit of Safety“ ging in Flammen auf - mit dem 52-jährigen Piloten. „Er arbeitete seit 20 Jahren als Pilot für uns“, erläuterte der Marketing-Chef der Lightship Gruppe, Toby Page. Seine Firma organisierte die Flüge im Auftrag des Reifenherstellers Goodyear. Ihm sei es ein Rätsel, wie es zu dem Unglück kommen konnte. „Er war ein sehr erfahrener Kollege.“

Die Piloten-Witwe nannte ihren Mann einen „mutigen“ Menschen, der seinen Passagieren das Leben gerettet habe. „Es hat mich kein bisschen überrascht. Er war ein Charaktertyp“, sagte sie der Tageszeitung „Illawarra Mercury“ nach Angaben des australischen Blattes. „Er war größer als das Leben selbst.“ Der Pilot hätte einen Tag nach dem Unglück seinen 53. Geburtstag gefeiert, hieß es.

Bis zur Klärung des Sachverhalts bleibe ein zweites Gefährt in Spanien am Boden, teilte Goodyear mit. Eine noch für Monate geplante, große Werbe-Tour mit Luftschiffen in 20 Ländern werde unterbrochen. Mit dem Luftschiff in Spanien habe es bislang überhaupt keine Probleme gegeben, versicherte eine Firmensprecherin. Die Staatsanwaltschaft will es dennoch untersuchen.

Das war passiert: Luftschiff geht in Flammen auf - Pilot verbrennt

Ein Ausflug mit einem Luftschiff endete am Pfingstsonntag auf tragische Weise: Zur Zeit des Unglücks waren vier Personen an Bord des Luftschiffes, drei Passagiere und ein Pilot. Beim Landeanflug im hessischen Wetteraukreis war das Fluggerät aus bisher Ungeklärt Ursache in Flammen aufgegangen. Die Passagiere konnten noch rechtzeitig abspringen und blieben unverletzt, der Pilot dagegen verbrannte in dem Gefährt. Zeugen hörten ihn noch rufen, bevor er in 40 Meter Höhe starb. Das Luftschiff war zuvor zu Werbezwecken über dem wenige Kilometer entfernten Hessentag im Einsatz.

Die drei Passagiere waren Journalisten, die Luftaufnahmen von dem großen Volksfest in Oberursel im Taunus machten. Um 18 Uhr war das Luftschiff in Reichelsheim gestartet und gegen 20.15 zu dem dortigen Flugplatz zurückgekehrt. Da bereits Brandgeruch zu vernehmen war, stiegen die drei Passagiere aus, indem sie aus niedriger Höhe über dem Rollfeld absprangen. Wie ein Polizeisprecher am Sonntag sagte, gewann das somit leichter gewordene zweimotorige Prallluftschiff von Typ Lightship A60 dann wieder an Höhe und ging in Flammen auf. Der 52-jährige Pilot, ein Australier, verbrannte, das Wrack des Luftschiffs stürzte schließlich wenige hundert Meter entfernt auf einem Feld ab.

Die Unglücksursache war auch am Pfingstmontag noch nicht bekannt. Experten des Bundesamts für Flugunfalluntersuchungen in Braunschweig waren noch vor Ort mit den Ermittlungen beschäftigt. Ihre Untersuchungen werden noch mindestens ein, zwei Tage dauern, wie Polizeisprecher Jörg Reinemer sagte. Das Wrack des Zeppelins konnte daher zunächst auch noch nicht geborgen werden.

Über den dramatischen Unglücksverlauf berichtete im Gespräch der Bad Homburger Pressefotograf Joachim Storch. Er war mit an Bord des Luftschiffs und konnte sich wie seine beiden Journalistenkollegen von RTL, ein Mann und eine Frau, in letzter Minute aus dem Luftschiff retten. Storch erinnert sich, dass der Pilot seinen Passagieren "We had an accident!“ ("Wir hatten einen Unfall!“) zurief und dann noch: "I crashed the airship!“ (Ich habe das Luftschiff zertrümmert!).

Schlagartig hätten die Insassen eine Hitzewelle vom hinteren Ende der Gondel, wo die Motoren sitzen, verspürt und seien aus niedriger Höhe durch Fenster und Tür abgesprungen. Der Pilot habe das Luftschiff nach dem ersten Bodenkontakt nicht unten halten können.

Das Prallluftschiff kommt anders als ein “richtiger" Zeppelin ohne inneres Gerüst aus, die Hülle steht unter Druck von nicht brennbarem Heliumgas. Laut Ermittlungsstand von Sonntagnacht zerschellte beim Aufsetzen auf die Rollbahn aus ungeklärten Gründen das kleine, einachsige Fahrwerk unter der Gondel. Offenbar kam es danach zu dem Brand. Die drei Pressevertreter waren mit dem Goodyear-Zeppelin von der Wetterau in den Taunus geflogen, um den von tausenden Menschen besuchten Hessentag in Oberursel aus der Luft zu fotografieren und zu filmen. “Mike war ein routinierter Pilot", sagte Storch. “Er ist unseren Hinweisen immer minutiös und mühelos gefolgt."

Die Firma Goodyear Dunlop, in deren Auftrag das von Lightship Europe Limited betriebene Luftschiff flog, reagierte schockiert auf den Unfall. Goodyear habe zwei derartige Luftschiffe für Werbezwecke gemietet, werde nun aber auch das zweite bis auf Weiteres nicht mehr einsetzen. “Zu diesem Zeitpunkt gelten unsere Gedanken und unser Mitgefühl der Familie und den Angehörigen des Piloten", erklärte die Reifenfirma weiter, aber auch dem Bodenpersonal und den Passagieren. Anlässlich des tragischen Vorfalls habe Goodyear die übrigen Veranstaltungen auf dem Hessentag abgesagt.